AKW-Boom in England?
England hält auch nach Fukushima am Bau von neuen Atomkraftwerken fest. Die britische „nationale Nuklear-Planungsrichtlinie“ nannte acht potenzielle Standorte im ganzen Land, die für den Bau neuer Atomkraftwerke bis 2025 geeignet sind. Das Land müsse laut Minister of State for Energy bis 2020 ein Viertel der Stromerzeugungskapazitäten mit „sicherer, kohlenstoffarmer, bezahlbarer Energie“ ersetzen – und plant deshalb den Bau von neuen Atomreaktoren. RWE und E.ON als mögliche Investoren sind bereits abgesprungen.
Die Atomkraft solle weiter als Teil eines „klimafreundlichen Energiemixes“ ausgebaut werden, vorausgesetzt, dass dafür keine staatlichen Subventionen notwendig seien, erklärte Energieminister Chris Huhne Mitte Mai. Die britische Regierung hat nun am 23. Juni die von ihr überarbeiteten nationalen Energie-Planungsrichtlinien veröffentlicht, die Standorte für neue AKW ausweisen. Es handelt sich um Orte, an denen bereits Meiler stehen: Bradwell in Essex, Hartlepool in Durham, Heysham in Lancashire, Hinkley Point in Somerset, Oldbury in Gloucestershire, Sellafield in Cumbria, Sizewell in Suffolk und Wylfa in Anglesey. Insgesamt müssten allein in die Stromerzeugung mehr als GBP 100 Mrd. investiert werden.
Laut „Süddeutscher Zeitung“ überdenken die deutschen Energiekonzerne den Neubau mehrerer Atommeilern in Großbritannien. Nötige Milliardeninvestitionen seien Aktionären derzeit nur schwer zu vermitteln. Es werde immer unwahrscheinlicher, dass die Neubauten des Gemeinschaftsunternehmens Horizon Nuclear Power wie geplant realisiert würden, verlautete aus beiden Konzernen. Die Investitionen komme schlicht zu teuer, sagten mit dem Projekt vertraute Manager der Zeitung.
Wegen fehlender Einnahmen nach dem beschleunigten Atomausstieg wollen die Konzerne ihre Schulden mit dem Verkauf von Unternehmensteilen reduzieren. Milliardeninvestitionen wie im Fall Horizon, die sich erst in vielen Jahren auszahlten, seien den eigenen Investoren derzeit kaum noch zu vermitteln.
Dabei versucht die englische Regierung derzeit mit einer PR-Kampagne das durch Fukshima zerrüttete Image der Atomindustrie zu retten: laut der britischen Tageszeitung „Guardian“ sollen sich britische Regierungsmitarbeiter schon zwei Tage nach Beginn der Katastrophe in Japan – und noch bevor das Ausmaß der Verstrahlung bekannt war – an heimische Atomkonzerne gewendet haben, um eine gemeinsame PR-Strategie zu entwickeln. Deren Ziel: Das Fukushima-Unglück herunterspielen. Und damit verhindern, dass eigene Pläne für Meiler-Neubauten sabotiert werden. An der Aktion beteiligt waren Wirtschafts- und Energieministerium auf der einen sowie die Stromkonzerne EDF Energy, Areva und Westinghouse auf der anderen Seite. Der Unfall in Fukushima habe „das Potential, die Atomindustrie weltweit zurückzuwerfen“, schrieb ein besorgter Beamter des Wirtschaftsministeriums in einer Mail an die Atomkonzerne sowie ihre Dachorganisation, die „Nuclear Industry Association (NIA). Der Beamte schlug vor, dass die Unternehmen ihre Hinweise und Vorschläge hinsichtlich Reaktorsicherheit schickten. Diese könnten dann in die Schriftsätze für Minister oder Stellungnahmen der Regierung eingebunden werden.
Quellen (Auszug): spiegel.de, nuklearforum.ch, yahoo.com; 05.07.2011