Noch mehr Müll für Gorleben
Die Eignung von Gorleben als Atmmüllendlager ist offiziell überhaupt nicht geklärt. Aber die Atommüllberge, die dort eingelagert werden sollen, wachsen. Schwarz/gelb plant, eine Vierfache Menge Atommüll ins Wendland bringen zu wollen, als bislang geplant. Dabei handelt es sich auch um Abfälle aus der Urananreicherung. Atomkraftgegner sind schockiert und fordern das sofortige Ende der Müllproduktion.
Bisher ist der Standort hauptsächlich als mögliches Endlager für stark strahlenden und heißen Atommüll bekannt, der auch in diesem Herbst wieder in Castoren angeliefert werden woll. Nun räumt die Bundesregierung ein, dass Gorleben gegebenenfalls auch große Mengen anderer Atomabfälle aufnehmen müsste. Das Gesamtvolumen des Nuklearmülls könnte dadurch auf mehr als das Vierfache steigen, berichtet die „Frankfurter Rundschau“.
Außerdem räumt die Bundesregierung ein, dass für eine sehr viel größere Menge an „heißem“ Atommüll als bisher prognostiziert ein Endlager gebraucht wird. Schuld ist die Laufzeit der Atomkraftwerke. Durch die Streckung der Laufzeiten für die verbleibenden Atomkraftwerke bis zum Jahr 2022 kommen zu den 6.500 Tonnen hochradioaktiver Abfälle noch einmal 4.500 Tonnen hinzu. Bereits jetzt lagern in Deutschland ungefähr 1.000 Castoren in den kraftwerksnahen Zwischenlagern, die alle zur Abfallbehandlung in eine Konditionierungsanlage transportiert werden müssen, bevor der heiße Müll endgelagert wird, so Dipl.–Ingenieur Wolfgang Neumann, der im Auftrag der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg die Expertise “Strahlende Atommüllberge” erstellte.
- Das Bundesumweltministerium beziffert die Zusatzmengen in einer Antwort auf eine Grünen-Anfrage auf auf 44.800 respektive 105.500 Kubikmeter. Es handelt sich dabei um „vernachlässigbar wärmeentwickelnde radioaktive Abfälle“. Der Löwenanteil ist dabei sogenanntes abgereichertes Uran, das bei der Anreicherung von Uranbrennstoff zur Brennelement-Herstellung im westfälischen Gronau anfällt. Hinzu kommen Abfälle aus Forschungsreaktoren wie Karlsruhe und Jülich und dem Hochtemperaturreaktor Hamm-Uentrop.
Die Müllmengen-Schätzungen stammen von der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) in Köln und dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) in Salzgitter. Die GRS lieferte die niedrigere Zahl, das BfS die höhere. Die Menge des „heißen“ Atommülls, der in Gorleben oder an einem anderen Standort untergebracht werden muss, beläuft sich demgegenüber auf etwa 29.000 Kubikmeter. Trifft die GRS-Schätzung zu, steigt die Abfallmenge um rund 150 Prozent, nach der BFS-Bilanz sogar um rund 350 Prozent.
Für den in Deutschland anfallenden Atommüll sind zwei Endlager geplant. Der schwach- und mittel-radioaktive Abfall soll ab 2019 in das frühere Eisenerz-Bergwerk Schacht Konrad bei Salzgitter kommen, der heiße Müll nach 2030 in den Salzstock Gorleben oder ein alternatives Endlager. Die zusätzlichen Abfallmengen könnten theoretisch, da sie kaum oder keine Wärme entwickeln, auch im Schacht Konrad untergebracht werden. Allerdings überschreiten ihre Radioaktivitätswerte den für Konrad festgesetzten Grenzwert. Deswegen kam Gorleben ins Spiel.
- Ungefähr 150.000 Kubikmeter Nuklearmüll aus dem havarierten, illegal betriebenen Endlager Asse II können nicht im Schacht Konrad gelagert werden, dazu kommen Abertausende Kubikmeter aus der Urananreicherung in Gronau, dieser Müll kann nicht mehr für billig nach Russland abtransportiert werden.
