Lubmin: „Zwischen“-lager bis 2080
Für das atomare Zwischenlager Nord in Lubmin, in das kürzlich Castorbehälter rollten, gibt es bereits eine Finanzplanung des Bundes bis zum Jahr 2080. Weil bundesweit kein Atommüllendlager in Sicht sei, müsse man mit verlängerten Zwischenlagerzeiten rechnen, die zusätzlich Geld kosteten: 1 Milliarde Euro. Atomkraftgegner hatten bereits im Vorfeld des Atommülltransports vor einem defacto Endlager in Lubmin gewarnt.
Gerade erst sind die Castorproteste um das Zwischenlager Nord bei Lubmin über die Bühne, da scheinen sich die düstersten Visionen zu bewahrheiten: Der Bund bereitet offenbar eine langfristige Nutzung des Zwischenlagers vor.
Der Bundestags-Haushaltsausschuss habe eine bis 2080 reichende Finanzplanung bestätigt, sagte der scheidende Chef der bundeseigenen Betreibergesellschaft Energiewerke Nord, Dieter Rittscher. Danach seien von 2013 bis 2080 für den Betrieb des Zwischenlagers eine weitere Milliarde Euro nötig.
Vorgeschrieben ist eine maximale Laufzeit von 40 Jahren ab der Einlagerung des ersten Atommüllbehälters, was für Lubmin ein Ende der Lagerung im Jahr 2039 bedeutet.
Rittscher begründete die Planungen mit der offenen Endlagerfrage. Deutschland habe sich des Problems sehr spät angenommen. „Alle Zwischenlager in Deutschland müssen verlängert werden“, so Rittscher. Selbst wenn ein Endlager 2040 in Betrieb gehe, müssten je nach Dauer der Laufzeitverlängerung deutschlandweit 15 000 bis 20 000 Tonnen Brennelemente eingelagert werden. Dies werde einen Zeitraum von 40 bis 50 Jahren beanspruchen.
In dem einzigen bundeseigenen Zwischenlager sind inzwischen 69 Castoren deponiert. Eine Verlängerung der Einlagerung ist noch nicht offiziell beantragt. Ein solcher Antrag lohne sich aber nach Worten Rittschers erst zehn Jahre vor dem Ablauf der jetzigen Genehmigung – das wäre 2029.
- Vor Ort mobilisiert sich der Widerstand gegen die „Endlager“-Pläne. Rollt im Februar der nächste Castortransport aus Karlsruhe in das Zwischenlager, dann wird das auf Protest stossen.
- In Lubmin offenbart sich die Planlosigkeit der Verantwortlichen bei der Lösung der Endlagerfrage in Deutschland: Es gibt keine!
Nicht nur Lubmin, auch die Castor-Hallen in Ahaus und Gorleben werden zum Dauerlager für hochradioaktive Abfälle, das ist eine bisher unbeachtete Folge der Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke, unterstreicht die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI).
Nach dem Beschluss von Schwarz-Gelb, die Laufzeiten für jüngere Atomkraftwerke bis mindestens 2040 zu verlängern, sei es eine einfache Rechenaufgabe: Rund 5 Jahre müssen die abgebrannten Brennelemente in Kühlbecken abklingen, danach folgt eine Abkühlung in den oberirdischen Lagerhallen von rund 30 Jahren und mehr, bevor die hochradioaktiven Abfälle endlagerfähig wären. Eine Dauerlagerung bis zum Jahr 2080 ist von daher eine realistische Größe, sofern der Reaktorbetrieb nicht gestoppt wird. Die Entwicklung in Gorleben weg vom Zwischen- und hin zum Dauerlager sei mit verschiedenen Änderungsgenehmigungen bereits vorgezeichnet worden.
„Billigend werden die damit verbundenen Risiken in Kauf genommen – die Castoren sind eine Büchse der Pandora, denn die Behälter müssen für die Vorbereitung auf eine Endlagerung eines Tages wieder geöffnet werden. Wie wirken Restfeuchte und Neutronenbeschuss auf die metallischen Stoffe bzw. die Festigkeit der Glaskokillen, wenn die Lagerzeit kurzerhand um das Doppelte verlängert wird? Das ist überhaupt nicht erforscht und für uns ein Grund mehr, für den Sofortausstieg zu plädieren“, resümiert BI-Sprecher Wolfgang Ehmke.
- Wir fordern die sofortige Stilllegung aller Atomkraftwerke – kein weiterer Müll darf produziert werden!