Fukushima-Dekontaminierung funktioniert nicht
Der staatliche japanische Nachrichtensender NHK vermeldete kürzlich die Reduktion der Strahlenbelastung in der von der Nuklearkatastrophe 2011 betroffenen Region Fukushima um 40 Prozent aufgrund von natürlichem Zerfall der Strahlenprodukte und der Auswaschung von Radionukliden in Flüsse und Seen. MitarbeiterInnen von GLOBAL 2000 waren im Dezember 2012 selbst vor Ort und führten Messungen durch. Diese Messungen in der betroffenen Region zeigen ein anderes, sehr deutliches Bild: Die Dekontaminierung der Region ist oberflächlich und nicht zu Ende gedacht, Menschen werden in radioaktiven Hotspots zurückgelassen – ohne adäquate Entschädigung und mit dem permanenten Risiko der Aufnahme von radioaktiven Partikeln durch Atmung, Nahrung oder Wasser.
„Der radioaktive Zerfall von Cäsium-134 mit einer Halbwertszeit von zwei Jahren führt jetzt zu einer Reduktion der Strahlenbelastung, wie auch das japanische Fernsehen berichtet hat. Es ist aber ein Irrglaube, dass dieser Abfall so weitergehen wird: Das viel langlebigere Isotop Cäsium-137 mit einer Halbwertszeit von 30 Jahren und andere Spaltprodukte wie das extrem krebserregende Plutonium werden die Region noch auf Jahrhunderte zu einem radioaktiven Minenfeld machen“, sagt Dr. Reinhard Uhrig, Atomexperte von GLOBAL 2000.
Anlässlich des zweiten Jahrestages der Nuklearkatastrophe warnen die offiziellen Stellen immer wieder vor „baseless rumours“ (haltlosen Gerüchten) über die Strahlengefahren, die die Menschen angeblich kranker machen würden als die Strahlung selbst. Doch die Effektivität der Dekontaminierung in Japan wird auch von einem offiziellen Report des japanischen Umweltministeriums in Frage gestellt, der in einem Vorher-Nachher-Vergleich zu ernüchternden Ergebnissen kommt: Zwischen 66 Prozent und nur 19 Prozent sank der Strahlungswert, obwohl die behandelten Häuser sowohl gereinigt als auch die Erde und Gras um sie herum abgetragen wurden.
„NHK geht also von einem Rückgang um fast die Hälfte der Strahlung ‚ganz von selbst‘ aus, während das Ministerium zugibt, dass selbst bei aktiver Reinigung des Gebiets stellenweise nur 19 Prozent Rückgang gemessen werden konnte – dieser Widerspruch ist wohl selbsterklärend“, sagt Uhrig.
Uhrig sah die Ergebnisse dieser ‚aktiven‘ Vorgehensweise vor Ort: Während radioaktive Partikel mit Hochdruckreinigern und Bürsten von den Häusern heruntergewaschen und die oberen fünf Zentimeter Erde in einem Radius von 20 Metern um die Häuser abgetragen wurden, maß GLOBAL 2000 mit einem Geigerzäher direkt daneben radioaktive Hotspots.
„An Moos, das durch die Ritzen im Asphalt direkt neben einem Wohnhaus in Fukushima City wuchs, haben wir eine Strahlendosis von vier Mikrosievert pro Stunde gemessen – auf ein Jahr hochgerechnet würde der japanische Strahlenschutzgrenzwert von einem Millisievert um das 35-Fache überschritten, wenn man nur in der Nähe dieses Mooses steht, geschweige denn Partikel einatmet oder über Kontakt mit den Händen in den Mund bekommt“, betont Uhrig. „Es ist klar, in welcher Gefahr sich die Kinder in dieser betroffenen Region befinden. Die Menschen in Fukushima vor ‚baseless rumours‘ und nicht vor der Strahlung zu warnen und endlich zu evakuieren, ist grob fahrlässig“.
Quelle: global2000.at; 05.03.2013