Atomkraft: die größte Fehlinvestition aller Zeiten

Es gibt keine andere Branche, in der so viele Projekte auf so viele verschiedene Arten und Weisen zu Kapitalvernichtung geführt haben. Laut Recherchen des WDR summieren sich allein Fehlinvestitionen in Atomkraftwerke die nie ans Netz gingen auf Hunderte Milliarden Dollar.

Abriss des Kernkraftwerkes in Arneburg

Abriss des AKW Stendal, vorher nie in Betrieb gegangen / Foto: Jens Wolf dpa/lah

Doch es sind bei weitem nicht die einzigen Namen, die für eine gigantische Geld- und Wertevernichtung durch die „friedliche Nutzung der Kernenergie“ stehen. Auch Wackersdorf, Kalkar, Zwentendorf in Österreich, das tschechische Temelin oder Kostroma in Russland und Hartsville, USA gehören in diese Reihe.

Es habe immer wieder Fehlinvestitionen gegeben, sagt Mycle Schneider, Atomexperte und Herausgeber des jährlichen „World Nuclear Status Report“. Er verweist auf Reaktorbaustellen, die nie fertiggestellt worden seien oder sogar fertiggestellt, aber nicht in Betrieb genommen worden seien. So zum Beispiel in Bulgarien am Standort Belene, wo zwei AKW-Blöcke 25 Jahre lang im Bau waren. Vor anderthalb Jahren wurde das Projekt begraben. Eine offizielle Statistik solcher Investitions-Ruinen existiert bislang nicht. Nach Recherchen des WDR gibt es jedoch weltweit mehr als einhundert Reaktor-Ruinen und andere zivile Nuklearprojekte wie zum Beispiel Wiederaufbereitungsanlagen oder Atommüll-Lager, die nie oder nur sehr kurze Zeit in Betrieb waren. Allein dadurch wurden mehr als 500 Milliarden Dollar im wahrsten Sinne des Wortes in den Sand gesetzt, berichtet der WDR.

  • Insgesamt belaufe sich der volkswirtschaftliche Schaden der Atomkraft auf mehr als eine Billion US-Dollar – berechnet im Wert von 2012. Damit ist die Atomkraft die „größte Fehlinvestition aller Zeiten“, sagt Schneider. Es gäbe keine andere Branche, in der so viele Projekte auf so viele verschiedene Arten und Weisen zu Kapitalvernichtung geführt hätten.

Allein in Deutschland summieren sich nach Recherchen des WDR die atomaren Fehlinvestitionen und der Aufwand etwa zur Sanierung der Asse und des Uranabbaus in Wismut auf umgerechnet mehr als 150 Milliarden US-Dollar. Die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl verursachte Schäden in Höhe von Hunderten Milliarden Dollar – als kleinster Wert werden bislang etwa 200 Milliarden Dollar angesetzt. Im Fall Fukushima gehen die Schätzungen bislang von Schäden im Umfang von 250 bis 260 Milliarden Dollar aus. Auch die Zwischenfälle in Athens (USA) 1985, in Plymouth (USA) 1986 und in Ontario (Kanada) 1983 führten zu volkswirtschaftlichen Schäden von mindestens einer Milliarde Dollar.

Volkswirtschaftlicher Schaden durch zivile AKW-Nutzung

  • AKW-Ruinen (nie oder kaum genutzte Anlagen) – 524 Milliarden Dollar
  • AKW-Katastrophen und Unfälle – 461 Milliarden Dollar
  • Gescheiterte Endlager-Projekte – 17 Milliarden Dollar
  • Schäden durch Uran-Abbaubetriebe (inkl. Altlasten) – 16 Milliarden Dollar
  • GESAMTSUMME: 1,018 Billionen Dollar

Das alles seien keine „Kinderkrankheiten“, sondern es werde noch weitergehen, meint Schneider. Weitere Kandidaten für nukleare Investitionsruinen seien zum Beispiel der so genannte Fusionsreaktor, der in Frankreich zur Zeit gebaut wird. Diese Technik werde vermutlich technisch nie realisiert werden können. Auch der EPR-Reaktor in Olkiluoto wird mehr und mehr zur Investitionsruine, weil er nach fast zehn Jahren Bauzeit immer noch nicht am Netz ist. Auch ist längst nicht gesagt, dass die geschätzten Kosten von 250 Milliarden US-Dollar für die Fukushima-Katastrophe das Ende der Fahnenstange sind. Auch sind weitere Nuklearkatastrophen nicht auszuschließen. Das Billionen-Dollar-Desaster Atomkraft wird also auch in Zukunft die Menschen noch teuer zu stehen kommen, fasst der WDR zusammen.

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Quellen (Auszug): tagesschau.de / WDR-Recherchen; 11.03.2014