Status-Bericht: Immer weniger Atomkraft auf der Welt
Nach der Abschaltung des spanischen Atomkraftwerks Santa Maria de Garona befinden sich nunmehr noch 430 Reaktoren weltweit in Betrieb. Entgegen der Propaganda von der weltweiten Renaissance werden es immer weniger – vor allem in Europa.
In 2012 wurden zwei Meiler neu in Betrieb genommen: Shin-Wolsong-1 (27.01.) und Shin-Kori-2 (28.01.), beide in Südkorea. Dem gegenüber wurden drei Reaktoren stillgelegt: Oldbury-A1 (29.02.) und Wylfa 2 (25.04.), beide in England; sowie Santa Maria de Gorona am 16.12. in Spanien. Zudem gab es die offizielle Aufgabe der Baustelle im bulgarischen Belene, wo mit Unterbrechungen seit 1987 an zwei Blöcken gebaut wurde. Mit einer Volksabstimmung will das Land das endgültige Ende des Projekts noch verhindern.
Zwei kanadischen Reaktoren am Standort Bruce wurden aus einem „Long-Term-Shutdown“ wieder in Betrieb genommen (Block 1: 16.10.1997 – 19.09.2012, Block 2: 08.10.1995 – 16.10.2012).
Damit summieren sich die noch in Betrieb befindlichen Meiler weltweit auf 430. Die Internationale Atomenergie Organisation (IAEO) beziffert die Meiler auf 436. Im Unterschied zu den Berechnungen aus dem „World Nuclear Industry Status Report 2011“ nimmt die IAEO die endgültige Stilllegung der sechs Reaktoren von Fukushima (Daichi 5 und 6 sowie Diani 1-4) nicht an.
In Europa hat die von der Lobby erträumte “Atom-Renaissance” gnadenlos versagt: im finnischen Olkiluoto steigen die Kosten für den Bau des ersten „Europäischen Druckwasserreaktors“ (EPR) immer weiter und der Termin für eine mögliche Inbetriebnahme wird immer wieder nach hinten korrigiert. Von weiteren Projekten etwa in Holland wurde sich vor allem wegen des finanziellen Risikos verabschiedet. Beim zweite EPR-Projekt im französischen Flamanville explodieren die Kosten: Statt den anfangs veranschlagten 3,3 Milliarden Euro beziffert der französische Energiekonzern EdF die Kosten des „Prestige-Reaktors“ nun auf 8,5 Milliarden. Zudem belegt eine Studie von „Global Data“ aus Juni 2012, dass in 20 Jahren mehr als die Hälfte der 150 AKW in Europa stillgelegt sein werden. Soviele, wie in keiner anderen Region weltweit.
In 2012 ist die Liste der „Atomaussteiger“ bzw. Länder, in denen die Atomprogramme kräftig ins Stocken gekommen sind, u.a. wegen des GAU von Fukushima, weiter gewachsen: Weltweite Atomkraft-Aussteiger
- World Energy Outlook 2012: Strom aus Atomkraft wird weniger
23. November 2012 – Laut Hochrechnungen der Internationalen Energieagentur (IEA) wird der Anteil an Atomkraft im weltweiten Strommix weiter abnehmen. Bis 2035 nimmt die Lobbyorganisation eine Verringerung von 13% auf 12% an – rechnet aber trotzdem noch mit einem massiven Ausbau in zahlreichen Ländern. Immerhin revidiert die IEA ihre letztjährige Prognose leicht nach unten – und gesteht damit den Einfluss des Super-GAU von Fukushima auf die weltweite Entwicklung ein: sie sei “ungewisser” geworden.
- Eine Billionen in 20 Jahren: Atomkraft kommt Ländern richtig teuer
19. Oktober 2012 – Länder, die anders als Deutschland weiterhin auf die Atomkraft setzen, schieben nach Berechnungen des Internationalen Wirtschaftsforums Regenerative Energien (IWR) eine riesige Kostenwelle vor sich her. Alternde Atomkraftwerke werden immer anfälliger und teurer. Für den Ersatz müssten Länder wie Frankreich, USA, Russland oder Kanada etwa 1,1 Billionen Euro bis 2030 investieren.
- Weltweit 4,3 Prozent weniger Atomstrom
24. Oktober 2012 – Anfang des Jahres hieß es noch im Wallstreet Journal: “Atomkraft hat weltweit wieder Zukunft.” Aktuelle Zahlen besagen jedoch etwas anderes: Laut Erhebung der Internationalen Atomenergie-Agentur (IAEA) ist die weltweite Stromerzeugung aus Atomkraft um 4,3 Prozent gesunken- von 2.630 Milliarden Kilowattstunden im Jahr 2010 auf 2.518 Milliarden Kilowattstunden im Jahr 2011. Das ist der niedrigste Stand seit 2003.
- Realitätsverlust: IAEO träumt von 100 Prozent AKW-Wachstum
21. August 2012 – Die Internationale Atomenergie Organisation IAEO träumt noch immer von der “nuklearen Renaissance”. Trotz Fukushima sei die Atomenergie weltweit auf dem Vormarsch, bis 2030 könnte sich die Anzahl der Atomkraftwerke verdoppeln. Atomkraftgegner unterstellen der Lobbyorganisation Realitätsverlust.
- Statusbericht: Die meisten AKW-Neubauprojekte wurden storniert, verschoben oder annulliert
8. Juli 2012 – Die Atomkatastrophe von Fukushima hat die Situation der Atomindustrie weltweit dramatisch verändert: in zahlreichen Ländern werden Reaktoren stillgelegt und AKW-Projekte aufgegeben, schreibt Energieexperte Mycle Schneider im “World Nuclear Industry Status Report 2012?. Die Branche leidet aber nicht nur unter dem GAU, sondern auch unter der globalen Wirtschaftskrise, der Konkurrenz anderer Energiequellen, vornehmlich Gas und Erneuerbare, und eigenen Planungs- und Managementproblemen. Kurz: Die Atomenergie befindet sich im Niedergang – und Neubauten rechnen sich nicht mehr.
- Bilanz 1. Halbjahr 2012: Nur noch ein AKW Bau begonnen
2. Juli 2012 – Weltweit hält die Zurückhaltung bei der Atomkraft an. Im ersten Halbjahr 2012 wurde nur mit dem Bau eines einzigen AKW in Russland begonnen. Zwei seit Jahrzehnten betriebene Baustellen in Bulgarien wurden endgültig eingestellt. Zwei AKW begannen den Betrieb und zwei AKW wurden endgültig abgeschaltet.