Für eine Woche nur vier Atomkraftwerke am Netz
Von heute an sind für rund eine Woche nur noch vier der 17 deutschen Atomkraftwerke am Netz. Das AKW Emsland bei Lingen stellte für die jährliche Revision und dreiwöchige Wartungssarbeiten den Betrieb ein. Probleme gibt es offenbar im AKW Grohnde, das in Kürze wieder zur Verfügung stehen sollte. Ein Praxistest für den sofortigen Atomausstieg!
Von insgesamt 20.470 Megawatt installierter Atomkraftleistung liefern ab Samstag Nachmittag nur noch die Meiler Brokdorf, Isar 2, Gundremmingen C und Neckarwestheim mit einer Leistung von 5.400 Megawatt Strom. Mitte März waren nach dem GAU in Fukushima schon die sieben ältesten deutschen Atomkraftwerke vorerst für drei Monate stillgelegt worden. In diesem Zeitraum fällt dazu noch die planmäßige Abschaltung, Revision und Wartung von fünf weiteren Reaktoren und der Pannenreaktor in Krümmel ist schon seit Jahren vom Netz. Ein Testfall für die Netzbetreiber, Politiker und Stromverbraucher, der zeigen kann, dass eine sichere Stromversorgung auch nach einem schnellen Atomausstieg gewährleistet ist.
Eine Veränderung der verfügbaren Kraftwerksleitung ist für den 26. Mai zu erwarten: das AKW Gundremmingen B wird nach Wartungsarbeiten wieder in Betrieb genommen.
- Wir fordern: alle abgeschalteten AKWs bleiben aus!
Atomausstieg jetzt!
Während sich in Berlin die Parteien noch um Jahreszahlen für den Ausstieg streiten, steckt die Republik schon mitten im Praxistest. Das ist bemerkenswert. Denn die Atomlobby hat vor Stromengpässen gewarnt, sollten mehrere Meiler gleichzeitig vom Netz gehen. Ende April standen neun AKW still. „Die stabile deutsche Stromversorgung steht auf dem Spiel“, warnte da schon ein RWE-Manager. Nun sind die Konzerne still.
Das große Problem für die Versorgung in Deutschland ist nicht, dass mit der Abschaltung der AKW eine große Strommenge fehlt. Entscheidend ist, wo und wann der Strom ein- und ausgespeist wird, damit die Spannung in den Netzen gehalten wird. Und der Ausbau der Netze und die Installation einer dezentrale Energieversorgung wurde jahrzehntelang verschlafen. Eine auf Großkraftwerken basierende zentrale Struktur wurde geschaffen. Verbraucher sind abhängig, und die großen Energieversorger machen ein riesen Geschäft – da sie Strompreise praktisch konkurrenzfrei diktieren können.
Die Bundesnetzagentur rechnet nicht damit, dass die Stromversorgung zusammenbricht. Die Energiekonzerne sehen hingegen die Gefahr eines Blackouts. Ein selbstverschuldeter Zustand, bewusst herbeigeführt. Wenige haben über Jahre massiv profitiert. Nun sollen auch dafür die Bürger die Zeche zahlen.
- Wir fordern: Die Marktmacht der großen Energiekonzerne einschränken!
- Dezentrale Energiestrukturen, Insellösungen, energieautarke Landkreise – basierend auf Erneuerbare Energien!
Doch Deutschland ist nicht das einzige Land, in dem zur Zeit Ausstiegsszenarien getestet werden: Japan, das nicht auf erneuerbare Energien, sondern vor allem auf Atomenergie gesetzt hat, muss nach Erdbeben und Tsunami und aufgrund fehlender Sicherheitsmaßnahmen Strom sparen, weil viele Atomkraftwerke ausgefallen sind – und wie die Reaktoren in Fukushima ausgeschaltet bleiben müssen. Aber da gibt es auch Länder wie Spanien, wo von den acht AKWs nach dem Herunterfahren von Almaraz I wegen eines Störfalls vier vom Netz genommen wurden. Es ist schon das zweite Mal in kurzer Zeit, dass die Hälfte der Atomkraftwerke abgeschaltet sind, so dass nur noch 4.000 MW anstatt 7.700 MW Atomenergie erzeugt werden.
Revision in Grohnde verlängert
Noch vor wenigen Tage gab der Betreiber des ebenfalls abgeschalteten AKW Grohnde an, der Block würde in der Woche ab dem 23.05. wieder angefahren werden. Nach Angaben auf seiner Webseite wurde der erneute Betriebsstart aber auf Mitte Juni verschoben. Offenbar gibt es im Zusammenhang mit defekten Brennelementen, die gefunden wurden, defekten Dichtungen an Hauptkühlmittelpumpen oder der Sicherheitsprüfung der RSK ein Problem. Eine Stellungnahme von E.on gibt es dazu nicht.
E.ON: Unterweser hält Tsunami stand
Der RSK-Bericht für das norddeutsche AKW Unterweser war vernichtend. In fast allen Kategorien erreicht das Kraftwerk nur das „niedrigste“ Sicherheitsniveau. Betreiber E.On spricht trotzdem von „Sicherheitsreserven, die über die in Gesetzen, Genehmigungen und Regelwerken festgelegten Mindestanforderungen hinausgehen“. Eine 10 Meter hohe Tsunami-Welle, die das Kraftwerk in Fukushima zerstörte, würde das AKW Unterweser schadlos überstehen. E.ON hat nach eigenen Angaben am 21. April 2011 bei der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde sowie der zuständigen Baubehörde insgesamt fünf Anträge zur Durchführung von Maßnahmen gestellt, die zu einer weiteren Verbesserung der Schutzfunktionen gegen eine mögliche Überflutung der Anlage führen. Erreicht wird dabei nicht etwa das höchste Sicherheitsniveau, sondern Level 2 – von 3. Maximale Sicherheit ist also gar nicht geplant! Warum der Block dafür fast vier Monate stillstehen soll, erklärt E.ON nicht.
- Wir fordern, E.ON die Betriebserlaubnis für das AKW Unterweser sofort zu entziehen! Das würde zwangsläufig zur Stilllegung des Altmeilers führen.
- Die Ergebnisse der RSK-Prüfung
19. Mai 2011 – Die Ergebnisse der Sicherheitsüberprüfung der Reaktorsicherheitskommission im Detail. Kein deutscher Meiler erreicht in allen untersuchten Kategorien gute Werte! Diesen Beitrag weiterlesen »
- Wo bleibt das Blackout? 12 Meiler vom Netz
16. Mai 2011 – Zwölf der 17 deutschen Atomkraftwerke sind abgeschaltet. Heute ging das baden-württembergische AKW Philippsburg-2 für die jährliche Revision mehrwöchig vom Netz. Ein Drittel der verfügbaren Atomenergiekapazität steht noch zur Verfügung – und das Licht geht immernoch nicht aus. Diesen Beitrag weiterlesen »
Quellen: spiegel.de, telepolis.de, eon-kernkraft.de; 21.05.2011