Störfall Atomkraft-Report 2010
Es ist nicht lange her, da wurden die Laufzeiten der deutschen Atomkraftwerke verlängert. Ein Spiel mit dem Feuer, denn Störfälle werden trotz der Deklaration zu „sicheren Kraftwerken“ nicht weniger. Die Bilanz für 2010: Wir mussten allein in Deutschland 87 Störungen in Atomanlagen dokumentieren, davon 66 meldepflichtige. Weltweit mussten wir 136 Ereignisse zählen. Und wir gehen nicht davon aus, dass das alles ist.
Es handelt sich bei den Ereignisse, die wir in den Störfallreport aufnehmen nicht nur um die „meldepflichtigen Ereignisse“, die in Deutschland von den Anlagenbetreibern an den Bund gemeldet werden müssen. Wir nehmen alles auf, was Unregelmäßigkeiten im Anlagenbetrieb entspricht.
Ranking für 2010
- Atomstandort Biblis – 17
- Atomstandort Grohnde – 11
- Atomstandort Unterweser/Esensham – 7
- Atomstandort Isar / Ohu – 7
- Atomstandort Gundremmingen – 6
- Gemeinschaftskraftwerk Neckar, Neckarwestheim (GKN) – 6
- Atomstandort Philippsburg – 6
- Atomstandort Krümmel – 4
- Atomstandort Emsland – 4
- Atomstandort Brokdorf – 4
- Atomstandort Brunsbüttel – 4
- Atomstandort Grafenrheinfeld – 4
- Atommüll-Endlager Schacht Asse-II – 2
- Urananreicherungsanlage Gronau (UAA) – 2
- Atomstandort Gorleben – 1
- Europäischen Instituts für Transurane – 1
Zu den Zahlen geben wir keine Gewähr auf Richtigkeit. Für eine offizielle Übersicht zu den meldepflichtigen Ereignissen in deutschen Atomanlagen müssen wir den Report des Bundesamt für Strahlenschutz abwarten, der erfahrungsgemäß aber erst in einigen Monaten veröffentlicht wird.
Highlights aus 2010
- 23.01.2010 – Unfall in deutscher Urananlage: Arbeiter verstrahlt
Bei einem Störfall in Deutschlands einziger Uranfabrik im Münsterland hat ein Arbeiter radioaktive Strahlen abbekommen. Der Unfall hatte sich am Donnerstagnachmittag im Inneren der Urananreicherungsanlage in Gronau ereignet.
- 06.02.2010 – Atomkraftwerk Biblis: Zwei Notsysteme fielen aus
Im Atomkraftwerk Biblis hat es Probleme mit zwei Sicherheitssystemen gegeben. Ein Notstromdiesel und ein Notkühlsystem versagten. Für Mensch und Umwelt habe keine Gefahr bestanden, so der Betreiber.
- 06.02.2010 – Biblis A: Es muss kein Terrorakt sein
In der Nähe von Lampertheim/Hessen ist am Mittwochabend bei schlechter Sicht ein US-Militärhubschrauber abgestürzt. Bei dem Unglück kamen drei Menschen ums Leben. Keine Umweltnachricht? Nein, keine Umweltnachricht. Und trotzdem: 12 bis 15 Kilometer weiter liegt das Alt-AKW Biblis – eines der verwundbarsten Atomkraftwerke in Deutschland.
- 11.03.2010 – Sattelschlepper durchgerostet: Polizei stoppt Uran-Transport nach Gronau
Die Polizei in Bremen hat am Montag einen Laster mit Uranhexafluorid aus dem Verkehr gezogen, der auf dem Weg in die Urananreicherungsanlage nach Gronau war. Einen entsprechenden Bericht des „Bundesverbands Bürgerinitiativen Umweltschutz“ hat die Polizei am Donnerstag bestätigt.
- 19.03.2010 – Biblis-A: Störfall kurz vor dem Wiederanfahren
Im Atomkraftwerk Biblis-A ist es kurz vor dem Wiederanfahren zu einem meldepflichtigen Ereignis gekommen: Zwei Armaturen im Kühlkreislauf konnten nicht angesteuert werden.
- 25.03.2010 – Feuer an einem Transformator im AKW Brunsbüttel
Im abgeschalteten Atomkraftwerk Brunsbüttel hat es am Donnerstag kurz an einem Transformator gebrannt, der die Anlage mit Strom aus dem öffentlichen Netz versorgt. Dies berichteten Atomaufsicht und Betreiber.
- 13.04.2010 – AKW Grohnde: Anrisse an Leitungen eines Entwässerungssystems festgestellt
Das AKW Grohnde an der Weser ist seit dem 06.04.10 zur Revision und dem Brennelementwechsel abgeschaltetet. – Am 08.04.10 wurden bei den Revisionsarbeiten Anrisse an den Leitungen eines Entwässerungssystems festgestellt.
- 30.04.2010 – Philippsburg: Befund an Behälterwand eines Vorwärmers
Im Block 1 des Kernkraftwerks Philippsburg (KKP 1) wurde bei einer planmäßigen Prüfung im Rahmen der zur Zeit laufenden Revision – also bei abgeschalteter Anlage – festgestellt, dass die Behälterwand eines Vorwärmers in einem kleinen Bereich eine definierte Stärke unterschritten hat. Die Suche nach der Ursache hierfür läuft.
