Russland: Bau des AKW Kaliningrad abgesagt
In allen möglichen Ländern unterstützt Russland den Bau von neuen Atomkraftwerken. Zuletzt machten sie sich für einen Reaktor in Vietnam stark. Doch das Projekt Kaliningrad im eigenen Land wurde nun abgesagt. Atomkraftgegner hatten jahrelang gegen die Pläne protestiert.
Das „Baltic Nuclear Power Plant“ mit 2 Reaktoren und einer Leistung von ja 1.170 Megawatt sollte in Kaliningrad von der russischen Firma Rosatom nur 10 Kilometer von der Litauschen Grenze entfernt errichtet werden. Laut der NGO Ecodefense haben sich 67 Prozent der Kaliningrader Bevölkerung gegen das Projekt ausgesprochen, ebenso wie das EU-Mitgliedsland Litauen. Atomkraftgegner weisen zudem darauf hin, dass bei der Planung des AKWs gesetzlich vorgeschriebene Sicherheitsnormen verletzt worden seien: Es wurde weder eine Prüfung des seismischen Risikos am Standort vorgenommen, noch wurde ein Plan für den Umgang mit dem hochradioaktiven Abfall vorgelegt. Die Unfallanalyse ist völlig unzureichend und geht davon aus, dass sich selbst die Auswirkungen eines ernsten Unfalls auf das Reaktorgelände beschränken würden. Dementsprechend existieren keine Notfallpläne für die Evakuierung der örtlichen Bevölkerung.
Das Kraftwerk war ausschließlich für den Stromexport in die EU gedacht, die Region braucht die zusätzliche Energie nämlich gar nicht. Wirtschaftsminister Rösler verhandelte unmittelbar nach dem Ausstiegsbeschluss im Sommer 2011 über russischen Atomstromimport nach Deutschland. Dafür war ein spezielles Unterseekabel durch die Ostsee im Gespräch. Darüber hinaus wollte die deutsche HypoVereinsbank Zulieferungen der Firma Alstom für das Kaliningrader AKW mit einem Exportkredit finanzieren.
Nun hat Russlands Präsident Putin nach jahrelangen Vorbereitungen das Projekt gestern endgültig abgesagt: Es hätten sich keine europäischen Investoren finden lassen.
„Atomkraft ist nicht finanzierbar, selbst mit dieser starken politischen Unterstützung, wie sie der Atomkraft in Russland geboten wird“, sagt Patricia Lorenz, Atomsprecherin von GLOBAL 2000.
Damit falle auch eines der meist strapazierten Argumente der Ausstiegsgegner in Europa, wonach der Strommarkt mit Strom aus den Atomkraftwerken der EU-Nachbarländer geflutet und somit den eigenen Ausstieg konterkarieren würde. Kaliningrad sei ein weiterer Rückschlag für die internationale Atomindustrie, aber leider nicht das Ende. Auch auf EU-Ebene müsste verhindert werden, dass neue Atomkraftwerke durch neue Förderungen ermöglicht würden.
Die nuklearen Pläne in der Region sind widersinnig: Auch das benachbarte Litauen plant den Bau eines AKW, als Ersatz für zwei alte, stillgelegte Blöcke in Ignalina. Kaliningrad wäre direkte Konkurrenz, weshalb Litauen auf EU-Ebene eine Resolution angestrengt hatte. Die Bevölkerung Litauens votierte aber mit großer Mehrheit Ende 2012 gegen das geplante AKW im eigenen Land – und Algirdas Butkevicius, Ministerpräsident Litauens, kippte die Pläne.
- Litauen kippt Bau von neuem AKW
12. November 2012 – In einer Volksbefragung votierte eine große Mehrheit gegen das Projekt – jetzt sagt der designierte litauischer Premier den umstrittenen AKW-Bau in Visaginas ab. Ein großer Erfolg für die Atomkraftgegner und Demokratie im Lande, aber auch ein klares Zeichen gegen die angebliche “nukleare Renaissance” in Osteuropa.
- Ostsee-Kabel: Kein Atomstrom durch die Hintertür!
25. Januar 2013 – Die Bundesregierung plant, Strom aus der russischen Exklave Kaliningrad über eine Unterseetrasse durch die Ostsee nach Deutschland zu bringen. Aus einem Atomkraftwerk, das hauptsächlich für den Stromexport nach Deutschland gebaut werden soll. Damit nicht genug: Die Trasse soll auch noch von EU-Geldern finanziert werden.
- “Keine Einschränkung der Arbeit von Umwelt- und Menschenrechtsinitiativen” – Durchsuchungen auch bei russischen Umwelt-Organisationen
3. April 2013 – Anti-Atomkraft-Initiativen und Umweltverbände fordern von der russischen Regierung die sofortige Einstellung sämtlicher staatlicher Repressionsmaßnahmen gegen zivilgesellschaftliche Organisationen sowie eine Aufhebung der 2012 erlassenen diskriminierenden Gesetze, z. B. in Bezug auf die Registrierung als „Agenten“. Aktuell fanden auch bei Umweltorganisationen wie der Ökologischen Baikalwelle in Irkutsk sowie Bellona in St. Petersburg staatliche Durchsuchungen statt.
Quellen (Auszug): oekonews.at; 28.05.2013