Endlager-Kompromiss abgelehnt!
Bei dem Spitzentreffen von Bund und Ländern am kommenden Dienstag solle Niedersachsen das Gesetz trotz eines zuvor mit Altmaier erzielten Kompromisses ablehnen, fordern Atomgegner. Für den 09. April ist in Berlin eine Protestkundgebung geplant.
Das geplante Gesetz ist „vorschnell und unlogisch“, betonen Vertreter von Initiativen und Organisationen gestern in Hannover. Mit der voreiligen Gesetzesverabschiedung würden Altmaier und die niedersächsische Landesregierung „das Pferd von hinten aufzuzäumen“, heißt es bei Greenpeace. Der Gesetzesentwurf zur Suche nach einen Endlager soll nach der Abstimmung in Bundestag und Bundesrat bereits am 5. Juli in Kraft treten.
Die im Gesetz geplante Einrichtung einer Enquete-Kommission soll innerhalb von zwei Jahren den Suchprozess organisieren und eine Entscheidung über das Endlager treffen – also lange nachdem das Gesetz in Kraft getreten ist. Bei dem Prozess wird der Salzstock Gorleben als mögliches Endlager nicht ausgeschlossen, soll aber später anhand von besonders strengen Kriterien herausfallen – so hoffen es zumindest die Grünen.
„Es ist ein Gebot der Vernunft, erst die Ergebnisse der Kommission abzuwarten und dann ein Gesetz zu beschließen“, sagt Greenpeace-Atomexperte Mathias Edler. „Die gleichen Parteien, die jetzt ein falsches Endlagersuchgesetz verabschieden, besetzen die Enquete-Kommission. Wie soll diese Kommission zu neuen Ergebnissen kommen, wenn sie auch noch gegen ein bereits verabschiedetes Gesetz arbeiten muss, zu dem sie einmal ja gesagt hat?“
Wolf-Rüdiger Marunde, Sprecher der Bäuerlichen Notgemeinschaft Lüchow-Dannenberg sieht in Altmaiers Vorgehen einen „geschickten Schachzug, mit dem die Parteien ihr bereits ausgehandeltes Endlagersuchgesetz jetzt schon festzurren und gegen unerwünschte Nachbesserungen absichern können“.
Altmaier „kann jetzt auf die Zustimmung zu einem Gesetz rechnen, das Gorleben im Verfahren belässt, die Enquete-Kommission wird daran nichts mehr ändern”, warnt Wolfgang Ehmke, Sprecher der BI Lüchow-Dannenberg. „Es wird im Wesentlichen bei dem Altmaier’schen Gesetz bleiben, aber dann legitimiert durch die Kommission.“
Man habe den Plan durchschaut, mit dem Altmaier sich die Zustimmung Niedersachsens erkauft habe. Deshalb fordern die Anti-Atom-Initiativen, die Verabschiedung des Gesetzes zurückzustellen, bis die Ergebnisse der Enquete-Kommission vorliegen. Die niedersächsische Landesregierung solle zudem Wahlversprechen halten, und aus diesem Plan aussteigen.
„Wenn Altmaier dieses Gesetz durchpaukt, bevor die Enquête-Kommission ihre Arbeit aufnimmt, erweist er der Atommüllfrage den größten denkbaren Bärendienst seit der damalige niedersächsische Ministerpräsident Ernst Albrecht (CDU) 1977 den Salzstock Gorleben als einzigen Standort für ein Atommüllendlager benannt hat. Wer die Sicherheit der Bevölkerung vor dem tausende Jahre lang tödlich strahlenden Atommüll ernst nimmt, der macht jetzt keine Schnellschüsse per Gesetz“, so Mathias Edler von Greenpeace.
Protest am Dienstag in Berlin
Umweltverbänden und Anti-Atom-Initiativen rufen anlässlich des entscheidenden Treffens der Ministerpräsidenten mit Bundesumweltminister Altmaier und den Bundestags-Fraktionschefs zu Protesten auf:
- Dienstag, 9. April, 12.15 Uhr
In Berlin, vor der Landesvertretung Niedersachsens, An den Ministergärten 10, (genau zwischen Brandenburger Tor und Potsdamer Platz)
- Atommüllproduktion stoppen – Castor-Transporte aussetzen!
28. März 2013 – Nachdem die Bundesregierung die Castortransporte nach Gorleben “unbefristet” aussetzen will, brauchen die Behälter aus den Wiederaufarbeitungsanlagen andere Ziele in Deutschland. Die Politik ist bemüht, möglich sind zum Beispiel die Standortlager am AKW Philippsburg oder Brunsbüttel. Atomkraftgegner meinen: Atommüllproduktion stoppen und Castortransporte aussetzen – bis eine wirkliche Entsorgungslösung gefunden ist.
- Drei Mann in einem Boot: Altmaier, Weil und Wenzel im brüderlichen Einvernehmen zum “Standortsuchgesetz”
26. März 2013 – Das ging schnell. Kaum hat die neue rot-grüne Landesregierung in Niedersachsen sich vehement gegen das Verbleiben Gorlebens in Standortsuchgesetz für Atommüll ausgesprochen, kaum war der Koalitionsvertrag fertig geschrieben, reisten Ministerpräsident Stephan Weil und sein Umweltminister Stefan Wenzel nach Berlin, um mit Bundesumweltminister Peter Altmaier einen gemeinsamen Gesetzesvorschlag auszukungeln, der Gorleben nicht von vorne herein ausschließt. Ein Kommentar von Antonia Uthe, atomkritische Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad.
- Gorleben: Keine Castortransporte mehr, zweijährige Galgenfrist
25. März 2013 – Erst am Mittwoch hatte Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel Gorleben besucht und betont: der Standort muss vom Tisch. Wenige Tage später verkündet er gemeinsam mit Bundesumweltminister Altmaier und Ministerpräsident Weil eine “Einigung” im Streit um das geplante Endlagersuchgesetz: keine Castortransporte mehr nach Gorleben, aber Gorleben bleibt vorerst im Topf. Zwei Jahre soll ein neues Moratorium weilen, während dessen eine Enquete-Kommission Kriterien für einen Endlagerstandort entwickeln und so “Aktzeptanz” in der Bevölkerung schaffen soll. Atomkraftgegner meinen: Mogelpackung.
Quellen (Auszug): bi-luechow-dannenberg.de, ausgestrahlt.de, greenpeace.de, greenpeace-magazin.de, dpa; 04./05.04.2013