Nach Neubesetzung im BMU: Sicherheitslücke in Atomkraftwerken wird untersucht

Ein ehemaliger Betriebsleiter des Atomkraftwerks Biblis hat die zuständigen Behörden auf eine mögliche Sicherheitslücke in den sieben in Deutschland noch im Betrieb befindlichen Druckwasserreaktoren aufmerksam gemacht. Nach einer Neubesetzung des Abteilungsleiters für Atomaufsicht hält das Bundesumweltministerium das Störfallszenario für „nicht mehr beherrschbar“ und fordert neue Untersuchungen.

AKW Biblis, Standortzwischenlager; Bild: google

AKW Biblis, Standortzwischenlager; Bild: google

Nach Informationen des „Spiegel“ hat der ehemalige Mitarbeiter im AKW Biblis darauf hingewiesen, dass bei dem im Dampferzeuger des bereits stillgelegten aber mit betriebenen Anlagen weitgehend baugleiche Reaktors durch den Bruch von Heizrohren ein Störfall entstehen kann, der im schlimmsten Fall in einem Super-GAU endet. Zur Kernschmelze könne es kommen, weil ein Pfropfen Wasser sich um die Brennstäbe legt, der kein Bor enthält. Das Bor soll die Kettenreaktion unter Kontrolle halten und ein Durchbrennen des Reaktors verhindern.

Dieses Problem existiert laut des ehemaligen Betriebsleiters in Druckwasserreaktoren, also in sieben der letzten neun AKW in Deutschland. Die stehen in Brokdorf, Grohnde, Grafenrheinfeld, Neckarwestheim, Isar, Philippsburg und Emsland. In Gundremmingen sind noch zwei alte Siedewasserreaktoren in Betrieb. Die letzten Meiler sollen erst 2022 vom Netz gehen.

  • Das Umweltministerium hatte bislang beschwichtigt, die von dem ehemaligen Betriebsleiter unterstellten Szenarien seien von „entsprechenden Betriebshandbüchern für Kernkraftwerke berücksichtigt“ und damit irrelevant.

Als neue Bundesumweltministerin hatte Barbara Hendricks (SPD) im Januar den ausgewiesenen Atomlobbyisten Gerald Hennenhöfer aus dem Amt des obersten Atomaufsehers der Bundesrepublik geworfen. Sein Vorgänger bis 2009, Wolfgang Renneberg, hat das beschriebene Störfallszenario untersuchen lassen und hält für plausibel, dass es „sich nicht mehr beherrschen lässt“. Renneberg und sein Expertenteam fordern von den Betreibern und den Aufsichtsbehörden nun in einer Stellungnahme, die dem „Spiegel“ vorliegt: „Im Sicherheitsnachweis der Anlage muss gezeigt werden, dass dieser Unfall beherrscht werden kann.“

Seit Ende Januar leitet nun der ehemalige Chef des schleswig-holsteinischen Atomaufsicht, Dr. Wolfgang Cloosters, die Abteilung des Bundes. Dank dieser Neubesetzung kommt es nun zu erneuten Untersuchungen der Vorwürfe: Laut „Spiegel“ will das BMU die Sicherheitslücke „noch einmal genau“ durch die zuständigen Behörden untersuchen lassen.

Atomkraftgegner fordern, dass wegen der offenbaren Sicherheitslücke die betroffenen Anlagen sofort abgeschaltet werden. Zudem sehen wir uns in unserer Annahme bestätigt, dass Atomlobbyisten seit Jahrzehnten das Risiko der Atomkraftwerke kleinreden.

  • Deutschland ist nicht auf Atomunfälle vorbereitet
    6. März 2014 – Deutschland ist auch drei Jahre nach dem Beginn der Katastrophe von Fukushima nicht ausreichend auf einen Atomunfall vorbereitet. Auch die Expertenkommission für Katastrophenschutz des Bundesinnenministeriums (BMI) gibt diese Tatsache zu. Atomkraftgegner fordern umgehend Konsequenzen.
  • Endlich: Hennenhöfer muss gehen!
    21. Januar 2014 – Endlich: Die neue Umweltministerin Barbara Hendricks hat Gerald Hennenhöfer entlassen. Er ist wie kaum ein anderer auch nach den Katastrophen von Tschernobyl oder Fukushima ein überzeugter Atomlobbyist und mitverantwprtlich für die Laufzeitverlängerung, das Asse-Desaster und kat keine Zweifel an der Eignung von Gorleben als Atommüllendlager.
  • DUH fordert Prüfung der Folgen eines Terrorangriffs mit Airbus A 380 auf noch betriebene Atomkraftwerke
    23. November 2013 – “Die Sicherheit der Kernkraftwerke in Deutschland ist bis zum letzten Betriebstag zu gewährleisten.” Diesen Satz formulierte die Koalitionsarbeitsgruppe Umwelt einvernehmlich in den jüngsten Entwurf des Koalitionsvertrags (Stand: 19.11.) und erhält dafür Applaus von der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH). „Das ist eine erfreulich klare Ansage von Union und SPD, die hoffentlich die entscheidende Etappe der Koalitionsverhandlungen übersteht und dann auch praktische Konsequenzen für die Sicherheitsprüfung der in Deutschland noch betriebenen Atomkraftwerke nach sich zieht“, erklärt DUH- Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.
  • Biblis B: In 15 Minuten zum Super-GAU
    16. Juni 2011 – Die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW warnt wegen einer “gigantischen Sicherheitslücke” vor einer Wiederinbetriebnahme des Atomkraftwerks Biblis und vor der möglichen Nutzung von Biblis B als Reserve-Kraftwerk. „Löst die Betriebsmannschaft bei einem nur kleinen Leck in einer Schweißnaht das schnelle Herunterfahren des Atommeilers nicht innerhalb von Minuten aus, kann es zum Super-GAU kommen“, so IPPNW-Atomexperte Henrik Paulitz.
  • Gefährlicher Störfall in Biblis-A vertuscht
    10. Mai 2011 – Interne Dokumente aus dem hessischen Atomkraftwerk Biblis A belegen einen gefährlichen Störfall, der nicht gemeldet wurde. Die Dokumente wurden Greenpeace von einem Mitarbeiter des Kraftwerkes zugespielt. Das vorliegende Protokoll beschreibt, wie die innere Reaktordruckbehälter-Dichtung beim Anfahren des Reaktors am 20. Oktober 2010 undicht wurde und zu hohem Druck in der Reaktordruckbehälter-Doppelringdichtung führte.

Quelle (Auszug): spiegel.de, epochtimes.de; 16.03.2014