ARD-Doku / Kinderkrebs in Sibirien: Hat Urananreicherung in Gronau weltweite Auswirkungen?
Mit großer Betroffenheit reagieren die Anti-Atomkraft-Initiativen im Münsterland und der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) auf die ARD-Dokumentation „Gott und die Welt“, die am gestrigen Sonntag (26. Mai) über den krebskranken Jungen Nikita aus dem sibirischen Angarsk berichtete. Nikita wird in Hannover gegen seine Krebserkrankung behandelt.
In Angarsk lagern auf dem Gelände der dortigen Urananreicherungsanlage auch mehrere Tausend Tonnen Uranmüll aus dem westfälischen Gronau, das zwischen 1995 und 2009 von der Firma Urenco aus der einzigen deutschen Urananreicherungsanlage zur Endlagerung dorthin transportiert wurde.
Schon seit Jahren beklagen russische Umweltschützer, dass der deutsche Uranmüll in Angarsk nicht sicher lagere. Die Umweltjournalistin Svetlana Slobina aus Angarsk berichtete z. B., dass jedes Jahr mehrere Dutzend Uranfässer aufgrund von Rissen repariert werden müssten. Doch die Firma Urenco lehnte jetzt gegenüber der ARD erneut eine Mitverantwortung für die Folgen der eigenen Atommüllentsorgung in Russland ab.
„Das Verhalten der Urenco empört uns: In Russland lagern insgesamt 27 000 Tonnen Uranmüll aus Gronau an vier Standorten unter freiem Himmel. Die Krebsrate rund um die Uranfabrik in Angarsk ist selbst nach offiziellen Angaben deutlich höher als im russischen Durchschnitt, doch Urenco interessiert das nicht. Wir fordern, dass die Urenco und die Bundesregierung Verantwortung für die Atommülllagerung und ihre Folgen in Russland übernehmen“, erklärte Udo Buchholz vom Arbeitskreis Umwelt (AKU) Gronau.
Buchholz verlangt zudem vollständige Aufklärung über die Geschäftsverbindungen und Urantransporte zwischen dem Urenco-Konzern und der Uranfabrik in Angarsk.
„Es ist beeindruckend, wie die betroffenen Menschen in Russland mit ihrer Situation umgehen. Auf Demonstrationen und Veranstaltungen in Deutschland weisen sie immer wieder auf die massiven Probleme der Atommülllagerung hin. Wir werden diese schwierige Arbeit weiterhin solidarisch unterstützen“, so Matthias Eickhoff von der Initiative SOFA (Sofortiger Atomausstieg) Münster.
Empört sind die Atomkraftgegner über die Äußerungen einer FDP-Vertreterin am letzten Mittwoch (22. Mai) im Gronauer Stadtrat. Die FDP beschwerte sich über angeblichen „Demotourismus“ zur Urananreicherungsanlage, der dem Image der Stadt schade. Doch in der Realität schadet die Urananreicherungsanlage dem Image der Stadt Gronau und dem Münsterland als Region.
„Die Urananreicherung der Urenco hat weltweite Auswirkungen: Im sibirischen Angarsk verschlechtert Gronauer Uranmüll die Gesundheitslage der Menschen, in Hamburg lag am 1. Mai Urenco-Uranhexafluorid auf einem brennenden Schiff und der japanische Fukushima-Betreiber Tepco wurde ebenfalls von Urenco beliefert. Da sollte sich in Gronau niemand wundern, dass aus vielen Orten und Ländern betroffene Menschen nach Gronau kommen, um von Urenco Rechenschaft zu verlangen. Dieser Protest wird in den kommenden Jahren weiter anhalten, denn die realen Probleme der Urananreicherung lassen sich nicht wegdiskutieren. Dazu gehört die große Sorge, dass der Uranmüll nun in Gronau selbst faktisch endgelagert werden soll und damit Zustände wie in Angarsk eintreten können“, so Willi Hesters vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen.
- 10.000 Unterschriften gegen Uranfabrik
7. März 2013 – Über 10.000 Unterschriften für die Stilllegung der Uranfabrik in Gronau sind gestern von ROBIN WOOD und Initiativen aus NRW dem für Atomaufsicht zuständigen Wirtschaftsministerium übergeben worden. Mit den Unterschriften wird die umgehende Stilllegung der Anlage gefordert. Das Ministerium ist gleichzeitig die Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde für den Betrieb der UAA.
- Gutachten: Verbot von Atommüllexport ist möglich
24. April 2013 – Ein Gutachten der grüne Bundestagsfraktion zeigt: Die Bundesregierung könnte den Export von Atommüll ohne Mühe gesetzlich verbieten. Bundesumweltminister Altmaier bekräftigte zwar noch einmal, dass ein Export nicht geplant sei. Ein Verbot gibt es trotzdem nicht. Kritiker vermuten ein “Schlupfloch”, dass als Möglichkeit offen gehalten werden soll. Denn der Export findet ohnehin statt.
- Deutscher Atommüll nach Krasnojarsk? EnBW erwog Atommüll-Export
1. März 2013 – “Teile der deutschen Atombranche” arbeiten laut Süddeutsche Zeitung weiter an konkreten Pläne für eine Entsorgung von Atommüll im Ausland. Die Überlegungen bei EnBW seien “durchaus fortgeschritten” gewesen, strahlenden Abfall in Russland zu verklappen. Heute seien die Pläne aber “längst beerdigt”. Atomkraftgegner fordern erneut ein definitives Exportverbot.