CDU will Untersuchungsauschuss zu Gorleben auflösen
Ginge es nach der CDU, würde der Untersuchungsauschuss zur Klärung ob in Gorleben bei der Standortauswahl in den 70er Jahren wissenschaftliche oder politische Kriterien bestimmend waren, so schnell wie möglich aufgelöst werden. Offenbar hat schwarz/gelb Angst vor der Wahrheit, denn kürzlich wurde erst politische Manipulation nachgewiesen. Gorleben wurde nicht nach geologischen sondern politisch-strategisch Gründen zum Endlagerort, um „die Ostzonalen mal so richtig zu ärgern“. Atomkraftgegner fordern, das Atommüllprojekt Gorleben sofort zu beerdigen.
Die CDU sieht im Gegensatz zur Opposition kaum neue Erkenntnisse durch den seit April 2010 tagenden Gorleben-Untersuchungsausschuss des Bundestags und dringt auf ein Ende in den nächsten Monaten. Es gibt laut Grindel „keinerlei Anhaltspunkte“, dass die Regierung von Kanzler Helmut Kohl Druck auf Gutachter bei der Eignung Gorlebens als mögliches Atommüll-Endlager ausgeübt hat. „Ich meine, dass es wohl keinen Untersuchungsausschuss in der Geschichte des Bundestags gegeben hat, von dem die Öffentlichkeit so wenig Notiz genommen hat, wie dieser“, sagte der CDU-Obmann in dem Ausschuss, Reinhard Grindel laut eines Berichtes auf n-tv.de.
- „Man müsse mit dem Geld der Steuerzahler verantwortungsvoll umgehen“, meint Grindel.
Atomkraftgegner und Opposition hingegen sehen sich immer mehr in der Auffassung bestätigt, dass die Festlegung auf die Erkundung Gorlebens völlig intransparent gewesen ist und dass es Mauscheleien gegeben habe, um Gorleben durchzusetzen. Es hat Einfluss von ranghohen Politiker und der Atomindustrie auf die Entscheidung gegeben. Zuletzt begründete der damalige Ministerpräsident Albrecht die Entscheidung mit der Aussage, „die Ostzonalen richtig zu ärgern“ – und als Antwort auf das grenznahe DDR-Endlager Morsleben. Zuletzt gestand Walter Leisler Kiep, 1976 Wirtschaftsminister in Niedersachsen, vor dem Untersuchungsauschuss ein, dass Gorleben urplötzlich als neuer Standort auftauchte und dann vom Land Niedersachsen in kurzer Zeit als einzige Option nominiert wurde.
Nachdem der Bund 1975 drei Salzstöcke für ein „Nukleares Entsorgungszentrum“ vorgeschlagen hatte, kochte vor Ort der Protest. Alle drei lagen in Niedersachsen: im Emsland, bei Celle und bei Nienburg. Niedersachsen signalisierte damals als einziges Land die Bereitsschaft, eine derartige Anlage zu bauen. Albrecht klagte über „bürgerkriegsähnliche Zustände“ – wollte die versprochenen 12 Milliarden DM aber im eigenen Land. Um das damals größte Industrieprojekt der Bundesrepublik, geplant war auch eine Wiederaufarbeitungsanlage, doch noch an Land zu ziehen, wurde plötzlich in einer von ihm eingesetzten Kommission einen vierten Salzstock ins Spiel gebracht. „Das ist jetzt noch nicht eine geologische Frage, das ist eine politische Frage. Ich möchte einen Salzstock, der möglichst dicht an der Zonengrenze liegt“, sagte Albrecht laut dem damaligen Kommissionsmitglied Gerd Lüttig. Es habe keine geologische Expertise gegeben, sondern ein politisches Anliegen, nach dem kurzfristig entschieden wurde – und bis heute immer wieder mit allen Tricks verteidigt. Umstritten ist auch, ob der damalige Kanzler Helmut Schmidt (SPD) Albrechts Entscheidung unterstützte. Dies behauptet die FDP, während die SPD von Weisungen Schmidts an die Landesregierung spricht, Gorleben fallen zu lassen. Es sei vielmehr die spätere schwarz-gelbe Koalition unter CDU-Kanzler Helmut Kohl gewesen, die die Erkundung Gorlebens 1983 erst möglich gemacht habe. Derzeit versucht Umweltminister Röttgen mit einem „Dialog“ die Wogen zu glätten und die Zweifel zu zerreden. Am 12. Oktober findet ein nächstes „Expertengespräch“ im Wendland statt. Im Untersuchungsausschuss soll künftig auch Bundeskanzlerin Angela Merkel gehört werden.
