Vorzeitige Stilllegung möglich: Atomkraftwerke kaum noch rentabel
Der Betrieb vieler Kraftwerke rechnet sich nicht mehr, so RWE-Chef Peter Terium. Möglicherweise könnte die Abschaltung einzelner Atomkraftwerke früher als mit dem Ausstieg vereinbart geschehen, weil die Anlagen kaum noch rentabel betrieben werden können.
Nach Informationen der „Welt“ prüfen die Betreiber der deutschen Atomkraftwerke bereits eine vorzeitige Stilllegung vieler Anlagen, weil sich ihr Betrieb aufgrund drastisch gefallener Börsenpreise nicht mehr rechnet.
Dank des umfangreichen Zubaus von Erneuerbaren Energien haben sich die Großhandelspreise für Elektrizität in den vergangenen vier Jahren halbiert. Die Vorstandschefs von E.on und RWE erklärten daher bei der Vorlage der Quartalszahlen in dieser Woche, künftig eine Vielzahl von relativ teuer produzierende Gas- und Kohlekraftwerke vom Markt nehmen zu wollen.
- Doch laut „Welt“ geraten nun selbst abgeschriebene Atomkraftwerke an den Rand ihrer Wirtschaftlichkeit oder sogar darüber hinaus. Die Konzerne würden „nur noch knapp die Vollkosten der Kernkraftwerke“ verdienen.
Nach Informationen aus Branchenkreisen brauchen Atomkraftwerke zur Deckung ihrer Vollkosten normalerweise einen Börsenpreis von 25 bis 30 Euro pro Megawattstunde. Die Brennelementesteuer belastet die Anlagen aber mit zusätzlichen 15 Euro pro Megawattstunde. Doch ein Niveau von mindestens 40 Euro pro Megawattstunde wird am Terminmarkt bereits heute deutlich unterschritten. Und die Großhandelspreise sollen nach Einschätzung von Marktbeobachtern auf nicht absehbare Zeit weiter fallen. Doch trotzdem werden die Reaktoren weiterbetrieben, weil die produzierte Elektrizität in der Regel als Termingeschäft bis zu drei Jahre im Voraus verkauft wird.
Die Brennelementesteuer wird fällig, sobald im Rahmen der Jahresrevision frische Brennelemente in die Reaktoren eingebracht werden. Daher würden laut „Welt“ „einige Betreiber“ bereits rechnen, ob ihre Atomanlagen nicht vor dem nächsten Brennelemente-Wechsel stillgelegt werden sollten. Allerdings muss die Stilllegung eines Kraftwerks ein Jahr im Voraus der Bundesnetzagentur angezeigt werden.
Ein vorgezogener Atomausstieg würde zu Engpässen in der Energieversorgung vor allem in Bayern und Baden-Württemberg führen, attestiert indirekt Stephan Kohler, der Chef der halbstaatlichen Deutschen Energieagentur (Dena). Die Bundesregierung würde so in die „hochpeinliche Situation“ kommen, die Stilllegung von Atomkraftwerken verbieten zu müssen, ist seine Schlussfolgerung.
Atomkraftgegner hingegen fordern größere Anstrengungen für die Energiewende und damit den vollständigen Ersatz für die letzten neun Atomkraftwerke. Zudem belief sich der Stromexport im letzten Jahr auf einem Rekordniveau in der Größenordnung von zwei Reaktoren. Zusätzlich zeigt eine Studie auf, dass sich Uran künftig drastisch verteuern wird – womit der Preis für Atomstrom weiter steigt.
„Anstatt über ein ‚Abschaltverbot‘ nachzudenken muss Atomenergie durch ein grundsätzliches Verbot in Deutschland jegliche Zukunft genommen werden“, fordert Jan Becker, Sprecher von contrAtom.
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Quelle (Auszug): welt.de, 14.08.2013