Röttgen in Gorleben: Täuschungsmanöver und mediale Inszenierung
Als Täuschungsmanöver der Öffentlichkeit und mediale Inszenierung bezeichnet die Bürgerinitiative Umweltschutz den Besuch von Norbert Röttgen im Wendland am heutigen Donnerstag. Röttgen selbst bezeichnete sein Kommen als „Beginn eines Dialogprozesses“. Atomkraftgegner im Wendland ignorieren seinen Besuch.
Der Besuch kommt viel zu spät. Wesentliche Entscheidungen zu Gorleben hat die schwarz-gelbe Bundesregierung bereits getroffen. Die Bundesregierung hat unter anderem im Oktober angeordnet, die jahrelang unterbrochene Erkundung wieder aufzunehmen.
Röttgen spricht seit Monaten von Bürgerbeteiligung, Transparenz und Dialog, wenn es um Gorleben geht. Doch seine Taten sprechen eine andere Sprache: Den Weiterbau in Gorleben zieht er ohne Öffentlichkeitsbeteiligung durch.
Die Fakten gegen Gorleben:
- Seit 33 Jahren wird eine Öffentlichkeitsbeteiligung der betroffenen Bevölkerung über die Entscheidungen zur Weichenstellung für ein atomares Endlager im Gorlebener Salzstock von den jeweiligen Regierungen unterbunden.
- Fachliche geologische Argumente, die eine Nichteignung belegen (großer Norddeutscher Strom über dem Salzstock, Gasvorkommen unter dem Salzstock, Laugennester, mangelhaftes und fehlendes Deckgebirge) bleiben unbeachtet. Trotz des havarierten Endlagers in der Asse scheidet der Plan der Atommüllversenkung im Salzstock Gorleben nicht aus.
- Ein Ausbau des Salzstockes zum Endlager unter dem Deckmantel der Erkundung mit einem bereits getätigten Budget von 1,5 Milliarden Euro, über 100 Castorbehälter in einer Leichtbauhalle, die ausgerechnet über diesem Salzstock lagern, stellen eine Vorfestlegung dar, die Hoffnung auf kritische Betrachtungsweisen und die mögliche Aufgabe schwindet vollständig angesichts der jüngsten Verhaltensauffälligkeiten des Bundesumweltministers.
- Jahr für Jahr werden die Kriterien für einen Endlagerstandort für hochradioaktiven Müll dem Standort Gorleben angepasst. Der Prozess muss andersherum laufen. Erst müssen Kriterien für ein Atommüll- Endlager entwickelt werden, frühestens dann kann die Suche nach einem Standort hierfür begonnen werden. Der Prozess der vergangenen 33 Jahre in Gorleben ist nicht heilbar.
- Ein weiterer Castortransport, der gegen den Willen der Bevölkerung vor nicht einmal 4 Wochen in das Zwischenlager Gorleben gepeitscht wurde, beweist die Außerkraftsetzung demokratischer Grundrechte wie der Meinungsfreiheit und des Rechtes auf Demonstration, über 1000 verletzte Demonstranten belegen die Härte des Staates.
- Nur wenige Stunden, nachdem der Castortransport das Zwischenlager Gorleben erreichte, ordnete Norbert Röttgen den Sofortvollzug des Weiterbaus im Gorlebener Salzstock an und brüskiert damit die Öffentlichkeit wie auch die 20.000 Polizisten, die den Einsatz bewerkstelligten, da eine weitere gesellschaftliche Eskalation vom Bundesumweltminister hiermit eingeläutet wurde.
- Vor 6 Tagen passierte die Atomgesetznovelle den Bundesrat. Laufzeitverlängerungen, die 500 weitere Castorbehälter beinhalten, die Enteignung von Grundbesitz im und am Salzstock Gorleben wurden damit in die Wege geleitet,
Die Bürgerinitiative Umweltschutz beteiligt sich nicht an Akzeptanzbeschaffung für ein desaströses Atomprojekt, denn die politischen Entscheidungen sind getroffen, die Weichen gestellt, in enger Abstimmung zwischen Bundesregierung und Atomstromkonzernen und ohne die Beteiligung der betroffenen Bevölkerung.
„Wir stellen uns diesen Plänen der Akzeptanzbeschaffung entschieden in den Weg. Dem Versuch, die kritische Öffentlichkeit in einem vermeintlichen Dialog zu vereinnahmen, stellen sich alle Initiativen und die Menschen im Wendland entschlossen entgegen. Bundesumweltminister Röttgen hätte gut daran getan, den Sorgen und Ängsten der Menschen in der Region Gorleben in einer öffentlichen Versammlung Gehör zu schenken. Der Kreistag Lüchow- Dannenberg hat lange vor den jüngsten atompolitischen Fehlentscheidungen eine Einladung ausgesprochen. Gorleben ist nicht zu heilen, der Bundesumweltminister wird sich an den fachlich kompetenten und politisch erfahrenen Menschen in Lüchow- Dannenberg die Zähne ausbeißen. Herr Röttgen wird feststellen, dass der eklatanteste Mangel der Atompolitik, das fehlende Endlager, nicht durch polizeistaatliches Handeln zu bezwingen ist“, bekräftigt Kerstin Rudek, Vorsitzende der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow- Dannenberg. „Niemand wird für diese Medieninszenierung des Ministers zur Verfügung stehen. Röttgen ist der erste Bundesumweltminister, dem wir nicht einmal die Ehre einer Gegendemonstration vor Ort erweisen.“
Andreas Graf von Bernstorff, langjähriger Kämpfer gegen Gorleben und Besitzer von Grundstücken über dem Bergwerk befürwortet nach den Erfahrungen mit dem Stuttgarter Bahnhofs-Schlichter Heiner Geißler, ein Mediationsverfahren für den Endlager-Streit: „Einem ernst gemeinten Mediationsverfahren würden wir uns nicht grundsätzlich entgegenstellen. Allerdings hat eine Mediation keinen Sinn, wenn im Vorfeld bereits vollendete Tatsachen geschaffen sind”, so von Bernstorff gegenüber der Leipziger Volkzeitung. Allerdings sei ein transparentes Verfahren nur dann möglich, wenn vergleichende Untersuchungen an anderen Standorten und in anderen Gesteinsformationen durchgeführt werden, damit durch einen Vergleich das bestmögliche Endlager gefunden werden kann.
„Ein solches Gespräch dient nur dem Image des Ministers, ist aber kein ernstzunehmender Dialog“, sagt auch Jochen Stay von ausgestrahlt. Vor ihren Entscheidungen zur Verlängerung der AKW-Laufzeiten und zum Weiterbau des Atommüll-Endlagers im maroden Salzstock Gorleben, hat die Bundesregierung regelmäßig mit den Stromkonzernen gesprochen, aber kein einziges Mal mit den Betroffenen dieser Politik. „Ich will kein Statist in der Röttgen-Show sein, sondern weiter eigenständig handelnder Bürger, der sich gemeinsam mit der Mehrheit der Bevölkerung gegen die verantwortungslose Atompolitik der Bundesregierung zur Wehr setzt“, so Stay.
Quellen: BI Lüchow-Dannenberg, ausgestrahlt.de; 02.12.2010