IPPNW warnt vor Gesundheitsschäden im atomaren Katastrophenfall
Die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW warnt erneut vor den verharmlosenden Einschätzungen der Strahlenschutzkommission (SSK). Morgen berät die Innenministerkonferenz über eine Veränderung des Katastrophenschutzes bei atomarer Freisetzung. Die von der SSK vorgeschlagenen Erweiterungen der Evakuierungszonen sind zu kleinräumig. Die radioaktive Belastung wird nicht bei 10 Kilometer oder 20 Kilometer halt machen. Laut einer Studie des Ökoinstituts Darmstadt wäre im Maximalfall eine Evakuierung in Gebieten bis in eine Entfernung von etwa 600 Kilometern und einer Breite von bis zu 50 Kilometern erforderlich.
Die SSK ignoriert auch, dass die radioaktive Freisetzung bei Atomunfällen mehrere Tage und Wochen lang andauern können und durch wechselnde Windrichtungen und Niederschläge höchst unterschiedlich verteilt werden. „Mit diesen Vorgaben werden die Hilfskräfte im Ernstfall völlig überfordert sein und vermutlich Menschen in Gegenden evakuieren müssen, die genauso oder noch stärker radioaktiv belastet sind“, erklärt die IPPNW-Ärztin Dr. Angelika Claußen.
Am schwersten wiegt jedoch für die IPPNW, dass die von der Strahlenschutzkommission vorgeschlagenen Eingreifrichtwerte für Evakuierungen und langfristige Umsiedlungen mit 50 Millisievert viel zu hoch angesetzt worden sind.
„Wenn die Innenminister diesen Empfehlungen der SSK folgen, dann nehmen die Politiker gesundheitliche Langzeitschäden mit hohen Opferzahlen in Kauf, so IPPNW-Arzt Reinhold Thiel.
Typische Langzeitschäden bei der betroffenen Bevölkerung wären z.B. ein Anstieg von Krebserkrankungen und genetischen Schäden, aber auch vieler anderer internistischer Erkrankungen.
„Nur wenn man sich die Ignoranz der Behörden gegenüber Langzeitstrahlenschäden bewusst macht, begreift man die menschenverachtende Haltung, die in diesen Katastrophenschutz-Regularien zum Ausdruck kommt“, kritisiert Claußen.
- Eine Grafik zu der potentiellen Ausbreitung des radioaktiven Fallouts und der zu evakuierenden Gebiete am Beispiel des Atomkraftwerks Philippsburg 1 finden Sie unter hier.
Quelle: ippnw.de, 03.12.2013