Sicherheitsüberprüfung ist eine Farce – RSK-Bericht rechtfertigt sofortige Stilllegung aller alten Meiler!

Die heute in Berlin vorgestellte Sicherheitsüberprüfung der deutschen Atomkraftwerke ist eine Farce. Fachleute sind sich einig, dass eine realistische Überprüfung der Sicherheit in einem so engen Zeitfenster gar nicht möglich sei. Atomkraftgegner fühlen sich bestätigt: die Ergebnisse werden am Weiterbetrieb nicht viel ändern – denn die aufgezeigten Risiken sind lange bekannt. Möglicherweise sollen nun aber endlich die Altreaktoren stillgelegt werden. Es geht aber in Deutschland schon längst nicht mehr um die Frage, ob unsere Meiler „sicher“ sind oder nicht. Die Mehrheit fordert – unabhängig von den Ergebnissen der Untersuchung – ABSCHALTEN!

Die Überprüfung aller deutschen Atomkraftwerke durch die Reaktorsicherheitskommission ist aus Sicht des SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel nicht aussagekräftig. Für die Sicherheitsüberprüfung, deren Ergebnisse an diesem Dienstag vorgelegt werden sollen, sei viel zu wenig Zeit gewesen, sagte Gabriel am Dienstag im ZDF-„Morgenmagazin“. Zudem sei sie nicht nach modernen Sicherheitsanforderungen erfolgt.

„Sie brauchen, um ein Kraftwerk wirklich zu überprüfen, ein bis eineinhalb Jahre“, sagte der frühere Bundesumweltminister. Er bemängelte zudem, dass Umweltminister Norbert Röttgen die 2009 entwickelten Sicherheitskriterien wieder außer Kraft gesetzt habe. Es werde „auf der Basis eines 30 Jahre alten Katalogs“ geprüft.

Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt, warnt:

„Das Ergebnis der Reaktorsicherheitskommission ist mit Vorsicht zu genießen. Einen ‚Stresstest‘ für die Atomkraftwerke hat es nicht gegeben. In weiten Teilen verlässt sich die Kommission auf schriftliche Angaben der AKW-Betreiber. Die Kommission ist nicht neutral. Hier hat sich die Atomwirtschaft gewissermaßen selbst geprüft.“

Denn unter den 16 Mitgliedern sind Vertreter der Stromkonzerne, Mitarbeiter des Reaktorbauers Areva und Angestellte von Forschungsinstituten, die einen Großteil ihrer Aufträge dadurch bekommen, dass es laufende Atomkraftwerke gibt. Alleine vier Mitglieder der Kommission stellt der TÜV, in dem wiederum die Stromkonzerne großen Einfluss haben.

  • Hätte die Kommission für ihr aktuelles Gutachten untersucht, in welchem AKW eine Kernschmelzkatastrophe ausgeschlossen werden kann, dann müsste die Antwort lauten: in keinem der 17. Jedes Ergebnis, dass hinter dieser Aussage zurückbleibt, spiegelt die Interessen der Atombranche und der Begutachtungs-Wirtschaft wider.

Allein die Betrachtung des Absturzes eines großen, vollgetankten Flugzeuges auf einen modernen Meiler führt zu dem Ergebnis, dass ein Super-GAU möglich ist. Die Folgen wären katastrophal. Und das keines der 17 Meiler gegen einen Flugzeugabsturz gesichert ist, hat nun auch die Reaktorsicherheitskommission dargelegt:

  • Keinen „nachgewiesenen baulichen Schutz“ haben die AKW Biblis A und B, Brunsbüttel und Philippsburg.
  • Die Kernkraftwerke Unterweser, Isar I und Neckarwestheim I besitzen einen Schutz der Stufe eins, also gegen leichtere Flugzeuge.
  • Die anderen zehn deutschen AKW stuften die Experten auf die Schutzstufe 2 ein.
  • Die Stufe 3 – ein ausreichender Schutz gegen den Einschlag schwerster Flugzeuge – werde von keinem deutschen AKW erreicht.

Mit Fukushima ist allerdings nicht nur das „Restrisiko“ Terror völlig neu zu bewerten. Alles (!) gehört auf den Prüfstand – und wenn schon keine Sicherheit gegen Flugzeuge existiert, kann die Schlussfolgerung nur die sofortige Stilllegung aller Meiler bedeuten!

