Obrigheim: Castoren sollen über den Neckar schippern
342 abgebrannte Brennelemente, verpackt in 15 Castorbehälter sollen aus dem stillgelegten AKW Obrigheim in das Standortzwischenlager am AKW Neckarwestheim gebracht werden. Der Betreiber EnBW will eine Überführung mit einem Binnenschiff beantragen – in Deutschland ein Novum. Atomkraftgegner kritisieren den Transport des hochradioktiven Atommülls auf dem Neckar: Jeder Transport bedeutet Risiko!
Die Entfernung beträgt knapp 50 Kilometer. Aus Kostengründen will der Energiekonzern EnBW den letzten hochradioaktiven Atommüll aus dem AKW Obrigheim nach Neckarwestheim bringen, denn damit spart sich der Konzern den Bau eines neuen Zwischenlagers in Obrigheim.
Der Antrag auf Genehmigung einer Überführung auf dem Wasserweg soll „zeitnah“ gestellt werden, teilte der AKW-Betreiber am Donnerstag mit. Obrigheim-Betreiber EnBW hatte eine Transport-Studie in Auftrag gegeben, die den Wasserweg empfiehlt. Ende 2016 oder Anfang 2017 soll die Überführung stattfinden.
Ein Atommülltransport auf dem Wasserweg wäre in Deutschland laut EnBW „ein Novum“. Zwar wurden bereits ausgediente Dampferzeuger mit dem Binnenschiff von Obrigheim nach Greifswald-Lubmin gebracht und kürzlich ging ein Trafo aus dem AKW Krümmel über die Elbe auf die Reise zu seinem neuen Bestimmungsort. Aber Castorbehälter wurden bisher immer auf der Straße oder der Schiene gefahren. Mit Ausnahme der Fahrten in die Wiederaufarbeitunganlage nach Sellafield. Ein Spezialschiff des britischen Anlagenbetreibers lud die Fracht in Castorbehältern – auf diesem Wege wird der Müll ab 2015 auch wieder nach Deutschland kommen.
Der Bund der Bürgerinitiativen Mittlerer Neckar (BBMN) kritisiert das EnBW-Vorhaben: Jeder Atomtransport ist ein Risiko. Bei einem Unfall oder einem Attentat während des Transportes droht eine Verseuchung des Wassers des Neckars und damit auch des Rheins. Dies hätte unabsehbare Folgen. Immerhin ist der Rhein auch Trinkwasserquelle etwa für die Stadt Mainz oder auch Kommunen in den Niederlanden.
Dabei ist der Transport keinerlei Lösung für das Atommüllproblem. Auch Neckarwestheim wäre nur ein Zwischen- und kein Endlager. Dass nun aus zwei Atommüllstandorten ein Lager werden soll, bedeutet nicht unbedingt einen Sicherheitsgewinn. Erfolgt etwa am Lager Neckarwestheim ein Zwischenfall, wäre im Falle einer Einlagerung ein größeres radioaktives Inventar betroffen als bei getrennter Lagerung.
„Zum jetzigen Zeitpunkt das sinnvollste wäre die noch laufenden Reaktoren abzuschalten“, fordert der BBMN. „Allein durch den Betrieb von Neckarwestheim II entstehen jährlich circa drei Castor-Behälter neuer Atommüll. Dieser Müll ist vermeidbar. Bei 34 Milliarden Kilowattstunden Exportüberschuss mit dem Ausland in 2013 kann Deutschland sofort auf die Atomenergie verzichten.“
- AKW Neckarwestheim beantragt Castor-Einlagerung aus Obrigheim
11. Dezember 2013 – Der AKW-Betreiber EnBW will an Atommüllzwischenlagern sparen – und Castorbehälter aus dem stillgelegten Meiler Obrigheim am Standort Neckarwestheim einlagern. Die Überführung soll nun beantragt werden, bis die Behälter rollen könnten noch Jahre vergehen.
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13. November 2013 – Das Aktionsbündnis Energiewende Heilbronn fordert: keine Castortransporte durch das Neckartal, keine Verharmlosung der radioaktiven Belastung, eine strikte Trennung von Atomwirtschaft und Atomaufsicht, sofortiges Abschalten der Atomkraftwerke.
- ENBW plant Atommüll-Transport nach Neckarwestheim
17. April 2013 – Es ist noch viel Platz frei im Zwischenlager Neckarwestheim, deswegen plant der Betreiber EnBW die Überführung der Brennelemente aus dem stillgelegten AKW Obrigheim in die Halle am Neckar. Atomkraftgegner halten die Transporte für überflüssig und gefährlich.
Quellen (Auszug): enbw, dpa, bbmn; 20.03.2014