Kinder haften für ihre Eltern: Birkner für schnelle Atommülleinlagerung in Schacht Konrad
„Hier wurde ein Zug aufs Gleis gesetzt, und der fährt jetzt“. Der niedersächsische Umweltminister Stefan Birkner (FDP) geht davon aus, dass das neue Atomendlager Schacht Konrad im Jahr 2019 in Betrieb geht. Atomkraftgegner warnen vor den nächsten dramatischen Fehlern, die durch vorschnelles Handeln erzeugt werden. Aus dem havarierten Endlager Asse-2 muss gelernt werden, dass das Verbuddeln von Atommüll keine sichere Entsorgungslösung ist.
Die Betreiber der deutschen Atomanlagen haben ein Entsorgungsproblem, das hat auch Birkner erkannt: „Die Zwischenlager laufen zunehmend voll.“ Darauf weisen die AKW-Betreiber bei jeder Gelegenheit hin, und fordern auch mit Blick auf den Rückbau ihrer Anlagen die billige Entsorgungsmöglichkeit Schacht Konrad für tausende Tonnen schwach- und mittelaktiver Abfälle. „Die Energiewirtschaft und andere Abfallverursacher warten auf die Inbetriebnahme von Schacht Konrad“, so Birkner. Er war sich bei seinem gestrigen Besuch sicher, dass der Einlagerung von rund 303.000 Kubikmeter schwach und mittelradioaktiver Atommüll nichts mehr im Wege steht. Mit Blick auf den 2002 erfolgten Planfeststellungsbeschluss und nach Besichtigung des Bergwerks sagte er: „Nach Überprüfung durch die Obergerichte ist der Zug jetzt auf dem Weg.“
Die mögliche Inbetriebnahme des unter absurden Umständen genehmigten Endlagers – damit das erste in Deutschland – war immer wieder verzögert worden, weil Atomkraftgegner und Kommunen mit Klagen ein reibungsloses Verfahren unmöglich gemacht hatten. Es hat bei der Auswahl von Schacht Konrad nie einen Vergleich mit einem anderen Standort gegeben – so wie es die Bundesregierung nun für Gorleben anstreben will. Rund eine Milliarde Euro ist in dem ehemaligen Erzbergwerk bereits verbaut worden, bis 2019 soll noch einmal die gleiche Summe dazukommen. Wie in Gorleben ein schweres Argument, den Standort nicht aufzugeben. Zudem ist der spröde Granit des Schachtes als Wirtsgestein anfällig für Wasserdurchlässe, die nach der Einlagerung von Atommüll zu einer radioaktiven Verseuchung der Umwelt führen können. Einen realistischen Langzeitsicherheitsnachweis gibt es nicht. Derzeit wird im Drei-Schichtbetrieb unter Tage Platz für den Atommüll geschaffen.
Die Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad, die sich seit Jahrzehnten gegen das Atommüllendlager wehrt, verlangt einen sofortigen Baustopp:
„Zunächst ist eine transparente Atommülldebatte nötig“, so Peter Dickel. „Mit den beiden maroden Atommülllagern Asse und Morsleben trägt die Region schon genug Lasten für Deutschland. Die Einlagerung von Atommüll in Schacht Konrad muss deshalb verhindert werden.“
Für die Bedenken von Atomkraftgegner hatte Birkner sogar Verständnis. Es sei „völlig klar, dass es auch hier Ängste gibt“, sagte er.
Angst zum Beispiel davor, dass der gesamte Müll aus der Asse-2 hierher kommt – sollte er denn geborgen werden. Zwar komme diese Einlagerung nach gegenwärtigem Stand nicht in Betracht, so die Vizepräsidentin des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS), Stefanie Nöthel. Der Asse-Müll sei weder vom Volumen noch von den Inhaltsstoffen her geeignet. Tatsächlich ist Schacht Konrad nur für 303.000 Kubikmeter Abfall zugelassen worden – allerdings war die Planfeststellung ursprünglich von 650.000 Tonnen ausgegangen. Für eine Kapazitätserweiterung braucht es ein neues Planfeststellungsverfahren – aber unmöglich ist es nicht. Am Ende wollten sich weder Birkner noch das Bundesamt für Strahlenschutz festlegen, ob die Asse-Abfälle in das ehemalige Erzbergwerk gebracht werden oder nicht.
„Die Situation um Schacht Konrad ist perfide: die Industrie macht Druck für eine billige Entsorgungslösung, die Politik kann wegen der investierten Milliarden nicht zurück – und keine 20 Kilometer weiter befindet sich das havarierte Endlagerbergwerk Asse-2. Angesichts dessen weiter darauf zu setzen, Atommüll in Tiefengeologische Schichten zu verbringen, von wo sie nur unter enormen Anstrengunen wieder geborgen werden können, ist schlicht absurd“, so Jan Becker von contrAtom. „Nicht die Atomindustrie darf diktieren, sondern die Bevölkerung muss mitentscheiden können, wie künftig mit dem Entsorgungsdesaster grundsätzlich verfahren werden soll. Das bedeutet: alles auf Null! Baustopp in Konrad und Gorleben! Und zu allererst: Atomanlagen stilllegen – und die weitere Produktion von Atommüll sofort stoppen.“
- Baustopp für Schacht Konrad gefordert
15. Dezember 2011 – Wegen der Unklarheit in der Endlagerfrage fordert der Rat der Stadt Salzgitter einen Baustopp im Schacht Konrad. Man dürfe ohne eine grundsätzliche Einigung zum technischen Konzept keine weitere Fakten schaffen. Atomkraftgegner schließen sich der Forderung an: das Verbuddeln von Atommüll in ehemaligen Bergwerken ist gescheitert! Ein Baustopp für Schacht Konrad ist überfällig!
- Kritik unerwünscht: Schacht Konrad wird beschleunigt
29. August 2011 – Nun doch 2014. Schon in 3 Jahren soll erster Atommüll im ehemaligen Eisenerzbergwerk Schacht Konrad eingelagert werden. Nachdem die Stadt Salzgitter die weiteren Genehmigungen erfolgreich blockiert hatte, will sich nun das Sozialministerium um eine endgültige Bauerlaubnis kümmern. Atomkraftgegner fordern den Stopp des Projekts, denn die Tiefenlagerung von Atommüll ist schon lange nicht mehr Stand von Wissenschaft und Technik.
- Atommüllendlager im Schacht Konrad?
16. August 2011 – Das ehemaligen Eisenerzbergwerk Schacht Konrad bei Salzgitter soll zur Atommülldeponie für ganz Deutschland werden. Kaum einer redet über Sicherheitsbedenken, denn es soll die Lösung für den gesamten schwach- und mittelaktiven Müll werden – vielleicht sogar für das Inventar des havarierten Endlagers Asse-II.
Quellen (Auszug): abendblatt.de, dpa; 08.06.2012