50 Jahre AKW-Laufzeit: Schweiz plant gefährliches Experiment
In der Schweiz steht das älteste Atomkraftwerk der Welt. Das Land hat nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima den Atomausstieg beschlossen. Und nun soll der Beznau-Meiler nach Plänen des Betreibers mehr als 50 Jahre alt werden. Atomkraftgegner warnen vor einem gefährlichen Experiment, denn in der Regel gehen AKW schon nach 25 Jahren in den Ruhestand.
„Sicherheit steht vor Wirtschaftlichkeit“, sagte Chef der Schweizer Betreiberfirma Axpo, Manfred Thumann am Mittwoch. Man wolle bis 2014 in das dienstälteste AKW der Welt weitere rund 700 Millionen Franken in Nachrüstungsprojekte investieren. 500 Millionen Franken koste eine autarke, erdbebensichere Notstromversorgung. Der Ersatz beider Reaktordruckdeckel schlage nocheinmal mit 100 Millionen Franken zu Buche – obwohl die Deckel „vollständig intakt“ seien, so der Betreiber. 2014 käme es dann zum Austausch. Man wolle „alles machen, dass die Anlagen länger als 50 Jahre laufen“ könne.
Der Druckreaktor 1 ist seit 1969 am Netz – und damit schon jetzt 43 Jahre alt. Das Ende Februar stillgelegte britische AKW Oldbury war bis dahin der älteste Block weltweit – nun folgt auf Platz zwei der Meiler Oyster Creek in den USA, der am 23.09.1969 in Betrieb ging. Nach derzeitigen Plänen soll er 2019 stillgelegt werden. In Beznau steht damit das dienstälteste kommerzielle AKW der Welt. Kein anderes großes Atomkraftwerk auf der Welt wird 2019 – der ursprüngliche Termin für die Stilllegung – so viele Jahre im Leistungsbetrieb gewesen sein, wie Beznau-1. Das Durchschnittsalter der Atomkraftwerke beträgt ca. 25 Jahre – schon das ist ein problematisches Alter, denn bisher sind Anlagen mit durchschnittlich 21 Jahren vom Netz gegangen. Dies bedeutet, dass es kaum Erfahrungswerte mit älteren Anlagen und deren Sicherheit gibt.
- Sicher ist nur eins: je älter die Anlage, desto höher das Sicherheitsrisiko.
Bei der derzeit laufenden Revision des Reaktors 1 war in Beznau kürzlich erst eine 10 Millimeter lange „Unregelmässigkeit“ an einer Schweissnaht im Innern des Reaktordeckels entdeckt worden. Im Jahr 2007 kam es zu einem größeren Zwischenfall, als die Notstromversorgung durch Starkregen und Hochwasser zusammenbrach. Nach 24 Stunden hätte es laut Vorschrift heruntergefahren werden müssen, jedoch normalisierte sich die Lage vorher wieder.
„Was der Schweizer Atomkonzern AXPO plant, ist schlicht Wahnsinn. Allein für den Profit soll ein Experiment laufen, dessen Risiko nur die Bevölkerung trägt. Denn kommt es zum GAU in dem alten Meiler, dann werden große Flächen verseucht“, so Jan Becker von contrAtom. „Die Schweiz will den Atomausstieg – und sollte sofort in Beznau damit beginnen!“
- Ältestes AKW der Welt steht in der Schweiz
24. Februar 2012 – Wenn Ende Februar das Atomkraftwerk Oldbury in England vom Netz geht, dann steht der älteste Reaktor der Welt in der Schweiz. Das AKW Beznau-1 wurde 1969 in Betrieb genommen und soll nach bisherigen Plänen 2019 im Alter von 50 Jahren abgeschaltet werden.
- Stresstest in der Schweiz: Erhebliche Mängel in Atomkraftwerken
5. Mai 2011 – In den fünf schweizer Atomkraftwerken sind erhebliche Mängel festgestellt worden. Besonders schlecht schneidet das alte AKW Mühleberg ab. Abgeschaltet werden die Meiler trotzdem nicht. Das ist die Bilanz nach dem ersten “Stresstest” nach Fukushima.
- Schweiz prüft den Atomausstieg
11. April 2011 – Von wegen isoliertes Deutschland: die Schweiz prüft nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima den Ausstieg aus der Atomenergie. Vor dem GAU wollte das Land noch mindestens zwei Reaktoren bauen.
Quelle (Auszug): http://www.bote.ch, 27.06.2012