Aber auch die Geologie ist untauglich, für Jahrtausende hochradioaktiven Atommüll sicher zu umschließen. Grundsätzlich muss die Möglichkeit der Langzeitverwahrung unter Tage in Frage gestellt werden, denn eine „Langzeitsicherheit“ – nicht erst seit dem Scheitern von Asse-II erwiesen – kann es nicht geben. Oberhalb des Einlagerungsbereiches befindet sich eine etwa 15.000 Jahre alte Schmelzwasserrinne, die Grundwasser führt. Schon in den 80er Jahren wurden bei Tiefbohrungen Wasserkontakt und Gaseinschlüsse ausgemacht. Auch solche Berichte seien laut BI Lüchow-Dannenberg „geschönt“ worden, um in Gorleben nach Plan weitermachen zu können.
Vor einem Jahr wurden nach einem zehnjährigen Erkundungsstopp die Arbeiten im Salzstock nach Willen von schwarz/gelb wieder aufgenommen.
Die deutschen Atommeiler produzieren jährlich rund 450 Tonnen hoch radioaktiven Müll. Und niemand weiss, wohin damit. 1.5 Milliarden Euro sind bereits in den untauglichen Salzstock versenkt worden.
„Offenbar bekommt die CDU nun Angst, dass immer mehr Gorleben-Wahrheit ans Licht kommt. Oder ist es gar eine Weisung von Frau Merkel selbst, den Traum vom schwarz/gelben Atommüllendlager nicht platzen zu lassen? Grindels Forderung gibt Anlass zur Annahme, dass es noch mehr Hinweise für politisches Gemauschel um Gorleben geben muss. Verantwortung gegenüber der eigenen Bevölkerung würde aber bedeuten, alle Atomkraftwerke sofort abzuschalten, die Forschungsarbeiten in Gorleben zu beenden und mit dem Rückbau zu beginnen“, so Jan Becker von contrAtom. „Im Anschluss müssen gemeinsam mit der Öffentlichkeit in einem transparanten Verfahren Kriterien für eine Endlagerung völlig neu definiert werden.“
- www.gorleben-akten.de – Originaldokumente zur Standortbenennung und Erkundung des geplanten Endlagers für hochradioaktiven Atommüll im niedersächsischen Gorleben.
- In Gorleben wurde gemauschelt
30. September 2011 – Wann, von wem und warum wurde Gorleben als Standort für ein Atommüllendlager ausgewählt? Mit dieser Frage quälen sich die Abgeordneten den Bundestags-Untersuchungsausschusses seit eineinhalb Jahren. Bei der Entscheidung über den Endlagerstandort Gorleben hat Niedersachsen offenbar bewusst die Unwahrheit gesagt. Das geht aus neu aufgetauchten Akten hervor. Atomkraftgegner sehen ihren Verdacht, dass nicht Wissenschaft sonden allein Wirtschaftlichkeit entscheidend war, erneut bestätigt und fordern das sofortige Ende von Gorleben.
- Ein Jahr lang Protest gegen Gorleben – www.gorleben365.de
Quelle: taz.de, n-tv.de, BI Lüchow-Dannenberg.de, dpa; 04.10.2011