Ukraine: Kein Plan für den Atommüll
Die Ukraine hat noch keine Lösung für das Problem der Dauerlagerung von radioaktiven Abfällen, die Russland ab dem Jahr 2013 zurückliefern soll. Einmal mehr offenbart sich die weltweite Entsorgungs-Misere.
Der ukrainische AKW-Betreiber Energoatom liefert laut einem Abkommen mit der russischen Atomholding Rosatom regelmäßig abgebrannte Brennstäbe aus den 19 Atomreaktoren in die russische Atommüllfabrik Majak. Laut RIA Novosti sieht ein Basisabkommen vom Jahr 1993 unter anderem die Verpflichtung vor, hochaktive radioaktive Abfälle nach dem Ablauf von 20 Jahren seit ihrer ersten Entladung zurückzunehmen.
In Majak wird Kernbrennstoff aus zwei WWER-440-Reaktoren von Rovno verarbeitet, in einem weiteren Betrieb im russischen Krasnojarsk (Ostsibirien) wird bestrahlter Brennstoff aus WWER-1000-Reaktoren – davon sind 13 in Betrieb – zeitweilig gelagert. Für diesen Brennstoff gibt es zur Zeit keine effektive Verarbeitungstechnologie.
Nach ukrainischem Recht soll hochaktiver Atommüll in speziell ausgewählten geologischen Formationen endgelagert werden. Die Ukraine hat aber auch 35 Jahre nach der Inbetriebnahme des ersten Reaktors und 26 Jahre nach dem GAU von Tschernobyl noch keine Orte für die Endlagerung von Atommüll festgelegt. Bis heute verfügt das Land nur über Zwischenlager für radioaktive Abfälle. Ende 2005 gab die ukrainische Regierung bekannt, dass sie sich die Errichtung eines Atommüll-Endlagers für nukleare Rückstände auch für ausländische Staaten im radioaktiv verseuchten Tschernobyl-Komplex vorstellen könnte. Dagegen hatte es bereits Anfang 2006 von Seiten der ukrainischen Grünen Protest gegeben.
Im Auftrag der Europäischen Kommission erstellten Ende der 90er Jahre deutsche, englische und ukrainische Wissenschaftler eine „Machbarkeitsstudie“ (Feasibility study for an underground repository) für die Atommüll-Endlagerung in der Ukraine. In ihrem Abschlussbericht, der 1999 vorgelegt wurde, schlägt das Forscherteam ausgediente Erz- und Uranminen und ein Salzbergwerk bei Artemovsk als potenzielle Endlagerstätten für schwach- und mittelaktive Abfälle vor. Das Erz von Saksagan in der Nähe des Atomzentrums Zaporizhzha führte aus hydrogeologischen Erwägungen die Vorschlagsliste an. Bereits 1997 legte die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) eine Vorläuferstudie vor, in der ausgediente Bergwerke in der Ukraine auf ihre Eignung als mögliche Endlager vorgestellt wurden. Wolfgang Ehmke von der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg war 2000 zu einem Besuch in der Ukraine und sprach damals von „Billiglösungen“.
Nach dem GAU von Tschernobyl Block 4 im Jahr 1986 und der Abschaltung der drei weiteren, dortigen Reaktoren befinden sich noch 15 Blöcke an vier Standorten in Betrieb. Zwei Einheiten sind in Chmelnyzkyj seit mehr als 20 Jahren in Bau.
Quellen (Auszug): de.ria.ru, 17.08.2012/28.02.2006; shortnews.de, 09.12.05, castor.de, 19.08.2000