Greenpeace: Versorger haben zu geringe Atom-Rücklagen
Allein der „grobe“ Rückbau von Atomanlagen dauert mindestens 20 Jahre. Und schon dafür kann das Geld, was seit Jahren von den Betreiberkonzernen der AKW steuerfrei als Rücklage gebildet wird, nicht ausreichen. Laut einer Greenpeace-Studie ist es nämlich nicht krisensicher, weil die Konzerne es nicht zurücklegen mussten, sondern investieren durfen.
In der Atomindustrie sorgt der Termin seit Tagen für Unruhe: Heute Vormittag fordert Greenpeace zusammen mit dem Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) die Bundesregierung auf, die Rückstellungen der Atomkonzerne für Abriss und Entsorgung der Atomkraftwerke in einen Staatsfonds zu überführen.
- Laut der Studie könnte der Atomausstieg die Energiekonzerne bis zu 44 Milliarden Euro kosten.
Doch nicht die Forderung an sich ist besorgniserregend, sondern die Begründung: Greenpeace und das FÖS halten die zurückgelegten 30 Milliarden Euro nicht für insolvenzsicher.
„Das Geld liegt nicht auf Sonderkonten, sondern ist in den Unternehmen investiert“, sagte Thomas Breuer, der den Energiebereich bei Greenpeace leitet, dem Handelsblatt.
- Wenn also ein Konzern pleite geht, trägt letztendlich der Steuerzahler die Last.
Atom bietet heute keine sichere Rendite mehr, da die Entscheidungen für oder gegen die Technologie politisch motiviert sind. Das haben die Laufzeitverlängerung im Herbst 2010 und der dann folgende Atomausstieg im März 2011 gezeigt.
Auch sind die Pläne der Konzerne, neue Atomkraftwerke im Ausland zu bauen gescheitert. Vor zwei Wochen stoppten RWE und Eon ihre Pläne, in Großbritannien 17 Milliarden Euro in den Bau neuer Atommeiler zu investieren. Es gäbe keine garantierten Stromabnahmepreise von der Regierung, daher rechnen sich neue Meiler nicht.
Zudem haben Ratingagenturen klar zu verstehen gegeben, dass im Falle weiterer nuklearer Risiken eine Abstufung der Kreditwürdigkeit droht. Gerade für RWE, deren Einstufung Moody’s und Standard & Poor’s gerade überprüfen, hätte dies gravierende Auswirkungen. Denn viele Energiehändler dürfen mit B-Adressen – die nächste Stufe wäre bei RWE „Baa1“ (Moody’s) und „BBB+“ (S&P) – keine Geschäfte mehr machen.
Der Atomausstieg wird nach Einschätzung von Experten wegen des erforderlichen Rückbaus der Atomkraftwerke auch künftige Generationen beschäftigen. Der Geschäftsführer der Energiewerke Nord, Jürgen Ramthun, geht davon aus, dass es etwa 20 Jahre dauert, bis die kerntechnischen Bauteile eines Atomkraftwerks zurückgebaut sind.
Atomkonzerne galten mit ihren abgeschriebenen Atomkraftwerken bis Fukushima als sichere Gewinnmaschinen. Nun sind sie zu fragilen Kolossen geworden, die dank der Energiewende zum Radikalumbau gezwungen werden.
Es ist unverantwortlich, dass nicht nur die gesundheitlichen und finanziellen Risiken durch einen möglichen GAU oder den Atommüll auf dem Rücken der Bevölkerung abgewälzt werden, sondern am Ende möglicherweise auch noch die Kosten für den Rückbau übernommen werden müssen. Die Bundesregierung muss sofort alle nötigen Vorkehrungen beschließen, dass diese Situation nicht eintreten kann!
- zur Studie: www.greenpeace.de – Rückstellungen für Stilllegung/Rückbau und Entsorgung im Atombereich (pdf)
- AKW-Rückbau: Vattenfall drückt sich vor Verantwortung
28. März 2012 – “Vertagt” wurde das Konzept, wie Vattenfall den Rückbau der Atomkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel gestalten will. Einen erneuten Beweis für das absolut unverantwortliche Handeln sehen Atomkraftgegner und warnen vor Ruinen, die Jahrzehnte eine latente Gefahr darstellen. Schnellstmöglich muss mit dem Abriss begonnen werden, damit eine Wiederinbetriebnahme nicht mehr möglich ist.
- AKW-Abriss wird teurer und dauert länger
5. November 2011 – Am Beispiel des alten DDR-AKW Rheinsberg zeichnet sich ab, dass der Rückbau alter Meiler viel teurer wird als geplant und länger dauert als erwartet. Noch bis 2069 soll die Ruine nördlich von Berlin existieren. Dabei handelt es sich eigentlich nur um einen kleinen Versuchsreaktor. Wie die Betreiber den Abbau der großen Leistungreaktoren planen, lassen sie bislang offen.
- Atomkonzerne tricksen bei Stilllegung
31. Oktober 2011 – Krümmel putzt sich für Abriss raus. Es gibt eine neue Betonfassade für die nächsten 20 Jahre, die der Abbau dauern wird. Doch an tatsächlichen Rückbau denkt in Krümmel noch keiner. Wichtige Kraftwerkskomponenten bleiben im Reaktor, und nach Aussage eines Mitarbeiters ist der Meiler gar nicht stillgelegt. So auch in anderen alten Meilern. Denn die Stilllegung lässt auf sich waren. Atomkonzerne tricksen selbst beim Rückbau.
- 18 Milliarden Euro Abrisskosten für Atomkraftwerke
28. September 2011 – Laut einer Studie wird der Abriss der 17 letzten Atomkraftwerke in Deutschland für die Energiekonzerne richtig teuer: mehr als 18 Milliarden Euro müssen dafür eingeplant werden. Atomkraftgegner bemängeln, dass die Kosten für eine Endlagerung gar nicht berechnet werden können und fordern das endgültiges Aus des vermeintlich “günstigen” Stroms.
Quellen (Auszug): handelsblatt.com, greenpeace.de, nachrichten.t.online.de; 11.04.2012