Stilllegung der alten Meiler

Indirekt kündigte Umweltminister Röttgen die Stilllegung der Meiler Biblis A und B, Philippsburg-1 und Brunsbüttel an. Röttgen sagte bei der Vorstellung des Berichts der Reaktorsicherheitskommission in Berlin, die Reaktoren hätten „keine nachgewiesene Sicherheitsauslegung“. Aber auch Isar-1 gehört zu den Kraftwerken, die nur gegen kleine Flugzeuge gesichert seien. Bayerns Umweltminister Söder bekräftigte in der Vergangenheit mehrfach das Aus für den Meiler. Der niedersächsische CDU-Fraktionschef Björn Thümler hält ein endgültiges Aus des ältesten Atommeilers in Niedersachsen für wahrscheinlich. Er gehe davon aus, dass das Atomkraftwerk Unterweser nicht wieder angeschaltet werde.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) rechnet mit dem endgültigen Aus für die Atomkraftwerke Neckarwestheim I und Philippsburg I. Sein Umweltminister Untersteller bekräftigte das Aus für Philippsburg-1. Die Reaktorsicherheitskommission habe bei ihrer Überprüfung Sicherheitsmängel festgestellt, eine Nachrüstung wäre nicht wirtschaftlich.

Greenpeace sieht alle alten Reaktoren vor der Stilllegung: der heute vorgelegte Bericht rechtfertige die sofortige Stilllegung der alten Meiler. Neben den bereits genannten Kraftwerken müsse auch Krümmel für immer vom Netz.

„Jetzt muss die Bundesregierung ihre Ankündigungen der vergangenen Wochen wahr machen. Sicherheit kennt keine Kompromisse“, sagt Heinz Smital, Atom-Experte von Greenpeace. „Selbst die Reaktorsicherheitskommission sieht gerade bei den alten Schrottmeilern gefährliche Risiken. Fukushima hat gezeigt, welche Folgen es haben kann, solche Risiken unterzubewerten. Ein Weiterbetrieb wäre unverantwortlich.“

Es geht um etwas ganz anderes

Die Mehrheit in Deutschland fordert das Abschalten aller Meiler. Es geht nicht mehr um die Frage der Sicherheit, sondern um das ganz konkrete Stilllegen der Reaktoren. Die gesamte Debatte führt an der Realität vorbei – und ist eine Bestätigung der Vermutung, dass es sich einzig um die Konzerninteressen und den reibungslosen Weiterbetrieb der AKWs dreht.

  • Wir fordern die sofortige Stilllegung aller Atomanlagen – ohne Kompromisse und Zugeständnisse!
  • Atomkraftwerke im Fadenkreuz
    9. Mai 2011 – Atomkraftwerke sind nachweislich nicht gegen Terrorangriffe geschützt. Einen gezielten Absturz eines großen Flugzeuges halten sie nicht stand. Mit “Stresstests” will die Regierung der Bevölkerung nun wieder Sicherheit vorgaukeln – Terrorangriffe auf AKWs sind dabei nun bedingt beachtet. Denn eine realistische Überprüfung würde unweigerlich zur sofortigen Stilllegung aller Meiler führen! Dass sich Terroristen für AKWs interessieren, zeigt die Vergangenheit.
  • Das AUS für alle Meiler: Flugzeugabstürze sollen berücksichtigt werden
    31. März 2011 – Zehn Jahre nach den Attentaten in den USA, nachdem gezielte Flugzeugabstürze auf Atomkraftwerke nicht mehr dem “Restsisiko” angehören, sollen endlich Fakten geschaffen werden: Die Reaktorsicherheitskommission kündigte an, im Verlauf der “Sicherheitsuntersuchungen” auch Flugzeugabstürze zu berücksichtigen. Das könnte die Stilllegung der ältesten Meiler bedeuten.

Dieser Energiekonsens ist mit uns nicht zu machen!

Bündnis 90/Die Grünen fordern 2017, die CSU kann sich nicht auf 2020 oder 2022 einigen, SPD-Chef Gabriel hält 2020 für richtig, die CDU irgendeine “schnellere” Brücke bis zum Ende der Atomenergie in Deutschland. Für das neue Ausstiegsgesetz ist sogar eine Revisionsklausel vorgesehen, die Ethikkommission schlägt die alten AKWs als “Kaltreserve” vor. Das ist mit der Anti-Atom-Bewegung nicht zu machen. Wir wollen die sofortige Stilllegung aller Atomanlagen!

Quellen: spiegel-online.de, dpa, greenpeace.de, ausgestrahlt.de; 17.05.2011