Bulgariens Atomträume: Ein neuer Meiler mit Hilfe von Toshiba-Westinghouse?
Das AKW-Projekt am Standort Belene war letztlich aus Kostengründen und nach jahrzehntelangen Protesten gestoppt worden. Nun will Bulgarien einen Meiler am Standort Kozloduy bauen lassen – von der Firma Toshiba-Westinghouse. Zum Einsatz kommen soll ein umstrittener Reaktortyp, der weltweit noch nicht in einem AKW in Betrieb ist.
Bulgarien hat kürzlich zum Ausbau seines Atomkraftwerks Kosloduj ein Abkommen mit Westinghouse unterzeichnet. Dabei geht es um die Bestellung eines neuen Meilers vom Typ Westinghouse AP-1000, die Kosten belaufen sich auf etwa 5,3 Milliarden US-Dollar. An der Projektgesellschaft soll sich das bulgarische Atomkraftwerk zu 70 Prozent und Westinghouse zu 30 Prozent beteiligen.
Die nukleare Sparte der Westinghouse Electric Company gehört seit 2006 zum japanischen Konzern Toshiba. Toshiba baute zwei der drei Reaktoren von Fukushima, die bis heute vor sich hin schmoren und ein ständiger Gefahrenherd sind. Und Toshiba ist nun eines jener Unternehmen, die darauf pochen, auch unfallfreie Kraftwerke bauen zu können. Damit ist dieser Geschäftsabschluss für Toshiba ein großer Erfolg, könnte er doch vermitteln, dass auch nach der Katastrophe von Fukushima Atomtechnologie aus Japan kommen kann.
Wie auch alle anderen AKW-Firmen umwirbt Westinghouse seinen Reaktortypen als den „sichersten weltweit“:
- „The AP1000 PWR is the safest and most economical nuclear power plant available in the worldwide commercial marketplace.“
In China befinden sich an zwei Standorten jeweils zwei Meiler dieses Typs in Bau. Noch nirgends auf der Welt ist bereits einer in Betrieb. Erst seit Weihnachten 2011 hat der AP-1000 eine offizielle Zulassung der US-Atomaufsicht NRC auf 25 Jahre erhalten. Doch diese Zulassung ist nicht unumstritten. Besonders umfangreiche Kritik vor allem zum Sicherheitskonzept und zur Standsicherheit der Anlage kommt von Atomkraftgegnern, aus der Wissenschaft und aus den Reihen der Atomaufsicht selbst. Neue Erkenntnisse nach den Reaktorkatastrophen in Fukushima wurden bei dem Reaktorkonzept nicht mit berücksichtigt. Auch einschlägige Normen zur Standsicherheit von Gebäuden werden von der Konstruktion nicht erfüllt. Von „größter Sicherheit“ könne nicht die Rede sein:
„Das Containment des AP1000 ist ein großer Rückschritt weit hinter die bereits in den Containments der Atomkraftwerke der 70er Jahre des vergangenen Jahrhundert realisierten Sicherheit“, fasst ein Kritiker zusammen.
Da bereits das Belene-Projekt in Bulgarien finanziell gescheitert ist, steht auch Kozloduy nicht unter einem guten Stern. Denn die Finanzierung durch externe Geldgeber bleibt heutzutage die wichtigste Rahmenbedingung für den Neubau von Atomkraftwerken, weil die europäischen Staaten Subventionen immer kritischer sehen. Bei den wenigen AKW-Baustellen in Europa ufern zudem die Kosten aus, Zeitpläne können nicht eingehalten werden und schon während der Bauphase kommt es zu Pannen. Ergänzt werden diese Tatsachen von der Kritik an dem Reaktortypen selbst. Anzunehmen ist, dass auch das Kozloduy-Projekt schon an der Finanzierung scheitern wird.
Am Standort Kozloduy befindet sich das einzige AKW Bulgariens in Betrieb. Es handelt sich um insgesamt sechs Reaktoren russischer Bauart, von denen aber Block 1-4 (Typ WWER-440/230) im Rahmen des Europabeitritts wegen Sicherheitsmängeln bis 2006 stillgelegt werden mussten. In Betrieb sind zwei Blöcke vom Typ WWER 1000/320.
- weitere Informationen / Kritik zum AP-1000: http://www.tec-sim.de/index.php/43-fukushima/fukushima/291-kritik-am-ap1000
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Quellen (Auszug): dpa, tagesspiegel.de; 26.7./01.08.2014; newspiratenparteide.soup.io