„35 Jahre Lug und Trug werden damit legitimiert“
Als ersten großen Streitpunkt haben Rot/Grün in Niedersachsen den Standort Gorleben auf der Tagesordnung. Die SPD will ihn von der Liste der möglichen Endlagerstandorte streichen, Die Grünen beharren darauf, dass der Standort im Verfahren bleibt. Atomkraftgegner warnen davor, Gorleben so zu legitimieren.
“Wenn Gorleben in dem Gesetz als Standort gesetzt bleibt, wird Gorleben auch Teil eines formalen Verfahrens. 35 Jahre Lug und Trug werden damit legitimiert”, warnte Wolfgang Ehmke, Sprecher der BI Lüchow-Dannenberg. „Damit würden alle politischen und wissenschaftlichen Ungereimtheiten auf einen Schlag geheilt werden.“
Mit Nachdruck fordern die Gorleben-Gegner deshalb von SPD und Grünen, bei den Koalitionsverhandlungen dafür zu sorgen, dass ein Endlager-Schnellgesetz – bei dem Schwarz/Gelb im Bund zur Zeit weiter auf Gorleben setzt – gestoppt wird.
„Wer Gorleben wegen der geologischen Schwachstellen und wegen des bisherigen betrügerischen Verfahrens beenden wolle, muss den Standort streichen“, meinen Atomkraftgegner. „Wir fordern seit langem eine umfassende gesellschaftliche Debatte des Atommüllproblems, bei dem aus den Fehlern in der Asse II und Gorleben endlich die politischen Konsequenzen gezogen werden. Kontroll- und Klagerechte dürften in einem späteren Endlagersuchgesetz nicht gekappt werden.“
Das Thema Gorleben stand am Dienstag im Mittelpunkt der Koalitionsverhandlungen von Sozialdemokraten und Grünen. Während sich der designierte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) mehrfach für den Ausschluss des Salzstocks im Wendland ausgesprochen hat, tragen die Grünen in Niedersachsen einen Parteitagsbeschluss mit, nach dem Gorleben zunächst im Verfahren bleiben soll. Anhand von „Kriterien“ soll er dann im ersten Schritt gegenüber anderen Standorten rausfallen.
Mathias Edler von Greenpeace weist darauf hin, dass diese Taktik ein Trugschluss sei:
„Schon bei der Formulierung der ersten Kriterien achten alle Beteiligten darauf, dass Gorleben nicht aus dem Verfahren herausfällt. Denn wenn Gorleben weg wäre, bestünde die realistische Möglichkeit, dass der Atommüll doch in Bayern oder Baden-Württemberg landet“, so Edler.
In dem kürzlich veröffentlichten Entwurf des Endlagersuchgesetzes waren erstmals in einem beigefügtem Anhang Mindestanforderungen und Ausschlusskriterien genannt worden, die beweisen würden, dass Gorleben in der ersten Stufe des geplanten Verfahrens nicht herausfallen wird. Unter anderem fehle der Hinweis auf fehlendes, wasserabdichtende Deckgebirge über dem Salzstock, das jahrzehntelang als ein wichtiger Teil des sogenannten Mehrbarrierensystems zur Abschirmung der tödlich giftigen Radionuklide vor der Biosphäre galt.
Wer also Gorleben weiter im Rennen lässt, der setzt sich auch dafür ein, dass am Ende Gorleben Endlager für hochradioaktiven Atommüll wird.
- “ein Ränkespiel auf Kosten von Umwelt und Bürgern”
29. Januar 2013 – Das Endlagersuchgesetz ist “ein Ränkespiel auf Kosten von Umwelt und Bürgern”, meint Mathias Edler, Atomexperte von Greenpeace. Gorleben wird in der ersten Stufe des geplanten Endlagersuchverfahrens nicht herausfallen, obwohl auch Grünen-Politiker wie die umweltpolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion Sylvia Kotting-Uhl dies in der Vergangenheit gerne wiederholt behauptet haben.
- Altmaiers Wortbruch: Neuer Entwurf für Endlagersuchgesetz
28. Januar 2013 – Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) hat einen neuen Vorschlag für eine bundesweite Endlagersuche vorgestellt. Es soll so ein Kompromiss zwischen schwarz/gelb und rot/grün herbeigeführt werden: mehrere Standorte sollen bundesweit auf ihre Eignung als Endlager hin untersucht werden, darunter auch der bisher favorisierte Salzstock in Gorleben. Dieser könne aber jederzeit ausscheiden. Die Vergleichskriterien sollen im Verlauf des Verfahrens entwickelt werden, sich aber an früheren rot-grünen Vorschlägen orientieren. Atomkraftgegner werfen Altmaier Wortbruch vor.
Quellen (Auszug): blog.greenpeace.de, dapd, bi-luechow-dannenberg.de; 05.02.2013