Standortszenario Endlagersuche: Asse-Lernprozess im BMU?
Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) will laut eines Berichts des „Spiegel“ auch nach der Verkündung einer „weissen Landkarte“ für die Endlagerstandortsuche weiter auf Gorleben setzen. Ab 2020 könnten aber ein oder zwei andere Standorte untersucht werden – allerdings nicht mehr in Salzgestein. Atomkraftgegner fordern die Aufgabe der „Salzlinie“ und eine völlig neue Diskussion um Sicherheitsaspekte.
Einem Szenario des Bundesumweltministeriums zufolge solle der bisher einzige mögliche Standort in Gorleben weiter untersucht werden. Zudem könnten ab 2020 an zwei weiteren Standorten Probebohrungen stattfinden. Dort sollten anders als im Salzgestein von Gorleben Ton- und Granit als Lagergestein erforscht werden. Granit gibt es vor allem in Sachsen und Bayern, Tongestein herrscht in Ostdeutschland, Niedersachsen und Baden-Württemberg vor. Einer anderen Variante zufolge werde erwogen, neben Gorleben nur einen weiteren Standort auf seine Eignung zu prüfen. Das berichtet der „Spiegel“ am Sonntag vorab unter Berufung auf Angaben aus dem Ministerium. Das Szenario diene der Vorbereitung weiterer Bund-Ländergespräche zur Suche einer Endlagerlösung.
- Die Erkundung dreier Standorte ist jedoch noch keine beschlossene Sache. Einer anderen Variante zufolge werde erwogen, neben Gorleben nur einen weiteren Standort zu prüfen.
Bei den weiteren potenziellen Standorten sollen demnach Ton und Granit als Lagergestein erforscht werden. Im Erkundungsbergwerk in Gorleben liegt Salzgestein. Granit gibt es vor allem in Sachsen und Bayern, Tongestein in Ostdeutschland, Niedersachsen und Baden-Württemberg.
„Bei derartigen Szenarien wird das eigentliche, wirtschaftliche Kalkül deutlich“, so Atomkraftgegner. „Die Entscheidung zu sehr wenigen Vergleichsstandorten geschieht aufgrund von Kostenbegrenzungen und nicht, um das bestmögliches Endlager zu finden“, so Jan Becker von contrAtom. „Allerdings sind Röttgens Worte nichts wert, solange mit weiteren Arbeiten an Gorleben Fakten für ein dortiges Endlager geschaffen werden. Der angebliche Baustopp ist eine Lüge, wenn die Sicherheitsanalyse, die eine Eignung Gorlebens bescheinigen soll, nicht sofort gestoppt wird. In Wahrheit wird weiter Tag für Tag an der Durchsetzung gearbeitet. Als Argumente dienen 1,6 Milliarden versenkte Euro und eine idelle Vorfestlegung von Betonköpfen.“
Auch die BI Lüchow-Dannenberg verweist auf den weit fortgeschrittenen Bau des Bergwerks in Gorleben.
„Diese Asymmetrie wird aufrechterhalten. Ergebnisoffen und Neustart bedeutet aber, auf Gorleben zu verzichten“, so sagt Wolfgang Ehmke, Sprecher der BI. „Wir setzen darauf, dass die Bund-Länder-Vertreter dieses abgekartete Spiel durchschauen.“
Was es braucht ist eine völlig neue Diskussion im Sicherheitsaspekte, die für ein Endlager gelten müssen. Bis heute orientiert sich die Suche an Wirtschaftlichkeit, denn das Interesse der Energieversorgungsunternehmen, die einen Großteil der Kosten tragen, ist eine möglichst billige Lösung. Gesetzte Kriterien für eine Endlagerung wurden auf Gorleben zugeschnitten – und nicht der Standort Gorleben wegen seiner Nichteignung ausgeschlossen.
Mit einem Abrücken vom Endlager Medium Salz, auf den mit Gorleben seit 30 Jahren auschließlich gesetzt wird, könnte den BMU ein „Asse-Lernprozess“ unterstellt werden. Denn eine Langzeitsicherheit ist in Salz nicht möglicht. Nach wenigen Jahrzehnten könnte sich das ehemalige Salzbergwerk und Endlager Asse-II zur größten Umweltkatastrophe in der Geschichte Deutschlands entwickeln. Die Aufgabe von Salz als Endlagermedium bedeutet auch das Ende von Gorleben.
„Die Salzlinie wird nicht aufgegeben, im Bundesamt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) sitzen in erster Linie die Befürworter der Salzlinie und Gorlebens“,so Ehmke. Ein offener Vergleich verschiedener Gesteinsformationen für die Atommüllendlagerung werde gleich wieder verengt und erneut auf Gorleben fokussiert.
- Atomproteste gehen unvermindert weiter
9. Januar 2012 – Auch in 2012 stehen die Zeichen auf Protest. Solange die Atomkraftwerke laufen, die Urananreicherungsanlage und die Brennelementefertigung nicht beendet sind, Gorleben aufgegeben und unsinnige Atomtransporte verboten gehen die Demonstrationen und Aktionen für einen Atomausstieg unvermindert weiter. Eine erste Übersicht.
- Jetzt amtlich: In Gorleben wird gebaut
27. Dezember 2011 – Der Skandal um Gorleben wird amtlich. Bisher galt die Sprachregelung, dass der Salzstock Gorleben auf seine Eignung als Atommüllendlager “erkundet” wird. Für die Gorleben-Gegner war das ein Etikettenschwindel. “1,6 Milliarden Euro sind in den Ausbau Gorlebens geflossen, eine Erkundung hingegen würde nach Angaben des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) mit rund 400 Millionen Euro zu Buche schlagen”, unterstreicht die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI).
- Baustopp 2013: Gorleben-Kompromiss abgelehnt!
15. Dezember 2011 – Niedersachsens Ministerpräsident macht einen Kompromissvorschlag zu Gorleben: Die “vorläufige Sicherheitsanalyse” solle abgeschlossen und dann ein Erkundungsstopp verhängt werden. Atomkraftgegner lehnen diesen Kompromiss ab, denn täglich werden in Gorleben Fakten geschaffen und die Vorfestlegung auf den Standort zementiert. Die Untauglichkeit ist erwiesen und jede weitere Investition Geldverschwendung.
- Endlagersuche: Die Landkarte ist nur ohne Gorleben “weiss”!
11. November 2011 – Bundesumweltminster Norbert Röttgen und seine Landesminister wollen mit einer “weissen Landkarte” einen Neuanfang für das weitere Vorgehen bei der Suche nach einem Atommüllendlager. Atomkraftgegner fordern einen sofortigen Baustopp in Gorleben und die Absage des Castortransports. Kurzzeitig wurde heute mittag das Bergwerk blockiert.
- “Beim Atommüll alles auf Null” – Statt “Standortsuche” Neustart beim Umgang mit Atommüll verlangt
10. November 2011 – In einer gemeinsamen Erklärung fordern jetzt Vertreterinnen der Standorte ASSE II, Morsleben, Gorleben und Schacht KONRAD Bundesumweltminister Röttgen und die Vertreter der Länder, die sich am morgigen Freitag zu einem Atommüll-Gipfel treffen, auf, sich einem grundsätzlichen Neuanfang beim Umgang mit dem Atommüll zu stellen.
Quellen (Auszug): ndr.de, news.yahoo.com; 09.01.2011