Frankreich: AKW Fessenheim strahlt (weiter)
25 Kilometer südwestlich von Freiburg und 25 Kilometer südöstlich von Colmar “strahlt“ in Fessenheim das älteste und damit eines der gefährlichsten Atomkraftwerke Frankreichs. Atomkraftgegner befürchten, dass Präsident Hollande sein Versprechen, die Meiler 2016 stillzulegen, nicht halten wird.
Die beiden Druckwasserreaktoren wurden 1977 und 1978 in Betrieb genommen. Die Nutzung der Atomenergie, gerade auch in Fessenheim, ist eine Gefahr für Mensch und Umwelt, insbesondere, weil das Alt-AKW schlecht gesichert in einem Erdbebengebiet liegt. Ein Dammbruch am höher liegenden Rheinkanal könnte das Kraftwerk überfluten. Die außen liegenden, extrem schlecht geschützten „Abklingbecken“ mit den gefährlichen, alten, hochradioaktiven Brennstäben sind besonders stark gefährdet. Das Fundament der Anlage ist trotz der teuren, von der deutschen EnBW mitfinanzierten „Nachrüstung“ im internationalen Vergleich viel zu dünn. Ein Ölkraftwerk müsste täglich 8,64 Millionen Liter Öl verbrennen um die Wärme zu erzeugen, die das EDF/EnBW-AKW Fessenheim jeden Tag in den Rhein leitet, denn das AKW hat keine Kühltürme. Die ständige radioaktive und thermische Verschmutzung des Rheins und der Umwelt ist ein Skandal und der Rhein wäre biologisch tot, wenn alle Rheinkraftwerke ähnlich verantwortungslos betrieben würden.
Gefahren (eine kleine „Auswahl“):
- Im so genannten Normalbetrieb gibt das AKW Fessenheim über den Schornstein und das Abwasser ständig krebserzeugende Radioaktivität an die Umwelt ab (und der Wind weht meist Richtung Südbaden…).
- Atomkraftwerke und Atomwaffen sind gerade auch in Frankreich „Zwillinge“ und der Export von AKW und Atomtechnologie führt zur weltweiten Weiterverbreitung von Atomkraftwaffen.
- Der in Fessenheim produzierte Atommüll muss für eine Million Jahre sicher gelagert werden und gefährdet das Leben zukünftiger Generationen auf dieser Erde.
- Umweltbelastend und sogar tödlich sind die Folgen des französischen Uranabbaus in Afrika.
Atomunfälle und Reaktorkatastrophen – die große Gefahr
In den beiden Fessenheimer Reaktorblöcken mit je 900 MW Leistung entsteht pro Jahr in etwa die kurz- und langlebige Radioaktivität von ca. 1800 Hiroshima-Bomben. Wenn bei einem Unfall auch nur ein kleiner Teil dieser Radioaktivität entweicht, dann hat das verheerende Folgen für unsere Heimat und für alle Menschen am Oberrhein. Fukushima hat gezeigt, dass zumindest die eine Million Menschen, die in einem Radius von 30 km um Fessenheim leben, schnell und für lange Zeiträume evakuiert werden müssten. Dies wäre eine unglaubliche menschliche und ökonomische Katastrophe, die wir leider gerne verdrängen.
Die Katastrophen von Tschernobyl und Fukushima werden sich in Fessenheim sicher nicht „genau so“ wiederholen. Die nächste Katastrophe, ob in Ost- oder Westeuropa, im ältesten AKW der Welt in Beznau (CH) oder eben in Fessenheim wird neue, nicht vorhersehbare und nicht planbare Katastrophenabläufe bringen. Überall, wo Menschen arbeiten, gab und gibt es Fehler. Die Atomtechnologie verträgt aber keine Fehler, insbesondere nicht in einem altersschwachen AKW in einem Erdbebengebiet. Atomkraft ist nicht menschengerecht. Dazu kommt die Gefahr durch jederzeit mögliche Terroranschläge. Weder die Reaktoren noch die Abklingbecken noch der Steuerungsraum halten dem Aufprall eines Kampfflugzeuges stand.
Folgen möglicher Atomunfälle im AKW Fessenheim (aus einer Studie des Ökoinstituts Darmstadt)
„Bei lebhaftem Südwestwind mit Regen würde sich eine bis zu 370 km lange Schadensfahne von Fessenheim bis in den Raum Würzburg-Nürnberg erstrecken. In deren Bereich müssten alle Siedlungen für Jahrzehnte geräumt werden, sollten die Richtlinien von Tschernobyl zur Anwendung kommen. Betroffen wären u.a. die Städte Freiburg, Freudenstadt, Tübingen, Stuttgart, Heilbronn und Schwäbisch Hall.“ (Sollte der Wind am Katastrophentag in eine andere Richtung wehen, so wären natürlich andere Städte und Gemeinden betroffen.) Die Atomunfälle in Fukushima und Tschernobyl haben gezeigt, dass die bestehenden Katastrophenschutzpläne mit ihrem viel zu kleinen Evakuierungsradius Kataströphchenschutz sind und nur der Beruhigung der Menschen dienen sollen.
AKW Fessenheim – Abschaltung 2016?
Der französische Staatspräsident Hollande hat versprochen, das AKW Fessenheim (viel zu spät) im Jahr 2016 abzuschalten. Diese Ankündigung ist auch ein Erfolg des BUND und der Umweltbewegung. Hoffnungsfroh-illusionslos hat sich auch der BUND am Oberrhein an den bisherigen Gesprächen mit Herrn „Fessenheim-Abschalten“, dem Vertreter von Staatspräsident Hollande beteiligt.
Unsere Forderungen sind:
- Eine sofortige Abschaltung der beiden Hochrisikoreaktoren
- Eine schnellstmögliche Entfernung der hochgefährlichen Brennelemente aus den ungeschützten Abklingbecken
- Kein Neubau eines AKW in Fessenheim durch eine Nachfolgeregierung
- Ein möglichst sicherer Abriss und keine Billiglösung
Wir glauben, dass Herr Hollande das AKW Fessenheim tatsächlich abschalten will. Doch ob der übermächtige, immer mitregierende Atomkonzern EDF das zulässt und ob die Regierung Hollande bis 2016 politisch durchhält, ist offen und die gut organisierten Angstkampagnen im Elsass laufen an. Wer Angst um seinen Arbeitsplatz hat, fühlt sich bedroht. Doch der Abbau eines AKW schafft erst einmal viel Arbeit. Gerade das Beispiel Deutschland zeigt, dass eine nachhaltige zukunftsfähige Energiewende viel mehr Arbeit schafft als die Atomkraft.
Die vielen Millionen Euro „Beruhigungsgelder“, welche die EDF jährlich großzügig am Oberrhein streut, tun ihre Wirkung. Auch das Land Baden-Württemberg sollte mehr Abschalt-Druck machen, und so lange die alten AKW in Fessenheim, Leibstadt und Beznau noch laufen, muss aus dem alten „schwarz-gelben“ Kataströphchenschutz“ endlich realistischer Katastrophenschutz werden.
Aus diesem Grund darf auch der Widerstand bis zur endgültigen Abschaltung des AKW nicht nachlassen. Es ist wichtig, dass die Umweltbewegung immer noch grenzüberschreitend, trinational gemeinsam und machtvoll demonstriert.
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Quelle (Auszug): Axel Mayer, BUND ; scharf-links.de; 09.07.2014