Energiewende – bleibt Handarbeit!!
Die Bundestagswahl 2013 hat uns eine kräftige Rolle rückwärts in der Energiepolitik beschert. Der fast beschlossene Koalitionsvertrag von Union und SPD bleibt weit hinter den Möglichkeiten und Notwendigkeiten eines guten Klimaschutzes zurück und streut Sand in die Augen der Gesellschaft. „Wir halten am Ausstieg aus der Kernenergie fest.“, es liest sich ja ganz schön, doch was bedeutet der Koalitionsvertrag im Detail?
Atomkraftwerke dürfen bis 2022 weiterlaufen. Die Schließung weiterer Atomanlagen, beispielsweise die Urananreicherungsanlage in Gronau, sind gar nicht beabsichtigt. Die Sicherheit von Atomkraftwerken wolle die neue Bundesregierung bis zum letzten Betriebstag gewährleisten. In meinen Augen bedeutet das: sofort abschalten! Alles andere ist Lüge.
Die Kosten für Rückbau und Entsorgung den Verursachern auferlegen hätte geheißen, die steuerfreien Rückstellungsmilliarden der Atomkonzerne umgehend in einen öffentlich-rechtlichen Fonds zu überführen. Stattdessen wurde die Brennelementesteuer ersatzlos gestrichen.
„Den Strahlenschutz nach Fukushima anpassen“? Grenzwerte dienen nicht dem Schutz der Menschen, sondern dem Betrieb von Atomanlagen. Jedes Maß an Radioaktivität kann Krebs erzeugen. Grenzwerte beschreiben lediglich das Kosten-Nutzen-Verhältnis. Den Strahlenschutz nach Fukushima anzupassen, bedeutet, weltweit alle Atomanlagen sofort stillzulegen.
Hermesbürgschaften, bisher gern zur Absicherung von Atomprojekten im Ausland benutzt, werden nicht abgeschafft: hier Atomausstieg, in anderen Ländern Förderung von Atomanlagen.
Wie sieht es aus mit Kohle, CO2, Fracking und den Erneuerbaren Energien?
Statt neue Kohlekraftwerke zu bauen müssen die alten nach und nach vom Netz gehen, Braunkohle-Tagebaue beendet und die unterirdische CO2-Speicherung verhindert werden. Doch der Koalitionsvertrag sieht vor , Kohle-Dreckschleudern noch mehr zu subventionieren und Erneuerbare Energien auszubremsen. Große Erzeuger von Strom aus Erneuerbaren Energien müssen einen Grundlastanteil ihrer Maximaleinspeisung garantieren. Konkret könnten also Betreiber, zum Beispiel großer Windparks , verpflichtet werden, bei einer Windflaute am Markt Strom aus fossilen und atomaren Quellen einzukaufen und diesen dem Netz zur Verfügung zu stellen.
Gasförderung per Fracking gehört ausnahmslos verboten. Unter Verwendung zahlreicher Chemikalien weiter dem Boden erschöpfliche Schätze abzupressen ist der selbe Irrweg, wie damals die Atomkraft. Hierzu findet sich ein langer Absatz im Koalitionsvertrag, der schwammiger nicht sein könnte. Spekulanten von Firmen wie Exxon, die weltweit und auch in Deutschland schon dick im Fracking Geschäft sind, werden hiermit Tür und Tor geöffnet.
Energiesparen und Energieeffizienz müssen gefördert und ausgebaut werden. Wo spiegelt sich im Koalitionsvertrag, dass die Menschen im Land die Energiewende mehrheitlich wollen? Die Koalition will den Ökostrom bis zum Jahr 2020 auf 45% erhöhen: das bedeutet 55% würden aus Kohle, Gas und Öl gewonnen. Wir müssen auf 100 Prozent Erneuerbare Energien umsteigen – dezentral und in Hand der Bürger_innen. Die Kosten der Energiewende gehören fair und sozial gerecht verteilt. Ausnahmen für energieintensive Betriebe bei der EEG- Umlage müssen massiv reduziert werden.
Die Absage der künftigen Bundesregierung an die deutsche Vorreiterrolle beim Klimaschutz geht einher mit dem Aussetzen der Reform der europäischen Klimapolitik. Sie besiegeln die Bedeutungslosigkeit des europäischen Emissionshandels über 2020 hinaus, das zentrale Instrument der europäischen Klimapolitik.
Die Chance, mit der Energiewende und dem Klimaschutz ernst zu machen, Atomkraft abzuschalten, den Stromkonzernen den Stecker zu ziehen und für eine Energieversorgung in Bürger_innenhand zu sorgen, wurde nicht genutzt. Union und SPD machen keine Politik, die es den Menschen ermöglicht, ihre Grundbedürfnisse und Grundversorgung nach saubere Luft, sauberem Wasser, sauberem Boden, bezahlbarer und sauberer Energie zu decken, sondern diese Koalitionsvereinbarungen sind ein erneutes Einknicken vor Großkonzernen, denen es nicht um das schöne Leben der Menschen geht, einzig und allein ihr Profit steht im Zentrum.
Noch ist es Zeit, das Ruder herumzureißen.
Gesetze werden in Parlamenten gemacht, Politik auf der Straße. Die Energiewendedemo am 30.11.2013 in Berlin mit über 16.000 Menschen ist ein schönes Beispiel, wie wir unseren Einfluss geltend machen können. Zusammen Druck machen, den Gegendruck zu Konzernpolitik erzeugen. Wir müssen uns reinhängen, für eine Energiewende, wie wir sie wollen. Und gleichzeitig das eigene Handeln überdenken und verändern. Der WeXel zu einem regenerativen Stromanbieter scheitert eher an den Vorurteilen (Kosten, Versorgungssicherheit, Sinnhaftigkeit) als an der Realität und Machbarkeit. Wir haben die Erde nur von unseren Kindern geliehen. Sorgen wir zusammen dafür, dass sie nicht weiter kaputt gemacht wird.
Kerstin Rudek, Umweltaktivistin aus dem Wendland
Artikel gefunden auf facebook, erschienen auch in der Dezember-Ausgabe von „disput“, Mitgliederzeitung der LINKE