Schweiz: AKW Mühleberg wegen Sicherheitsbedenken abgeschaltet

Das älteste Atomkraftwerk der Schweiz wird am kommenden Donnerstag für mindestens zwei Monate abgeschaltet. Der Betreiber hat sich eingestanden, dass die Kühlwasserzuleitungen des AKW Mühleberg bei einem extremen Hochwasser verstopft werden könnten. Atomkraftgegner bemängeln seit Jahren die Sicherheit des Fukuhsima-änlichem Meilers.

Wie das Betreiberunternehmen BKW mitteilte, dient die Massnahme der „Sicherstellung der Kühlwasserentnahme“. Die BKW bearbeitet nach eigenen Angaben derzeit die zusätzlichen Sicherheitsanforderungen, welche das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat Ensi fordert.

  • Neue Erkenntnisse im Bereich der auf Extremsituationen ausgelegten Hochwasserszenarien hätten ergeben, dass bei bestimmten Ausnahmesituationen eine „Verstopfung des Einlaufbauwerks des Susan-Notstandsgebäudes durch das in der Aare erwartete Geschiebe“ nicht ausgeschlossen werden könne, schreibt die BKW.

Deshalb will die BKW nachrüsten und auch die Hochwassersicherheit des bestehenden Pumpenhauses verbessern.

Am 30. Juni 2011 wollen die Bernischen Kraftwerke „wie geplant den verlangten Nachweis für die Bewältigung eines 10’000 jährlichen Hochwassers erbringen“. Um diese Massnahmen bis zum planmässigen Anfahren des AKW Mühleberg nach der bevorstehenden ordentlichen Jahresrevision, die eigentlich erst in fünf Wochen beginnen sollte, verwirklichen zu können, muss die BKW das Atomkraftwerk bereits am Donnerstag vom Netz nehmen. Geplant ist, das Kraftwerk nach der ordentlichen Revision im September wieder ans Netz zu bringen.

In einer ersten Untersuchung nach dem Super-GAU von Fukushima stuften die Aufsichtsbehörden die Sicherheit des AKW Mühleberg als „unzureichend“ ein. Die Kühlwasserversorgung geschehe im Notfall nur über die Aare. Bei Erdbeben und Überflutung sind die Brennelementbecken nicht genügend geschützt und die Notfallmassnahmen zur Wiederherstellung der Kühlung sind unvollständig.

Der umstrittene Kernmantel des AKW gehörte nicht zur nun begonnenen Prüfung: Ein Gutachten des deutschen TÜV Nord bestätigte 2006 Defizite in der Sicherheit. Demnach kann der Erhalt der Integrität der umstrittenen Zugankerkonstruktion „im Betrieb und bei Störfällen nicht uneingeschränkt vorausgesetzt werden“. Es sei „das Versagen eines oder mehrerer Zuganker nicht auszuschliessen“. Mit den Zugankern werden Risse des Kernmantels gesichert. AKW-Gegner hatten die TÜV-Befunde dem Öko-Institut Darmstadt zur Beurteilung vorgelegt und eine Kurzstellungnahme erarbeiten lassen. Das Ergebnis: es sei „nicht nachvollziehbar, weshalb das ENSI trotz des TÜV-Gutachtens seit 2006 dem Bewilligungsinhaber noch vier Jahre Zeit einräumt, um das bisherige Instandhaltungskonzept zu ‹überarbeiten›“ und „Zusammenfassend ist es unverständlich, weshalb HSK/ ENSI den Betrieb des KKM trotz der eindeutig negativen Bewertungen der Zugankerkonstruktion durch den TÜV weiterhin zulässt.“

  • Stresstest in der Schweiz: Erhebliche Mängel in Atomkraftwerken
    5. Mai 2011 – In den fünf schweizer Atomkraftwerken sind erhebliche Mängel festgestellt worden. Besonders schlecht schneidet das alte AKW Mühleberg ab. Abgeschaltet werden die Meiler trotzdem nicht. Das ist die Bilanz nach dem ersten “Stresstest” nach Fukushima.

Quellen (Auszug): vol.at, nzz.ch, tagesspiegel.de, bazonline.de; 29.06.2011