Gericht entscheidet: begründete Sicherheitsmängel an Schweizer AKW Mühleberg
Ein weiterer Etappensieg für schweizer AtomkraftgegnerInnen: Das Bundesverwaltungsgericht erkennt an, dass die Mühleberg-KritikerInnen Sicherheitsbedenken in Bezug auf die Risse im Kernmantel glaubhaft dargelegten, so dass das Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) nun gesetzlich verpflichtet ist, die Sachlage zu überprüfen.
Besonders brisant ist die Situation nach dem Fund von Rissen in Reaktorbehältern in einem belgischen Atomkraftwerk: Seit Jahren weisen AtomkraftgegnerInnen darauf hin, dass der Kernmantel des alten Schweizer Meilers Mühleberg Risse habe. Zudem seien die Notsysteme nicht komplett gegen Erdbeben ausgelegt, die Notstromversorgung veraltet und die Notkühlung unzureichend. In der Folge des Super-GAU von Fukushima fordern AnwohnerInnen, dem AKW die Betriebsbewilligung aus Sicherheitsgründen zu entziehen.
Das Gericht entschied jetzt, dass die bisher untätige Behörde sich dem Anliegen annehmen müsse. Das UVEK sah bisher die Zweifel unbegründet, es lägen keine Gründe vor, um auf die Bewilligung zurückzunehmen. Das eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) gewährleiste die laufende Aufsicht. Diese Haltung lässt das Bundesverwaltungsgericht nicht gelten. Nun muss das Infrastrukturdepartement das Gesuch inhaltlich prüfen.
- Laut Gericht ist das Uvek aufgrund des Kernenergiegesetzes zur Überprüfung der Betriebsbewilligung verpflichtet, wenn ein konkreter und hinreichend begründeter Verdacht besteht, dass ein Entzugsgrund vorliegen könnte. Das ist in Mühleberg der Fall.
Im belgischen AKW Doel-3 waren mithilfe neuer Messverfahren Risse im Reaktormantel gefunden worde. Die Aufsichtsbehörde zweifelt sogar an einbem Neustart. Ein Behälter vom gleichen Hersteller, einer niederländischen Firma, die nicht mehr existiert, ist auch in Mühleberg verbaut.
Die Anwohner des AKW Mühleberg hatten bereits vor fünf Monaten einen juristischen Erfolg errungen. Das Bundesverwaltungsgericht hatte im vergangenen März ihre Beschwerde gegen die zeitlich unbeschränkte Betriebsbewilligung für das AKW gutgeheissen und den Betrieb aus Sicherheitsgründen auf Ende Juni 2013 befristet.
Auch Österreich erhöht den Druck auf das alte AKW: Ende Juli veröffentlichte das Umweltministerium eine gross angelegte Studie, die das Gefahrenpotenzial untersuchen liess. Die Verantwortlichen orten diverse technische Mängel und gehen im Falle eines schweren AKW-Unfalls von verheerenden Folgen aus. Bei ungünstiger Wetterlage müssten gar Teile der österreichischen Bevölkerung mit Jodtabletten versorgt werden und sich in Schutzräume begeben.
- Schwachstellen in Reaktorbehälter: Risse in belgischem AKW entdeckt
10. August 2012 – Ein Reaktorblock des belgischen AKW Doel ist von der Atomaufsicht bis auf weiteres stillgelegt worden. Es bestehe der Verdacht auf Risse im Reaktorbehälter vom Block 3. Baugleiche Anlagen stehen auf der ganzen Welt. In Belgien könnten zwei betroffene Meiler für immer stillgelegt werden.
- Schweiz: Atomaufsicht und Atomlobby manipulieren Erdbebenrisiko für AKW
17. Juli 2012 – Das Erdbeben-Risiko der Schweizer Atomkraftwerke wurde schön gerechnet. Gegenüber ihres Vorgängers HSK geht die Atomaufsichtbehörde ENSI künftig von einer Gefahr aus, die 20 Prozent niedriger ist als noch 2004 angegeben. Eine Experten-Studie hatte damals vor einem bisher vernachlässigten Erdbeben-Risiko gewarnt. Laut Atomkraftgegnern macht die Atomlobby massiv Druck auf die Ergebnisse – noch bevor sie überhaupt veröffentlicht wurden.
- Schweiz: AKW Mühleberg vor dem Aus
13. März 2012 – Erfolg für Atomkraftgegner in der Schweiz: nur nach umfangreichen Verbesserungen darf die Betriebsgenehmigung für das altersschwache Atomkraftwerk Mühleberg verlängert werden. Damit könnte dem Meiler schon im nächsten Jahr das endgültige Aus drohen. Am vergangenen Samstag hatten tausende Menschen für die Stilllegung protestiert.
Quellen (Auszug): nein-zu-neuen-akw.ch, tagesschau.sf.ch; 09.08.2012; 20min.ch, 22.07.2012