- 17.06.2010 – Philippsburg-1: Anstieg von Aktivitätswerten im Reaktorkühlkreislauf
Im Block 1 des Kernkraftwerks Philippsburg (KKP 1) wurde im Rahmen kontinuierlicher betrieblicher Messungen der Anstieg von Aktivitätswerten im Reaktorkühlkreislauf festgestellt. Die Aktivitätswerte und die bilanzierte Fortluftabgabe liegen weit unterhalb der zulässigen Grenzwerte.
- 30.07.2010 – AKW Emsland: Notspeisediesel während einer wiederkehrenden Prüfung abgeschaltet
Während einer wiederkehrenden Prüfung ist es zu einer Abschaltung eines der vier vorhandenen Notspeisediesel gekommen. Ursache hierfür war eine zuvor händisch nicht korrekt arretierte Ansaugklappe.
- 13.08.2010 – Radioaktive Freisetzung im Atomkraftwerk Grohnde
Im niedersächsischen Atomkraftwerk Grohnde wurde ein radioaktives Leck festgestellt. Das berichtet Betreiber E.On Kernkraft.
- 29.08.2010 – Drei Leckagen im Atomkraftwerk Unterweser
Während der derzeit laufenden Revision hat Betreiber E.ON im AKW Unterweser drei Leckagen festgestellt. Das verzögert das Wiederanfahren.
- 30.09.2010 – Kernkraftwerk Grafenrheinfeld vom Netz
Im Kernkraftwerk Grafenrheinfeld kam es am 30. September 2010 kurz nach 6 Uhr zu einer Abschaltung der Anlage aufgrund einer Störung in der Eigenbedarfsversorgung.
- 04.10.2010 – Leckage im AKW Neckarwestheim-II
Im Block II des Atomkraftwerks Neckarwestheim (GKN II) wurde bei einer planmäßigen Prüfung im Rahmen der zur Zeit laufenden Revision – also bei abgeschalteter Anlage – eine Leckage an einer Entleerungsleitung eines Dampferzeugers festgestellt. Das berichtet Betreiber EnBW.
- 11.10.2010 – AKW Biblis-A: Wiederanfahren verzögert sich wegen Leckage
Das Wiederanfahren des Atomkraftwerk Biblis-A wird sich nach Betreiberangaben verzögern. Grund sei eine Leckage.
- 28.10.2010 – Experte: Doch hochradioaktiver Müll in der Asse
Im Atommülllager Asse lagern nach Angaben des Chemieprofessors Rolf Bertram entgegen bisheriger Darstellung doch hochradioaktive Abfälle. Der Wissenschaftler beruft sich bei seiner Behauptung auf einen Atommüll-Lieferschein vom Januar 1977.
- 28.10.2010 – Gundremmingen: Schaden – Reaktorblock muss abgeschaltet werden
Im größten deutschen Atomkraftwerk im schwäbischen Gundremmingen muss ein Reaktorblock wegen eines vermutlich defekten Brennelements abgeschaltet werden.
- 13.11.2010 – Defekt in Turbine: RWE fährt Biblis B herunter
Der Block B des hessischen Kernkraftwerks Biblis ist am Freitagabend zu einem rund dreiwöchigen außerplanmäßigem Stillstand heruntergefahren worden. Laut Angaben des Kraftwerkbetreibers RWE vom Samstag ist die Ursache für den Stillstand ein Schaden an der Turbine.
- 08.12.2010 – Verzögerung beim Anfahren von Block B in Biblis
Ein zu geringer Füllstand im Turbinenölbehälter des Blockes B des Kernkraftwerks Biblis hat das Wiederanfahren der Anlage verzögert. Wie das hessische Umweltministerium am Dienstag mitteilte, wurde deshalb das Anfahren unterbrochen.
- 14.12.2010 – Radioaktive Lösung in der Asse verdoppelt
Schlechte Nachrichten vom einsturzgefährdeten Atommülllager Asse: Dort hat sich die Menge radioaktiver Flüssigkeit verdoppelt. Im Vergleich zum letzten Halbjahr werden jetzt acht statt vier Liter der belasteten Salzlösung pro Tag vor einer Lagerkammer aufgefangen.
- 21.12.2010 – Erdgas gefährdet Gorleben als Atommülllager
Ob Gorleben zu einem Endlager für atomare Abfälle werden kann, ist nach wie vor unklar. Neue Widerstände regen sich gegen die Pläne. Denn Gasvorkommen könnten die Atomlagerung in Gorleben unmöglich machen. Wie der Stern berichtet, ist es in der Nähe von Gorleben bereits zu einer tödlichen Gasexplosion gekommen.
- 24.12.2010 – Philippsburg-2: Notstromschiene nach fehlerhafter Betätigung eines Schalters kurzzeitig spannungslos
Im Block 2 des Kernkraftwerks Philippsburg (KKP 2) wurde bei der Rückschaltung der Spannungsversorgung bei einer der vier Notstromschienen nach einer erfolgreich abgeschlossenen Prüfung ein elektrischer Schalter fehlerhaft betätigt.
- 29.12.2010 – Kurzzeitige Abschaltung des Kernkraftwerks Unterweser
Am 28.12.2010 um 13.06 Uhr wurden zwei von drei Reaktorschutzgrenzen angeregt. Daraufhin schaltete sich die Anlage bestimmungsgemäß ab. Der Reaktor stabilisierte sich im Anlagenzustand unterkritisch heiß.