Gutachten: Verbot von Atommüllexport ist möglich
Ein Gutachten der grüne Bundestagsfraktion zeigt: Die Bundesregierung könnte den Export von Atommüll ohne Mühe gesetzlich verbieten. Bundesumweltminister Altmaier bekräftigte zwar noch einmal, dass ein Export nicht geplant sei. Ein Verbot gibt es trotzdem nicht. Kritiker vermuten ein „Schlupfloch“, dass als Möglichkeit offen gehalten werden soll. Denn der Export findet ohnehin statt.
- „Eine Entsorgung in anderen Ländern und ein Export von radioaktiven Abfällen zur Endlagerung kommen nicht in Betracht“, heißt es im heute vom Kabinett beschlossenen Entwurf des Standortauswahlgesetz.
Die schwarz-gelbe Bundesregierung hält sich dennoch zur Zeit trotz der vollmundigen Bekundungen zur „Endlagersuche“ ganz bewusst Optionen offen, um möglicherweise einen Export von Atommüll ins Ausland zu ermöglichen. Das könnte zum Beispiel nötig werden, wenn die Suche nach einem neuen Endlagerstandort scheitert.
Ein Team um den Wirtschaftsjuristen Alexander Roßnagel von der Universität Kassel hat im Auftrag der grüne Bundestagsfraktion ein Gutachten verfasst und Anfang des Monats veröffentlicht, in dem es heisst, dass die Bundesregierung ein Verbot des Exports von etwa verbrauchten Brennelementen „ohne Probleme eindeutig gesetzlich regeln“ könnte. Ein explizites Verbot würde „nur das bereits bestehende implizite Verbot stärker zum Ausdruck“ bringen und würde auch „nicht gegen europäisches Verfassungsrecht verstoßen“.
Die Bundesregierung überarbeitet derzeit das Atomgesetz um eine EU-Richtlinie umzusetzen. Ein darin neu aufgenommener Paragraph 3a regelt erstmals die sogenannte „Verbringung radioaktiver Abfälle oder abgebrannter Brennelemente zum Zweck der Endlagerung“. Genau dort fehlt aber ein Passus, der explizit den Export des Mülls verbietet. Bundesumweltminister Altmaier hatte Anfang Januar den Export von Atommüll als „Unsinn“ abgetan, Anfang März wurden Pläne des Atomkonzerns EnBW bekannt, der die Verbringung von Atommüll nach Russland ernsthaft in Erwägung gezogen hatte.
- Das Gutachten zeigt nun, dass ein explizites Verbot im Atomgesetz die Debatte für immer beenden könnte.
Die Forderung an Minister Altmaier ist eindeutig, sagt Sylvia Kotting-Uhl, atompolitische Sprecherin der Grünen in der „ZEIT“: Der Atommüllexport muss gesetzlich verboten werden, um die Ernsthaftigkeit der Endlagersuche nicht zu gefährden. Sich mit der Exportoption aus der Verantwortung stehlen zu wollen, wäre mit unkontrollierbaren und unverantwortlichen Risiken verbunden.
- “Das ist doch Unsinn”: Unser Atommüll bleibt hier
5. Januar 2013 – Die vorgesehene 14. Änderung des Atomgesetzes schlägt Wellen. Insbesondere die Möglichkeit eines Exports von Atommüll steht im Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion. Die Führungsspitze der CDU ist sich unterdessen einig: Unser Atommüll bleibt hier, sagt Frau Merkel. Denn ein Export wäre “Unsinn” sagt Altmaier. Atomkraftgegner warnen vor Tricksereien und fordern die Verankerung eines Verbots von Atommüllschiebereien und das Umdeklarieren zu “Wertstoff” im Grundgesetz.
- Deutscher Atommüll nach Krasnojarsk? EnBW erwog Atommüll-Export
1. März 2013 – “Teile der deutschen Atombranche” arbeiten laut Süddeutsche Zeitung weiter an konkreten Pläne für eine Entsorgung von Atommüll im Ausland. Die Überlegungen bei EnBW seien “durchaus fortgeschritten” gewesen, strahlenden Abfall in Russland zu verklappen. Heute seien die Pläne aber “längst beerdigt”. Atomkraftgegner fordern erneut ein definitives Exportverbot.
- DUH: Altmaier hält nicht Wort – keine Klarheit beim Atommüll-Export
13. Februar 2013 – Entgegen einer klaren Ankündigung vom 7. Januar weigert sich Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) weiter standhaft, in der geplanten 14. Atomgesetznovelle ein Exportverbot oder jedenfalls den Vorrang der Endlagerung hochradioaktiven Atommülls im Inland unmissverständlich festzuschreiben. Nach Informationen der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH) hat es zu keinem Zeitpunkt einen Auftrag Altmaiers gegenüber der Abteilung Reaktorsicherheit gegeben, den Gesetzentwurf entsprechend zu überarbeiten.
- Deutscher Atommüll-Export: Jülicher Castoren sollen in die USA
3. Februar 2013 – Vor genau zwei Jahren schloss die Bundesregierung eine längere Lagerung des Atommülls in 152 Castorbehältern im Zwischenlager auf dem Gelände des Forschungszentrums Jülich aus. Die Überreste des Forschungsreaktors sollten in das Zentrale Brennelementelager nach Ahaus gebracht werden. Das Land NRW und Atomkraftgegner protestierten – und der Transport wurde abgesagt. Nun scheint es eine Einigung zu geben: der Müll kommt in die USA.
- Atommüll-Exporte finden bereits statt: Atom-Lobbyist Hennenhöfer leitet das Verfahren
8. Januar 2013 – Zur Debatte um die geplante Aufnahme von Atommüll-Exporten ins Atomgesetz erklärt Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt: Die Bundesregierung will den Export von Atommüll gesetzlich zulassen, spricht jetzt aber davon, dass die Entsorgung im Inland auch weiterhin ‘Vorrang’ haben solle. Damit gibt Umweltminister Altmaier allerdings selbst zu, dass die Entsorgung radioaktiver Abfälle im Ausland als Plan B zukünftig eine Rolle spielen soll. Wenn der Atommüll-Export erst einmal im Gesetz steht, dann wird er früher oder später auch stattfinden.
Quelle (Auszug): zeit.de, 09.04.2013