Atommüll-Endlagerung im Ausland: Bundesregierung legt sich vor der Niedersachsenwahl nicht fest

Die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) wirft Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) in der Debatte über die geplante Atomgesetznovelle vor, die Öffentlichkeit mit Blick auf die Niedersachsenwahl hinters Licht zu führen. Zwar bekräftige der Minister andauernd den langjährigen Parteienkonsens über die ausschließliche Endlagerung von hochradioaktivem Atommüll im Inland, worüber er in der 14. Novelle des Atomgesetzes „definitiv Klarheit“ schaffen wolle. Tatsächlich gibt es nach Informationen der DUH fast zwei Wochen nach den öffentlichen Versprechungen des Ministers nicht einmal eine Aufforderung an die in seinem Hause zuständige Abteilung Reaktorsicherheit, eine unmissverständliche Formulierung in die umstrittene Atomgesetz-Novelle einzufügen.

Altmaiers Staatssekretärin Katherina Reiche (CDU) bestätigte dies indirekt am Mittwoch im Umweltausschuss des Bundestages: „Das vorliegende Gesetz gibt keinen Anlass zu vermuten, man wolle Türen offenhalten.“ (laut einer Pressemitteilung des Bundestages).

„Peter Altmaier wirft offenbar Nebelkerzen, um die öffentliche Debatte über mögliche Atommüllexporte unmittelbar vor der Landtagswahl unter Kontrolle zu bringen. Dabei wäre es gesetzestechnisch ein Leichtes für die schwarz-gelbe Bundesregierung, eine Klarstellung zum absoluten Vorrang der Inlandsendlagerung hochradioaktiver Abfälle in die Atomgesetznovelle einzufügen“, sagt der DUH-Bundesgeschäftsführer Michael Spielmann.

Er appelliert an Altmaier in dieser Frage, die mittlerweile auch massiv die Chancen auf einen Parteienkonsens über einen wissenschaftsbasierten Neustart der Endlagersuche belaste, nicht länger auf Zeit zu spielen.

Spielmann erinnert daran, dass der Bundesumweltminister zunächst jede Änderungsnotwendigkeit in dem Gesetzentwurf empört bestritten hatte und dann nach einem Aufschrei in der Öffentlichkeit vor zwei Wochen verbal zurückgerudert war. Öffentliche Bekenntnisse eines Ministers zur Inlandsendlagerung böten jedoch keinerlei Garantie, dass spätere Regierungen nicht doch den vermeintlich bequemen Ausweg der Endlagerung im Ausland wählten, wenn die Suche im Inland erneut auf Schwierigkeiten stoße.

Spielmann: „Man fragt sich, ob Altmaier nur taktiert oder sich im eigenen Haus nicht durchsetzen kann. Wir wollen den Ausweg Atommüllexport definitiv verschließen. Deshalb brauchen wir eine klare Formulierung im Gesetz, insbesondere nach dieser Vorgeschichte.“

Ursprünglich hatte die Bundesregierung eine EU-Richtlinie (2011/70/EURATOM), die die Endlagerung im Ausland als Ausnahme zulässt, jedoch keinen Mitgliedstaat dazu zwingt, zum Anlass genommen, das deutsche Atomgesetz faktisch für die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle im Ausland als Alternative zur Endlagerung im Inland zu öffnen, wenn auch unter engen Voraussetzungen. Darauf hatte die DUH in ihrer Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf hingewiesen und die Bundesregierung aufgefordert, den klaren Vorrang für die Inlandsendlagerung in der Gesetzesnovelle festzuschreiben.

Inzwischen fordert auch der Umweltausschuss des Bundesrats die Bundesregierung auf, „dafür Sorge zu tragen, dass die Endlagerung der in Deutschland angefallenen abgebrannten Brennelemente und radioaktiven Abfälle ausschließlich im Inland erfolgt“. Gegen den entsprechenden Antrag aus Schleswig-Holstein stimmten nur Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, bei einer Enthaltung aus Mecklenburg-Vorpommern (Bundesratsdrucksache 795/12).

In einem Schreiben an Umweltminister Altmaier erhebt auch die rheinland-pfälzische Wirtschafts- und Energieministerin Eveline Lemke (Bündnis 90/Die Grünen) nach Informationen der DUH grundlegende Einwände gegen den vorliegenden Gesetzentwurf. Lemke bittet Altmaier, das Gesetz wie von ihm angekündigt so zu überarbeiten, dass es die ausschließliche nationale Endlagerung der radioaktiven Abfälle vorsieht und einen Export ins Ausland zum Zwecke der Endlagerung ausschließt. In der vorliegenden Form gefährde Altmaiers Entwurf den angestrebten überparteilichen Konsens für die neue Endlagersuche, schreibt Lemke, die bei den Bund-Länder-Gesprächen die rot-grün bzw. grün-rot regierten Länder koordiniert.

  • “Das ist doch Unsinn”: Unser Atommüll bleibt hier
    5. Januar 2013 – Die vorgesehene 14. Änderung des Atomgesetzes schlägt Wellen. Insbesondere die Möglichkeit eines Exports von Atommüll steht im Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion. Die Führungsspitze der CDU ist sich unterdessen einig: Unser Atommüll bleibt hier, sagt Frau Merkel. Denn ein Export wäre “Unsinn” sagt Altmaier. Atomkraftgegner warnen vor Tricksereien und fordern die Verankerung eines Verbots von Atommüllschiebereien und das Umdeklarieren zu “Wertstoff” im Grundgesetz.

Quelle: duh.de; 18.01.2013