Schacht Konrad: Immer teurer, immer später – Atommülldesaster nimmt dramatische Formen an
Die Inbetriebnahme des einzigen Atomendlagers in Deutschland wird kostspieliger und verzögert sich. Die Bundesregierung weiß nicht mal, bis wann. Das Endlagerkonzept der 70er Jahre bricht wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Doch das Atommülldesaster führt nicht dazu, dass eine umfassende Atommülldebatte geführt wird, kritisieren Atomkraftgegner.
Bauzeit und Kosten des Atommüllendlagers Schacht Konrad weichen immer stärker von den bisherigen Planungen ab, berichtet die tageszeitung mit Verweis auf eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken. Die Inbetriebnahme verzögert sich erneut, die Kosten explodieren weiter. Als neuen Termin für den Beginn der Einlagerung von mittel- und schwachaktiven Abfällen habe die leitende Baufirma DBE nun das Jahr 2022 angegeben. Allerdings sei auch dieser Termin „mit Unsicherheiten behaftet, die nicht näher quantifizierbar und auch von der Bundesregierung noch nicht abschließend bewertet worden sind.“
Ursprünglich sollte der Umbau des ehemalige Eisenerzbergwerk 2013 fertiggestellt sein. 2010 war das Bundesamt für Strahlenschutz von einer Inbetriebnahme im Jahr 2019 ausgegangen. Die Kosten für die Umrüstung der Grube durch die neuerlichen Bauverzögerungen gegenüber der Kalkulation des vergangenen Jahres um voraussichtlich 173 Millionen Euro auf insgesamt 3,1 Milliarden Euro. Ursprüngliche Berechnungen waren von 900 Millionen Euro ausgegangen.
Die Verzögerung hat Auswirkungen auch auf andere Atomstandorte – das Zwischenlager Ahaus etwa darf die für Konrad vorgesehenen Abfälle laut Genehmigungsbescheid nur bis 2020 aufbewahren. Damit erkläre die Bundesregierung indirekt, „dass der radioaktive Müll, welcher nur befristet bis max. 2020 in Ahaus lagern darf, selbst mithilfe dem Konstrukt Zwischenlagerung (ähnlich, wie in Jülich) nicht ordentlich gelagert werden kann“, kommentieren Aktivisten aus Ahaus. Auch für s/m-Müll sei bereits sechs Jahre vor Genehmigungsende klar, dass man sich langfristig nur noch mit unrechten Genehmigungsverlängerungen und Notanordnungen über Wasser halten könne.
„Die Lösung ist so einfach wie folgenreich: sofortiger Transportstopp für schwach- und mittelradioaktive Transporte. Der Rückbau von Atomkraftwerken kann nicht auf Kosten der Ahauser Bevölkerung stattfinden“, fordern die Aktivisten aus dem Münsterland.
Um den Betriebsbeginn zu beschleunigen, drängen andere Bundesländer – u.a. Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller – den niedersächsischen Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne), bei der Einlagerung Sicherheitsabstriche zu machen. Dieses Ansinnen wies Wenzel immerhin zurück, Abstriche an den Einlagerungsbedingungen für Konrad seien „nicht vertretbar, gerade auch angesichts der Erfahrungen in der Asse“.
„Es rächt sich jetzt, dass sowohl der Salzstock Gorleben und das ehemalige Erzbergwerk Schacht Konrad ohne ein vergleichendes sicherheitsorientiertes Suchverfahren für die Einlagerung hoch- bzw. schwach-und mittelaktiver Abfälle einfach nur politisch gesetzt wurden“, kommentiert Wolfgang Ehmke, Sprecher der BI Lüchow-Dannenberg.
Die Lage werde immer dramatischer: Die Zwischenlager werden zu Dauerlagern, obwohl ihr Sicherheitskonzept nicht darauf ausgelegt wurde. Immer mehr „Problemabfälle“ tauchen auf, die im Schacht Konrad gar nicht eingelagert werden dürfen, zum Beispiel die Abfälle, die aus der Asse II geborgen werden sollen oder Abfälle aus dem Forschungszentrum Karlsruhe. Auch in Gronau türmen sich die Abfälle aus der Urananreicherung ohne eine Entsorgungslösung.
„Es muss ein Schlussstrich unter die Projekte der 70er Jahre gezogen werden. Überfällig ist eine umfassende gesellschaftliche Atommülldebatte und das sofortige Ende der Atommüllproduktion“, fordert Ehmke. In dieser Situation sei es völlig falsch, in einer Endlagerkommission sich nur um Gorleben zu streiten oder Abstriche an Sicherheitskriterien einzufordern, um den Müll zu versenken.
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Quellen (Auszug): taz.de, kein-castor-nach-ahaus.de, bi-luechow-dannenberg.de; 02./03./07.05.2014