Ist das ’sicher‘? 11 Störfälle in zwei AKW in einem Monat

In diesem Monat haben sich bereits mindestens elf Störfälle ereignet – und das in nur zwei Reaktoren. Das AKW Emsland und das AKW Philippsburg-2 sind derzeit zur Revision vom Netz. Und melden einen Störfall nach dem anderen. Ist das ’sicher‘? fragen Atomkraftgegner und fordern die Stilllegung der Anlagen.

AKW-Blockade in Brokdorf, April 2010

AKW-Blockade in Brokdorf, April 2010

Gestern meldete der Philippsburg-Betreiber EnBW eine „beschädigte Armatur“ an einem einem Druckspeicher. Bei einer Funktionsprüfung sei es zu dem Defekt gekommen, der meldepflichtig ist. Als Ursache wird eine fehlerhafte elektrische Schaltung genannt, die bei einer zuvor durchgeführten Wartung entstanden war. Kurz: Schlamperei. Es handelt sich um Störfall Nummer sechs während der seit dem 29.05. andauernden jährlichen Wartung. Die letzte Meldung liegt keine Woche zurück:

  • 25.06.2012 – Armatur bei Funktionsprüfung beschädigt
  • 21.06.2012 – Befunde an Hüllrohren von Brennstäben
  • 14.06.2012 – Armatur des Volumenregelsystems ließ sich nicht verfahren
  • 09.06.2012 – Zwei elektrische Leitungen nicht an zugehörige Klemmenangeschlossen
  • 06.06.2012 – Brennelement-Zentrierstifte abgebrochen
  • 01.06.2012 – Undichtigkeit an einer Gebäudeabschlussarmatur

Auch das AKW Emsland – immer wieder als eines der „modernsten Atomkraftwerke Deutschlands“ gefeiert – zeigt eine identische Bilanz: seit dem 09.06. wurden bislang fünf Ereignisse an die Atomaufsicht gemeldet:

  • 23.06.2012 – Korrektur vertauschter Entwässerungsventilantriebe
  • 23.06.2012 – Störung der Brennelementlademaschine
  • 20.06.2012 – Reparatur einer Absaugleitung im Anlagenentwässerungssystem
  • 15.06.2012 – Austausch nicht spezifikationsgerechter Feinsicherungen
  • 15.06.2012 – Reparatur einer Entwässerungsleitung

Die beiden Meiler führen damit die Störfall-Statistik für 2012 an – und sollen noch bis 2019 (Philippsburg-2) bzw. 2022 (Emsland) weiterbetrieben werden. In der Gesamtbilanz haben sich nach unseren Aufzeichnungen bis heute fast 30 Störfälle in den verbleibenden neun Reaktoren ereignet – genauso viele wie im gleichen Zeitraum 2011.

Atomkraftgegner fordern erneut eine schneller Stilllegung der Meiler:

„Immer wieder müssen die Betreiber der AKW Störfälle melden, die durch Unachtsamkeit, Schlamperei oder technisches Versagen ausgelöst werden“, so Jan Becker von contrAtom. „Die Sicherheitskultur in den deutschen Atomanlagen hat Defizite – das haben nicht zuletzt die ‚Stresstests‘ belegt. Jeder weitere Störfall ist ein Beweis, dass die Anlagen alles andere als ’sicher‘ sind!“

  • Auch Forschungsreaktoren sind unsicher
    22. Juni 2012 – Erstmals sind Forschungsreaktoren einem Stresstest unterzogen worden. Das Ergebnis: auch Deutschlands  “kleine” Meiler sind nicht sicher. Abhilfe sollen neue Notfallbücher schaffen – doch gegen den Absturz eines Flugzeuges auf die Forschungseinrichtungen inmitten von Großstädten wird das kaum helfen. Atomkraftgegner fordern die Stilllegung der alten Reaktoren.
  • Sprengstoff in schwedischem AKW
    21. Juni 2012 – Auf dem Gelände des schwedischen Atomkraftwerkes Ringhals ist bei einer Routinekontrolle Sprengstoff auf einem Lastwagen entdeckt worden. Ein Block des AKW musste krüzlich notabgeschaltet werden. Auch in Spanien und der Schweiz kam es zu Störfällen. “Miserabel” sei die Sicherheitskultur in europäischen Atomanlagen, so Atomkraftgegner.

Quellen (Auszug): rwe.com, enbw.com; 25.06.2012