Neckarwestheim – Grohnde – Beznau: Störfall Atomkraft
Allein heute wurden mindestens drei Meldungen zu Störfällen in Atomkraftwerken veröffentlicht. Atomkraft bedeutet Risiko – nur stilllegen hilft!
Im abgeschalteten Block I des AKW Neckarwestheim wurde bei einer Funktionsprüfung festgestellt, dass eine Armatur eines Rohrleitungsstrangs des Nebenkühlwassersystems im Anforderungsfall nicht vollständig geschlossen hätte. Ursache hierfür war ein Defekt am hydraulischen Antrieb dieser Armatur, berichtet der Betreiber EnBW. Das Kühlsystem muss funktionieren, auch wenn die Anlage nicht mehr in Betrieb ist. Im Reaktor befinden sich noch immer Brennelemente, die kontinuierlich gekühlt werden müssen.
Auch im zur Zeit heftig in der Kritik stehenden AKW Grohnde hat es einen weiteren Zwischenfall gegeben: Im Rahmen einer Prüfung sei eine „nicht spezifikationsgerecht ausgeführten Gehäusedichtung“ an einem Messumformer festgestellt worden, berichtet Betreiber EON. Das Gerät dient der Messwerterfassung und -verarbeitung von Betriebsdaten. Zuletzt waren zahlreiche Defekte im Reaktorinnern und ein kaputter Generator gemeldet. Die Revision musste für die Reparaturarbeiten um Wochen verlängert werden, der Meiler ist weiter vom Netz. EON plant trotz der vielen Zwischenfälle die Inbetriebnahme am 19.06..
Block 1 des schweizer Atomkraftwerk Beznau – der älteste Meiler der Welt – wurde am Montagabend heruntergefahren. Grund dafür sind laut Betreiber Axpo notwendige Reparaturarbeiten: An der Verbindungsstelle einer Leitung des Primären Nebenkühlwassersystems sei eine leichte Leckage festgestellt worden. Wie lange die Reparaturarbeiten dauern, sei zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht klar. Es werde mit rund zwei Wochen gerechnet. Bereits vor rund zwei Wochen musste der gleiche Reaktor für Reparaturen vorübergehend vom Netz genommen werden. Zwischen den beiden Vorfällen gebe es aber keinen Zusammenhang, betonte der Betreiber.
Fast „nebenbei“ haben Experten kürzlich einen Bericht zu Störfällen im Forschungsreaktor des Atomzentrums Jülich veröffentlicht: dort wäre es deren Meinung nach zu Pfingsten 1978 beinahe zu einem Super-GAU gekommen. Der Bericht wurde nach dem Atomunglück von Fukushima in Auftrag gegeben und sollte eigentlich nur die Geschichte des Reaktors aufarbeiten. Damals sei es zu einem „Dampferzeugerstörfall“ gekommen, als rund 27 Kubikmeter Wasser in den Primärkreis des Reaktors gelangten. Bei einem Hochtemperaturreaktor könne dieser Zustand „zu gefährlichsten Störungen führen“. Bei Überschreitung eines bestimmten Feuchtewertes habe sich der Reaktor von selbst abschalten sollen. Um aber eine Schnellabschaltung zu verhindern, hatten Mitarbeiter der Meßbereich manipuliert. Erst als etliche Versuche fehlschlugen, den Reaktor bei laufendem Betrieb zu trocknen, wurde er nach sechs Tagen abgefahren. Der Atomaufsicht meldeten die Betreiber den Vorfall verharmlosend in der niedrigsten Meldekategorie „N“ für „geringe sicherheitstechnische Bedeutung“ – der heutigen Expertenmeinung zufolge „definitiv zu niedrig“.
Atomkraftgegner fordern einmal mehr die sofortige Stilllegung aller Atomanlagen. Und Tag für Tag ereignen sich Störfälle, eine Verkettung von unglücklichen Umständen, technischem oder menschlichem Versagen kann zu einem schweren Unfall führen. Mit dem Altern der Anlagen nehmen die Defekte noch zu. Sicher ist nur das Risiko. Wir fordern: abschalten – jetzt!
Quellen (Auszug): enbw.com, eon.com, watson.ch, jungewelt.de; 16.06.2014