Quallen verstopfen eines der größten AKW der Welt
Das Kühlsystem des schwedischen Atomkraftwerks Oskarshamn-3 wurde am letzten Wochenende von Quallen derartig verstopft, dass der Reaktor heruntergefahren werden musste. Kein Einzelfall.
Reaktor 3 am Standort an der Ostsee hat eine Leistung von 1.400 Megawatt und ist damit der größte Siedewasserreaktor der Welt. Laut Betreiber OKG, an dem auch der deutsche Energiekonzern E.ON beteiligt ist, habe durch die Verstopfung des Kühlsystems „keine Gefahr“ bestanden. Nach drei Tagen Stillstand hoffe man nun, dass Problem mit den Quallen gelöst zu haben. Die Quallen seien 18 Meter unter der Meeresoberfläche in die Rohre geschlüpft. Dort saugt das Kraftwerk kaltes Ostseewasser an, um den Reaktor zu kühlen.
Im Kraftwerk Oskarshamn musste bereits 2005 ein Reaktor wegen Quallen vorübergehend heruntergefahren werden. Laut Betreiber OKG müssen in jedem Herbst Quallen aus der Anlage entfernt werden. Aber dieses Mal seien es „so viele wie nie zuvor“ gewesen. Derartige Extremfälle scheinen tatsächlich zuzunehmen, sagte die schwedische Meeresbiologin Lene Moller der Nachrichtenagentur AP.
Meerestiere im Kühlwasser sind in der Tat kein unbekanntes Phänomen, schreibt die „tageszeitung“. Bereits 2005 schwammen schon mal Quallen in das AKW Oskarshamn. 2011 wurden zwei Reaktoren eines Kraftwerks an der schottischen Südostküste lahmgelegt, weil Quallen die Filtern des Kühlsystems verstopften. Das gleiche Problem gab es 2012 im Reaktor des kalifornischen Atomkraftwerks Diablo Canyo.
Ein Atomkraftwerk braucht gigantische Wassermengen zur Kühlung. Durch das bereits stillgelegte deutschen AKW Krümmel – auch ein Siedewasserreaktor – wurden pro Sekunde mehr als 60.000 Liter Wasser gepumpt. Das entspricht einem Drittel dessen, was die Elbe an dieser Stelle an Wasser führt. Durch eine Blockade des Kühlsystems steigt die Gefahr, dass der Reaktor oder das Turbinensystem ungenügend gekühlt werden. Daraufhin kommt es zur Abschaltung der Anlage. Kann eine zuverlässige Kühlung nicht kurzfristig wieder hergestellt werden, kann letztlich der Reaktor überhitzen.
Dass ein bekanntes Ereignis von 2005 sich in der gleichen Anlage wiederholen kann, spricht für die unzureichende Sicherheitskultur in europäischen Atomanlagen. Mit dem Stresstest waren nach dem GAU im japanischen Fukushima zahlreiche Mängel in fast allen Anlagen offenbart worden. Doch statt eines umfassenden Stilllegung wierden Milliardenschwere Nachrüstprogramme aufgelegt, deren Umsetzungen Jahre dauern wird.
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Quelle (Auszug): taz.de, spiegel.de, 02.10.2013