Rostige Atommüllfässer „passieren“ in jedem Zwischenlager
Bundesweit lagern nach einer Statistik der Uni Hannover 20.000 Stahlblechfässer mit schwach- und mittelradioaktivem Müll in Atommeilern. Was in Brunsbüttel rostet, dürfte in anderen AKW auch rosten. Das könne in jedem Zwischenlager „passieren“ meint ein Experte. Atomkraftgegner prangern die Umstände an und weisen auf ein Entsorgungsdilemma hin.
Michael Sailer arbeitet als Kernenergie-Experte und Sprecher des Vorstands im Öko-Institut. Im Interview mit dem SPIEGEL erklärt er, dass korrodierte Atommüllfässer in allen Zwischenlagern erwartet werden können – denn die Fässer seien für die lange Lagerzeit gar nicht konzipiert. Die Wände seien nur wenige Millimeter dick, die Substanzen im Fass zersetzen sich und dabei gibt es chemische Reaktionen, die das Fass korrodieren lassen. Das könne „im Prinzip in jedem deutschen Zwischenlager“ passieren, so Sailer. Es sei „bloß nicht überall so offensichtlich wie in Brunsbüttel“. Sailer weist auf ein enormes Sicherheitslücke hin: die Schwächen könnten erst bemerkt werden, wenn die Fässer schon mindestens an einer Stelle durchgerostet sind. Außerdem könnten nicht überall Kontrollen wie in Brunsbüttel stattfinden, „weil die Fässer teilweise so dicht zusammenstehen, dass keine Kamera dazwischen passt“.
Die betroffenen Fässer lagern teilweise seit den 70er Jahren in Kavernen unter dem Atomkraftwerk Brunsbüttel und enthalten schwach- und mittelradioaktive Abfälle aus dem Kraftwerksbetrieb. Man hatte damals geplant, die Fässer nach einigen Jahren in ein Endlager zu transportieren. Diese Lösung rückt allerdings in immer weitere Ferne: die Inbetriebnahme von Schacht Konrad, bis heute einziger geplanter Endlagerlagerort für diese Abfälle, verzögert sich immer weiter und könnte sogar wegen Sicherheitsproblemen vollständig scheitern. Ein Entsorgungsdilemma unvorstellbaren Ausmasses bahnt sich an. Sailer beschwichtigt im Interview, es gebe keine Gefahr: die Fässer würden schließlich „in Betonkammern“ lagern. Doch auch Beton sei „nicht hundertprozentig dicht“. Wenn das noch jahrelang so weitergehe, würden über kurz oder lang radioaktive Stoffe in die Umwelt gelangen.
Atomkraftgegner fordern eine umfassende Bestandsaufnahme über die Lagerorte, deren Beschaffenheit und Zustand des Inventars. Eine neue Debatte über den Umgang mit den radioaktiven Hinterlassenschaften muss geführt werden und die Verantwortung nicht den Betreibern der Atomkraftwerke überlassen werden. Denn die seien nur an kostengünstigen Lösungen interessiert – nicht an der größtmöglichen Sicherheit.
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22. Februar 2014 – In den Kavernen unter dem stillgelegten Atomkraftwerk Brunsbüttel frisst sich Rost durch Fässer, in denen schwach radioaktiver Atommüll lagert. Jahrzehnte wurde der Müll nicht überwacht. Nun muss Betreiber Vattenfall vermelden, dass mindestens jedes vierte Fass in der untersuchten Lagerkammer inakzeptable Schäden aufweist. Atomkraftgegner fordern ein schlüssiges Konzept gegen das Atommülldesaster.
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2. Oktober 2013 – In zehn Jahren soll die Atomenergie in Deutschland Geschichte sein. So verkündete es die Bundesregierung als 2011 die Reaktorkatastrophe in Fukushima begann. Mag auch die Ära der Atomwirtschaft tatsächlich bald zu Ende gehen, die atomaren Hinterlassenschaften geben weiterhin jeden Grund zur Sorge. „Sorgenbericht“ nennen die Initiativen an den Atommüllstandorten folgerichtig eine umfangreiche Bestandsaufnahme aller bekannten Orte der Bundesrepublik, an denen Atommüll produziert wird oder lagert. Über 90 Standorte hat Ursula Schönberger von der Arbeitsgemeinschaft Schacht KONRAD e.V. in Form von Datenblättern abgebildet und so den Atommüll „sichtbar“ gemacht.
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29. Juli 2013 – Die Laufzeit der für 40 Jahre konzipierten Atomzwischenlager in Deutschland muss nach Einschätzung des Bürgermeisters von Gundremmingen wohl verdoppelt werden. Atomkraftgegner sehen das “Atommüllentsorgungkonzept” der Industrie gescheitert und fordern den sofortigen Stop der Produktion von immer neuem Strahlenabfall.
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26. Juni 2013 – Der Start von Schacht Konrad, dem einzigen bisher genehmigten Lager für schwach- und mittelradioaktiven Müll, könnte sich bis 2024 verzögern. Zudem wird der Bau wesentlich teurer. Atomkraftgegner untermauern noch einmal die Kritik an dem Projekt – und fordern einen sofortigen Baustopp!
Quelle (Auszug): spiegel.de, hna.de; 23./24.02.2014