Neue britische Atomreaktoren sind energiepolitischer Irrsinn
Die britische Regierung will in Hinkley Point in der Grafschaft Somerset zwei neue Atomreaktoren errichten und diese spätestens im Jahr 2023 in Betrieb nehmen. Die beiden Druckwasserreaktoren mit einer Kapazität von je 1,6 Gigawatt sollen nach den ersten Planungen 19 Milliarden Euro kosten. Für alle Mehrkosten wird der britische Staat haften. Die NaturFreunde Deutschlands kündigen Widerstand gegen den Bau der AKW in England an.
Zur Errichtung der beiden Europäischen Druckwasserreaktoren (EPR) wurde ein Konsortium aus der französischen Électricité de France SA (EDF) und zwei staatseigenen chinesischen Firmen gebildet. Der französische Staat hält 84,8 Prozent der Aktien von EDF. Auch die beiden chinesischen Unternehmen CGN und CNNC sind Staatsbetriebe. Beteiligt am Bau der beiden Europäischen Druckwasserreaktoren (EPR) sind der französische Anlagenbauer Areva mit zehn Prozent und die beiden chinesischen Atomkonzerne CGN und CNNC mit jeweils 30 bis 40 Prozent.
„Die geplanten Reaktoren sind ökonomisch und ökologisch für eine zukunftsfähige Stromerzeugung in Großbritannien fatal“, Uwe Hiksch, Mitglied im Bundesvorstand der NaturFreunde Deutschlands. „Der Bau der beiden Druckwasserreaktoren ist nur möglich, weil die Regierung von Großbritannien die Kosten und Risiken auf die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler überwälzt.“
Dem Betreiber EDF wird für 35 Jahre ein Mindeststromabnahmepreis von 92,50 Pfund für jede produzierte Megawattstunde Strom garantiert, was einen Abnahmepreis von derzeit etwa 10,6 Cent pro Kilowattstunde entspricht. Derzeit liegt der Marktpreis bei etwa 49 Pfund pro Megawattstunde produzierten Strom.
„Wenn der britische Premierminister Cameron ankündigt, dass bis zu 25.000 Arbeitsplätze durch den Bau der Atommeiler entstehen werden, ist das eine wirtschaftspolitische Märchenstunde. Stattdessen werden durch die Atommeiler massenhaft Arbeitsplätze in der Erneuerbaren-Energien-Branche verhindert“, so Hiksch.
Die derzeitigen Planungen für die beiden Atommeiler würden zudem das energiepolitische Versagen der letzten britischen Regierungen verlängern. Großbritannien müsse in den kommenden Jahren mehr als zwanzig Prozent seiner völlig veralteten und umweltschädlichen Kraftwerke ersetzen, wenn es die Klimaziele der EU erreichen möchte. Seit vielen Jahren versäume die Regierung von Großbritannien, den Ausbau von dezentralen Energieerzeugungssystemen auf Basis von erneuerbaren Energien.
- Mit den jetzigen Atomplanungen wird jedoch ein Umstieg auf Erneuerbare Energien für weitere Jahrzehnte blockiert.
Auch kritisieren die NaturFreunde den verwendeten Reaktortypen: Die „Europäischen Druckwasserreaktoren“ seien ein „finanzpolitisches Fiasko“. Für den im nordfranzösischen Flamanville im Bau befindlichen Reaktor wurden die Kosten im Jahr 2005 noch mit 3,3 Milliarden Euro angegeben. Seit 2012 geht EDF davon aus, dass die Kosten für den Reaktor mindestens 8,5 Milliarden betragen werden. Eine vergleichbare Situation existiert im finnischen Olkiluoto, wo ebenfalls ein EPR gebaut wird. Die Kosten explodieren und der geplante Starttermin wird immer wieder korrigiert.
Die NaturFreunde Deutschlands kündigen gegen diesen Bau ihren Widerstand an. Für den Bau der beiden Reaktoren muss eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchgeführt werden, an der sich die NaturFreunde beteiligen werden. Bereits bei der Herbstkonferenz der Anti-Atom-Bewegung wurde verabredet, die Anti-Atom-Initiativen auch international stärker zu vernetzen. Daran werden sich die NaturFreunde intensiv beteiligen.
- England: AKW Hinkley Point C wird immer teurer
24. Juni 2013 – Seit Monaten laufen die Verhandlungen zwischen dem französischen Energieversorger EDF und der Britischen Regierung über den Einspeisepreis für das britische Atomkraftwerk Hinkley Point C, berichtet Hans-Josef Fell, Sprecher für Energie der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag. Es zeige sich wieder einmal, wie wahnwitzig teuer neue Atomkraftwerke sind.
- Finnland: EPR in Olkiluoto wird noch teurer
21. Juni 2013 – Es braucht noch mehr Geld für die Fertigstellung des Prestigemeilers “Europäischer Druckwasserreaktor” (EPR) am finnischen Standort Olkiluoto. Das Projekt sollte den Weg der europäischen Atomfirmen ebnen, weltweit neue AKW zu bauen. Es ist aber vor allem eines: Ein finanzielles Desaster.
- England will AKW bauen – ausgerechnet ein “EPR”
19. März 2013 – Erstmals seit 1995 soll in Großbritannien ein neues Atomkraftwerk entstehen. Wie das Ministerium für Energie und Klimawandel mitteilte, wurde die Baugenehmigung für das Akw des französischen Stromkonzerns EDF in Hinkley Point in Westengland erteilt. Die Errichtung von zwei Meilern des Typs “EPR” in Finnland und Frankreich ist bereits massiv teurer geworden als geplant. Nun droht auch England ein finanzielles Desaster, das mit Steuergeldern kompensiert werden soll. - “EPR”: Auch in Frankreich Explosion der Kosten
4. Dezember 2012 – Statt den anfangs veranschlagten 3,3 Milliarden Euro beziffert der französische Energiekonzern EdF die Kosten der “Prestige-Reaktors”, der in Flamanville gebaut wurde, nun auf 8,5 Milliarden. Trotzdem wird weiter an dem Reaktor gezimmert, der in Europa die “Renaissance der Atomkraft” einläuten sollte. Auch in Finnland erlebt der Hersteller Areva einen Finanz-GAU. - Weiterer Rückschlag für britische Atompläne
4. Oktober 2012 – Die britische Regierung will bei der zukünftigen Energieversorgung vor allem auf Atomenergie setzen. Doch es fehlen Unternehmen, die investieren wollen. Nach der Absage von E.On und RWE macht nun auch der französische Atomkonzern Areva einen Rückzieher, berichtet das Handelsblatt.
Quelle (Auszug): PE NaturFreunde Deutschland, 23.10.2013