Atomtransporte: Alles sicher ?
Atomtransporte bergen ein enormes Risiko. Ihr Inhalt ist meist hochgiftig und kann innerhalb von wenigen Stunden ganze Landstriche in für Jahrhunderte unbewohnbare Gebiete verwandeln.
Nicht allein die sog. „Castor-Transport“ mit abgebrannten Brennstäben oder hochaktiven Glaskokillen aus der Wiederaufarbeitung enthalten ein radioaktives Potential, welches die Freisetzung der Atombombe von Hiroshima oder dem Super-GAU von Tschernobyl bei weitem übertrifft.
Aber auch diese Behälter „müssen“ gemäß des deutschen Entsorgungskonzeptes über 1.000de Kilometer transportiert werden. Ein Defekt oder geringfügiges Leck würde vor allem in Ballungsgebieten eine Katastrophe auslösen – auf die niemand wirklich vorbereitet ist. Für die Bewältigung von Unfällen mit radioaktiver Strahlung sind Spezialgeräte und -wissen notwendig, die in dem meisten Fällen innerhalb kürzester Zeit über viele Kilometer herangeschafft werden müssen.
Spezialbehälter für Gefahrenminimierung
Für die größtmögliche Begrenzung der Gefahr eines Austritts des radioaktiven Inventar wurden spezielle Behälter entwickelt, die gemäß ihres Inhaltes bestimmte Kriterien erfüllen müssen. So werden Kleinst-Präparate aus Medizin, Forschung und Technik in Behältern vom „Typ A“ verpackt, abgebrannte Brennstäbe aus Atomkraftwerken werden in Behälter vom „Typ B“, die im wesentlichen aus Guss bestehen, transportiert. Unterschiedliche Tests sollen dem Behälter die Sicherheit bescheinigen, bei einem Unfall dicht zu bleiben.
Sicherheitstests gaukeln Sicherheit vor
Die genannten Sicherheitstests für Atombehälter, insbesondere vom Typ „Castor“ sind absichtlich so ausgelegt, dass sie in der Öffentlichkeit Eindruck erregen. Doch entsprechen die Test-Bedingungen der Realität? Sind mechanische Beanspruchungen auf einen Behälter im Massstab 1:2 die gleichen wie auf einen realen? Bewusst werden die Berechnungen und Aussagen derartig Verkompliziert, das jemand ohne ingeneurtechnisches Wissen diesen nicht folgen kann. Publiziert wird regelmäßig „die Behälter halten selbst einem Flugzeugabsturz stand“ – doch wurden Bedingungen, die im Verlaufe des Absturzes eines Großraumflugzeuges auf einen Castorbehälter auf diesen einwirken (mechanisch, thermisch aber auch z.B. chemischer Art) in voller Gänze getestet? Jeder Behälter-Test bedarf eines ungeheuren Aufwandes und damit verbunden hohen Kosten. In einem Land, in dem der Wettbewerb vor allem steht, sind Kostenminimierung und Minimalstandarts vorrangig.
Technischer Defekt immer möglich
Das Versagen von Material, der Defekt eines Signals, die Unachtsamkeit oder Fahrlässigkeit von Bedienpersonal ist immer möglich. Besonders der Faktor Mensch ist in einer sensiblen Kette von Verfahren ein risieger Unsicherheitsfaktor. Castorbehälter wiegen über 100 Tonnen – das marode Schienen, deren Pflege jahrelang vernachlässigt wurde, unter seinem Gewicht nachgeben, erscheint als nicht unrealistisch. Zumal z.B. der Transport in das niedersächsische Zwischenlager Gorleben mit den Streckenabschnitt Lüneburg – Dannenberg einen Schienenweg nutzt, der nicht – wie viele andere Schienen – regelmäßig von schweren Lasten befahren wird. Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn aufgrund der Fehlstellung einer Weiche wegen menschlichem Fehlverhalten ein Atomtransport mit einem Güterzug, z.B. mit Kerosin beladen, frontal zusammenstossen würde. Oder mit einem vollbesetzten ICE…
Absperrung gegen Proteste
Atomtransporte – insbesonderes aus oder zu den Atomkraftwerken – sind der Ansatz aber auch eine Möglichkeit des Protestes gegen die Atomindustrie. Die Transporte über Strasse, Schiene oder den Seeweg müssen daher von – meist – einem Großaufgebot von Sicherheitskräften oder – massnahmen begleitet werden. Da es sich bei den Transporten von Brennelementen um etwas für den Betrieb eines AKW Existentielles handelt, setzen viele Kritiker hier an. Da die Transporte über 1.000de Kilometer durchgeführt werden, muss der Sicherheitsaufwand entsprechend groß ausfallen ebenso die entstehenden Kosten.
