AKW Brokdorf störfallbedingt vom Netz
Das Atomkraftwerk Brokdorf ist seit heute abgeschaltet. An Brennelementen im Nasslager waren beschädigte Teile gefunden worden, nun müssen Experten das meldepflichtige Ereignis untersuchen. Ungeklärt ist auch eine Häufung von Krebsfällen um den Reaktor, der die Statistik an durchschnittlichen Störfällen seit Betriebsbeginn anführt. Atomkraftgegner erhöhen den Druck auf Betreiber E.ON: der Meiler muss sofort stillgelegt werden.
Die sogenannten Niederhaltefedern fixieren die Brennelemente beim Betrieb in der Anlage und sorgen dafür, dass diese nicht abheben. An Brennelementen im Lagerbecken neben dem Reaktorkern sind defekte Federn an neuen Elementen gefunden worden. Da eine Übertragbarkeit auf die im Reaktor vorhandenen Brennelemente nicht ausgeschlossen werden kann, und diese von der gleichen Charge sind, hat Betreiber E.ON die Anlage vorsorglich vom Netz genommen. Experten sollen nun Nachweise zur Unbedenklichkeit der Brennelemente für den weiteren Betrieb erbringen. Die Brennelemente verfügen über jeweils acht Federn.
Es handelt sich um ein meldepflichtiges Ereignis der Kategorie N (INES 0). Eine unmittelbare Gefahr bestehe nicht, so der Betreiber. Am Freitag solle der Reaktor wieder ans Netz gehen.
Das Kraftwerk ist nach Angaben des Netzbetreibers „50Hertz“ wichtig für die Stromversorgung Hamburgs. Nur aufgrund der Jahreszeit und des Wetters wird es wohl zu keinen Engpässen kommen. Ende Januar hatte die Meldung, dass ein Ausfall des AKW Brokdorf einen großflächigen Stromausfall in Hamburg zur Folge hätte, Aufsehen erregt. Atomkraftgegner hatten allerdings angeführt, dass Brokdorf schon seit 2007 das einzige AKW um Hamburg ist – denn Krümmel und Brunsbüttel stehen seitdem still. Nun ist der Meiler vom Netz – und passiert ist nichts. Grund dafür sind die Erneuerbaren Energien, denn der Wind bläst zur Zeit kräftig.
Nach bisherigem Stand darf das 1986 in Betrieb genommene AKW Brokdorf noch bis 2021 am Netz bleiben. Atomkraftgegner fordern eine schnellere Stilllegung, denn ein schwerer Unfall ist in Brokdorf jederzeit möglich.
- Brokdorf führt die Statistik an jährlichen Störfällen seit Betriebsbeginn an. 2011 wurden 4 Ereignisse gemeldet, seit 1986 sind es 218. Damit errechnet sich ein Durchschnitt von mehr als 8 Störfälle pro Jahr bzw. alle 44 Tage ein meldepflichtiges Ereignis – mehr als in jedem anderen noch in Betrieb befindlichen AKW.
Auch die Häufung von Krebsfällen im Nahbereich um das AKW ist ungeklärt. Zwischen 2001 und 2008 hatte die Krebsrate in der Steinburger Gemeinde Wewelsfleth bis zu 50 Prozent über dem Landesdurchschnitt gelegen. Inzwischen ist sie wieder auf ein normales Niveau gesunken. Das Sozialministerium in Kiel und die Strahlenschutzkommission wollen nun versuchen, die deutlich erhöhten Krankheitszahlen aufzuklären. Kraftwerks-Betreiber E.ON hat einen Zusammenhang mit dem AKW schonmal ausgeschlossen.
„Eine Laufzeit von mehr als zehn weiteren Jahren ist absolut inakzeptabel“, so Jan Becker von contrAtom. „Der Meiler ist störanfällig wie kein anderer, die Entsorgung von Atommüll ist ungeklärt und er kann als Ursache für kranke Menschen nicht ausgeschlossen werden. Wir fordern, den Reaktor sofort stillzulegen!“
- In Brokdorf wächst der Protest gegen die „Bedrohung“
28. März 2012 – Das Atomkraftwerk ist das letzte in der Nähe Hamburgs, gegen das Atomkraftgegner demonstrieren können. Die Gemeinde lebt gut von ihm.
- Hamburg hängt am AKW Brokdorf
31. Januar 2012 – Sollte das Atomkraftwerk Brokdorf in nächster Zeit ausfallen, könnte es wegen der kalten Wetterlage zu einem Blackout in Hamburg kommen – schreibt das Hamburger Abendblatt. Atomkraftgegner warnen vor Hysterie, mahnen aber erneut die Abhängkeit von Großtechnologie an.
- Erhöhte Zahl von Krebserkrankungen um AKW Brokdorf
18. Januar 2012 – Die Wahrscheinlichkeit im Nahbereich eines Atomkraftwerkes an Leukämie zu erkranken, ist um 44 Prozent erhöht. Vor fünf Jahren hat die KIKK-Studie nachgewiesen, dass besonders Kinder betroffen sind, vor wenigen Tagen veröffentlichten französische Forscher eine Studie zu einer vermehrten Erkrankungsrate um die AKWs im eigenen Land. Um das Atomkraftwerk Brokdorf sind zwischen 1998 und 2008 fast 150 Menschen erkrankt. Nun fordern die Menschen Klarheit und die Stilllegung des Reaktors.
- “Krümmel-Syndrom” in Brokdorf: Verformte Brennelemente und Trafo-Schaden
11. August 2011 – Wegen Verformungen an Brennelementen hat sich die Kieler Atomaufsicht während der Revision des Atomkraftwerkes Brokdorf an das Bundesumweltministerium gewandt. In einem Schreiben vom 15. Juli empfahl das Ministerium, die Reaktor-Sicherheitskommission (RSK) einzuschalten. Das wurde im Rahmen der Trafoprobleme im norddeutschen AKW bekannt. E.ON plant derzeit das Wiederanfahren des beschädigten Kraftwerks mit nur einem Transformator. “Krümmel-Syndrom” in Brokdorf: Atomkraftgegner haben Proteste angekündigt, denn der Pannenmeiler soll vom Netz bleiben!
Quellen (Auszug): eon-kernkraft.de, ndr.de, spiegel.de; 28.03.2012