Leck in Fukushima, Reaktor 1 – Kernschmelze schlimmer als gedacht
Die Atomruine von Fukushima wird immer brüchiger. Gestern räumte die japanische Regierung zum ersten Mal ein, der Druckbehälter am Reaktor 1 sei undicht. Industrieminister Banri Kaieda erklärte vor Journalisten, das Wasser, das den inneren Reaktorkern kühle, entweiche durch eines oder mehrere Löcher.
Anfang der Woche waren Arbeiter im Reaktorgebäude 1 überrascht von der hohen Strahlung dort. Dann gab es eine zweite schlechte Nachricht: Anders als gedacht ist der Wasserstand im Reaktor so niedrig, dass die Brennelemente offenbar völlig frei liegen.
Auch die japanischen Behörden gehen deshalb nun offiziell von einer deutlich weiter fortgeschrittenen Kernschmelze aus als bislang gehofft. Weite Teile der Brennelemente seien als geschmolzener Kern herabgefallen und hätten sich am Boden des Druckbehälters gesammelt, hieß es. Allerdings bestehe wenig Gefahr, dass sich der Kern durch den Druckbehälter hindurchschmelze.
Leck eventuell auch in Dichtung der Kernumwälzschleife
Tepco und die Behörden müssen angesichts der neuen Erkenntnisse wieder einmal ihre Pläne umwerfen. Hidehiko Nishiyama von der Atomsicherheitsbehörde Nisa erklärte laut TV-Sender NHK, es habe wenig Sinn, die Sicherheitshülle von Reaktor 1 von außen mit Wasser zu fluten, wie es seit Wochen getan wird. Offenbar reiche relativ wenig Wasser im Druckbehälter zur Kühlung aus. Reaktorexperten aus Deutschland und den USA vermuten das Leck am Reaktor 1 dagegen woanders: nicht in einem Loch im Druckbehälter, sondern in einer defekten Dichtung an der „Kernumwälzschleife“, die die Hitze aus dem Druckbehälter abführen soll.
Sorgen bereitet auch das Gebäude des Reaktors 4. Robert Jacobs vom „Hiroshima Peace Institute“ befürchtet, die Struktur des Gebäudes könne schwer geschädigt sein, weil sich auf Fernsehbildern das Gebäude zur Seite neige.
Auch Tepco hatte bereits früher darauf hingewiesen, das Becken für die Brennelemente, das sich auf Höhe des fünften Stocks oberhalb des Reaktors befindet, müsse abgestützt werden. Das Becken ist mit 1.331 Brennelementen gefüllt, die erst seit Kurzem aus dem Reaktor entfernt wurden und noch sehr heiß sind und stark strahlen. Das Wasser in dem Becken, das ohnehin als beschädigt gilt, ist immer noch am Siedepunkt. Ein weiterer Schaden am Gebäude etwa durch ein Nachbeben könnte das Becken so beschädigen, dass massiv Wasser austritt, so die Befürchtung.
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Quelle: taz.de vom 13.05.2011