Anfang September war erst eine Art „Tauschgeschäft“ mit der Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield bekannt geworden: statt einer großen Menge schwach strahlenden Abfalls soll eine geringe Menge hoch radioaktiven Müll nach Deutschland zurückgebracht werden. Unter dem Strich soll es sich um etwa fünf Prozent mehr hochstrahlenden Abfall handeln, als vertraglich vereinbart. Ab 2014 sollen dann insgesamt 21 Castor-Behälter aus Sellafield nach Gorleben transportiert werden.
„Es gibt keine Tauglichkeit für Gorleben – die Bundesregierung kommt einerseits mit einem Dialog-Versuch für Endlager-Akzeptanz und andererseits droht ein riesiger Atommüllberg. Das ist schyzophren und kann keine Akzeptanz schaffen! Was – wie immer in der Atombranche – fehlt ist Transparenz“, so Jan Becker von contrAtom. Grundsätzlich muss sofort die Produktion von weiterem Müll beendet werden. „Neben der Stilllegung der verbleibenden neun Atomkraftwerke gehört dazu auch das sofortige Ende der Urananreicherungsanlage in Gronau, die sowieso hauptsächlich für das Ausland produziert – und die Last soll wohl Gorleben tragen. Das ist falsches Spiel!“
Atomkraftgegner warnen angesichts dieser Abfall-Prognosen auch vor einer enormen Anzahl an Transporten: „Dagegen sind die jährlichen Castor-Transporte nach Gorleben nur ein Vorgeplänkel für das, was auf einen möglichen Endlagerstandort zukommt“, so BI-Sprecher Wolfgang Ehmke.
- Gorleben: Weniger Mädchen und noch mehr Müll
3. September 2011 – Im Umkreis von 35 Kilometern um Gorleben werden seit der Lagerung von Atommüll weniger Mädchen geboren. Die Ursache dafür ist noch nicht bekannt. Aber der Betreiber des Zwischenlagers plant, noch mehr hochaktiven Müll einzulagern als vertraglich nötig.
- In Gorleben wurde gemauschelt
30. September 2011 – Wann, von wem und warum wurde Gorleben als Standort für ein Atommüllendlager ausgewählt? Mit dieser Frage quälen sich die Abgeordneten den Bundestags-Untersuchungsausschusses seit eineinhalb Jahren. Bei der Entscheidung über den Endlagerstandort Gorleben hat Niedersachsen offenbar bewusst die Unwahrheit gesagt. Das geht aus neu aufgetauchten Akten hervor. Atomkraftgegner sehen ihren Verdacht, dass nicht Wissenschaft sonden allein Wirtschaftlichkeit entscheidend war, erneut bestätigt und fordern das sofortige Ende von Gorleben.
- CDU will Untersuchungsauschuss zu Gorleben auflösen
4. Oktober 2011 – Ginge es nach der CDU, würde der Untersuchungsauschuss zur Klärung ob in Gorleben bei der Standortauswahl in den 70er Jahren wissenschaftliche oder politische Kriterien bestimmend waren, so schnell wie möglich aufgelöst werden. Offenbar hat schwarz/gelb Angst vor der Wahrheit, denn kürzlich wurde erst politische Manipulation nachgewiesen. Gorleben wurde nicht nach geologischen sondern politisch-strategisch Gründen zum Endlagerort, um “die Ostzonalen mal so richtig zu ärgern”. Atomkraftgegner fordern, das Atommüllprojekt Gorleben sofort zu beerdigen.
- Strahlenwerte in Gorleben seit 2003 zu hoch – Messungen sind gefälscht!
29. September 2011 – Nach Berechnungen von Atomkraftgegnern sind die Strahlengrenzwerte am Atommüllzwischenlager in Gorleben bereits seit 2003 überschritten. Demnach rechne der Betreiber, die Gesellschaft für Nuklearservice (GNS), seit Jahren mit einem falschen Wert für die natürliche Strahlung. Der Nullpunkt sei berechnet worden, als bereits Castoren eingelagert wurden, kritisiert die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI).
Quellen (Auszug): fr-online.de, bi-luechow-dannenberg.de, spiegel.de, klimaretter.info; 05.10.2011