Weiterhin kein Terrorschutz für AKW Neckarwestheim
Das Vorhaben, sämtliche Atomkraftwerke in Baden-Württemberg besser vor Terrorpiloten zu schützen, verzögert sich. Um denen die Sicht „zu vernebeln“, sollen Anlagen mit „Blitznebel“ installiert werden. Doch das Atomkraftwerk Neckarwestheim bleibt vorerst schutzlos.
Die Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) hatte nach den Terroranschlägen von New York 2001 in einer Studie festgestellt, dass die meisten deutschen Atomkraftwerke dem Absturz eines Verkehrsflugzeuges nicht standhalten würden. Ursprünglich sollte das AKW Neckarwestheim bereits 2008 eine „Vernebelungsanlage“ bekommen, die mithilfe von Nebelgranaten das Kraftwerk innerhalb von 40 Sekunden in dichten Dunst hüllen soll. So könnten mögliche Terrorpiloten daran gehindert werden, das Reaktorgebäude zielgenau zu treffen. Am AKW Philippsburg ist eine solche Anlage bereits seit 2011 in Betrieb.
Technische und rechtliche Probleme haben die Umsetzung in Neckarwestheim immer wieder verzögert. Nun heisst es: Frühestens in ein paar Jahren werde der Meiler im Kreis Heilbronn mit einer solchen Anlage ausgestattet, berichten die „Stuttgarter Nachrichten“ und berufen sich auf das Landesumweltministerium in Stuttgart. Grund sei eine neue Überprüfung der Robustheit der AKW, die das Bundesumweltministerium in Berlin nach dem GAU von Fukushima in Auftrag gegeben habe. Mit Ergebnissen dieser Untersuchung sei „voraussichtlich 2015“ zu rechnen, zitiert die Zeitung einen Sprecher des Landesumweltministeriums. Die Verzögerungen in Neckarweistheim haben aber noch andere Gründe: Durch die Stilllegung von Block 1 gebe es „aktuelle Planungen zum Rückbau von Block 1 sowie zur Errichtung von Gebäuden zur Reststoffbearbeitung und Abfalllagerung“, die eine Überarbeitung der Antragsunterlagen von 2006 nötig machen.
- Atomkraftgegner bestreiten grundsätzlich die Wirksamkeit der Massnahme, auf die sich Betreiber und Bund mangels besserer oder bezahlbarer Alternativen nach den Anschlägen auf das World Trade Center im September 2001 verständigt hatten. Denn automatisch agierende Flugzeuge, die durch GPS-Koordinaten auf ihr Ziel programmiert sind, tangiert schlechte Sicht nicht wirklich. Nur die Stilllegung der Anlage würde das Risiko eines schweren Unfalls nach einem gezielten Terroranschlags reduzieren.
Grundsätzlich sind aber die Ergebnisse zu Untersuchungen von Flugzeugabstürzen auf Atomkraftwerke „Verschlusssache“: Zu Sicherungseinrichtungen machen Behörden keine Aussagen in der Öffentlichkeit, „da solche Details geeignet sein könnten, die Wirksamkeit der Maßnahmen zu beeinträchtigen“… Bei der Forderung nach maximaler Sicherheit können wir also nur die einleitenden Studienergebnisse hinnehmen: Die meisten deutschen Atomkraftwerke würden dem Absturz eines Verkehrsflugzeuges nicht standhalten. Was bleibt ist einmal mehr die Forderung nach einem schnelleren Atomausstieg.
- Blindflug bei GAU: Neckarwestheim weiter ohne Notfallpläne
31. Juli 2013 – Am Atomstandort Neckarwestheim soll Block 2 noch bis 2022 in Betrieb bleiben. Doch überarbeitete Notfallpläne für den Super-GAU gibt es bis heute nicht. Atomkraftgegner fordern daher die sofortige Stilllegung des Meilers.
- Kein AKW gegen Flugzeugabstürze geschützt
11. Juli 2013 – Kein deutsches Atomkraftwerk ist umfassend gegen den Absturz eines mittelgroßen Flugzeuges ausgelegt. Bei der Errichtung der deutschen Atomkraftwerke hat man den Flugzeugabsturz nicht wie andere Auslegungsstörfälle – z.B. Bruch von Hauptkühlmittelleitungen, Erdbeben und Hochwasser – umfassend betrachtet, sondern man hat sich mit punktuellen Schutzmaßnahmen zufrieden gegeben. Dies ist das Ergebnis eines Gutachtens, das ausgestrahlt in Auftrag gegeben hatte.
- Im Stresstest durchgefallen: 12 deutsche Atomkraftwerke mit Sicherheitslücken
2. Oktober 2012 – “Die Sicherheitskultur muss verbessert werden”: Bei allen zwölf im “Stresstest” nach Fukushima geprüften deutschen AKW müssen die installierten Warnsysteme nachgebessert werden, fordert der Bericht der EU-Kommission. Zudem seien die Leitlinien für schwere Unfälle nicht umgesetzt. EU-weit schneiden alle 145 Reaktoren schlecht ab.
- Kein ausreichender Schutz vor Cyber-Attacken
6. Juni 2012 – Atomkraftwerke sind mögliche terroristische Ziele. Doch ein Angriff kann nicht nur ein gezielter Absturz eines Flugzeuges bedeuten. Auch kann die gezielte Manipulation der Computersysteme in einem AKW zu einem Desaster führen. Letztlich sind alle Reaktoren von Rechnern gesteuert. Experte fordern einen umfassenden Schutz gegen Cyber-Attacken – Atomkraftgegner die Abschaltung der AKW.
- Werden Deutschlands Nuklearanlagen gegen Terrorangriffe geschützt?
12. September 2011 – Vor zehn Jahren, nach den Anschlägen auf das World-Trade-Center in den USA entbrannte eine Debatte um die Sicherheit der Atomkraftwerke gegenüber Flugzeugabstürzen. Plötzlich war ein bislang als Restrisiko gewertetes Kriterium – der gezielte Terrorangriff auf ein Meiler mit einem Flugzeug – zu einer denkbaren Bedrohung geworden. In zehn Jahren hat sich zur Verbesserung der Sicherheit einiges getan.
Quelle (Auszug): stuttgarter-nachrichten.de, 08.10.2013