Diese sollen durch immer weitreichendere und uneinschätzbares Protestpotential, das von den Sicherheitsbehörden nicht mehr einzuschätzen und überschaubar ist, stark ansteigen. Und Atomtransporte aus diesem Grund nicht nur an öffentlichem Bewusstsein sondern auch an wirtschaftlicher Relevanz gewinnen. Das Problem ist allerdings, das sämtliche Kosten zur Absicherung eines Transportes vom jeweiligen Land oder dem Bund getragen werden – und es sich so um ein Politikum handelt, für das letztlich allein die Steuerzahler aufkommen müssen.
Kostenexplosion für Sicherheitsmassnahmen
Kostenexplosion besonders wegen der immer umfangreicheren Absicherungen erwirkten in der Vergangenheit z.B. die Bündelung von Transporten. Rücktransporte aus der Wiederaufarbeitung in Frankreich in die Niederlande, Belgien oder Schweiz werden in der Regel mit nur jeweils einem Waggon bzw. Behälter durchgeführt, hingegen deutsche Rücktransporte in Verbänden von 12 bzw. ab 2008 jeweils 11 Behälter gebündelt. Auch wurden über diverse Alternativen zum Schienentransport nachgedacht: der Seeweg wurde ausführlich diskutiert, aber auch der Einsatz von Lasten-Zeppelinen.
1.000de Kilometer Schiene überwachen?
Wer glaubt, dass trotz utopischer Kosten von mehreren hundert Millionen Euro pro Transport eine 100%tige Sicherheit gegeben sei, der irrt gewaltig. Immer wieder gelingt es Kleingruppen sich z.B. vor einem Atommüllzug an den Schienen festzuketten. Sollte(!) jemand einen ernsthaften Manipulationsversuch oder Anschlag auf die Gleise vorhaben – ihm würde dies ohne große Mühe gelingen. Die eingesetzten Kräfte von Bundespolizei oder Polizei sind in der Regel nicht ortskundig, da sie aus dem gesamten Bundesgebiet zusammengezogen werden.
Frankreich: Transportstrecken sind Militärgeheimnis
Der Versuch, die Kosten für Sicherheitsmassnahmen und den Aufwand für Atomtransporte zu reduzieren, gipfelte in Frankreich darin, das der Staat Atomtransporte kurzerhand zum Militärgeheimnis erklärte. Heute hat jeder, der in Frankreich Transportstrecken oder Fahrzeiten öffentlich macht, mit empfindlichen Strafen zu rechnen.
Fazit: Sicherheit nicht gegeben
Auch Telefonabhöraktionen, Durchsuchungen im Vorfeld, Präventiv-Ingewahrsamnahmen usw. können nicht verdecken, wo das eigentliche Problem steckt: 100%tige Sicherheit von Atomtransporten ist nicht möglich. Im Fachjargon wird diese Lücke „Restrisiko“ genannt – ist aber in der Realität vielmehr das hilflose Herumstochern der Verantwortlichen in einem Heuhaufen auf der Suche nach der Stecknadel.
- Einen Behälter zu konstruieren und über ihn zu behaupten, er sei „100% sicher“, ist mehr als naiv. Nach dem 11. September 2001 bekamen sowohl mechanische als auch thermische Einwirkungen eine neue Dimension, mit der bis dahin niemand gerechnet hatte.