Tausende Risse: Zwei belgische Atomkraftwerke vor dem endgültigen Aus?
Zwei der sechs belgischen Atomkraftwerke stehen möglicherweise vor dem endgültigen Aus. Dank neuer Messtechnik waren vor zwei Jahren tausende mögliche Rissen im Reaktorbehälter der Meiler Doel-3 und Tihange-2 festgestellt worden, nun haben Zwischenergebnisse neuer Tests „nicht die erwünschten Resultate erbracht“. Baugleiche Reaktorbehälter finden sich in der ganzen Welt, ein systematischer Fehler und damit die Übertragung auf andere AKW wird nicht ausgeschlossen.
Vergleichbare Behälter sind in der Schweiz, den Niederlanden, Schweden, Spanien, den USA und Argentinien vorhanden – dort sind im Gegensatz zu Deutschland die betroffenen Meiler noch in Betrieb. Es handelt sich um 22 Behälter, die Betreiber schmieden Notfällpläne. In Belgien sprechen Medien schon von einem möglichen „Blackout“ weil weitere Kraftwerke ausgefallen sind. Das Land ist zu 50% abhängig von seinen sieben Reaktoren.
Nach einem Jahr waren die Reaktoren angefahren worden, aber im vergangenen März auf Anordnung der Atomaufsicht wieder abgeschaltet. Im Forschungszentrum im belgischen Mol hatten man baugleiche Stahlproben einer extremen nuklearen Bestrahlung ausgesetzt – mit dem Ergebnis, dass der Stahl danach Schwächen aufweist. Probleme, die bei der verwendeten Legierung seit 1979 bekannt sind. Frühestens im Herbst soll es nun eine Antwort auf die Frage geben, ob die Risse in Doel und Tihange Auswirkungen auf den sicheren Reaktorbetrieb haben. Denn teilweise sollen die Risse bereits bis zum Rand gehen. Sollten sich die Zwischenergebnisse bestätigen, dass der Stahl der Reaktorwände von tausenden Rissen durchzogen und geschwächt ist, dürften die Meiler definitiv abgeschaltet bleiben. Denn es ist praktisch unmöglich, den Reaktorbehälter auszutauschen.
Hinter den Kulissen der belgischen Atomaufsichtsbehörde FANK heisst es schon, die beiden Meiler könnten möglicherweise nie wieder hochgefahren werden. Erst einmal sei aber auch wegen umfangreicher Reparaturarbeiten im Block Doel 4 die Stromversorgung im kommenden Winter ein Problem: es fehlen 3.000 Megawatt Leistung. Über gezielte Stromabschaltungen im ländlichen Bereich würde bereits nachgedacht, schreiben Medien. Soweit kann es also gehen, wenn man auf die störanfällige Technik Atomkraft setzt.
Es könnte auch unsere französischen Nachbarn treffen, deren Abhängigkeit von der Atomkraft ungleich größer ist: Sollten kürzlich in britischen Dampferzeugern festgestellte Kesselrisse auch bei baugleichen französischen AKW gefunden werden, müsste dort eventuell mehr als ein Dutzend Reaktoren vom Netz. Die französische Atomaufsicht rät bereits, für Ersatzkapazitäten zu sorgen.
- Belgien: Sabotage und Sicherheitslücken in AKW
14. August 2014 – Im belgischen Atomkraftwerk Doel 4 wird über Sabotage spekuliert: Zehntausende Liter Öl waren ausgelaufen und hatten zur Abschaltung des Meilers geführt. Sicherheit kann nur durch einen europaweiten Atomausstieg gewährleistet werden, meint Greenpeace.
- Abgeschaltet: Probleme in vier britischen Reaktoren
12. August 2014 – Wegen vermuteter Probleme mit den Dampferzeugern sind vier Reaktoren in England vom Netz gegangen. Es handelt sich um die Doppelblock-Anlagen in Heysham und Hartlepool, die vom französischen Staatskonzern EdF betrieben werden.
- Neuer Bericht zu Tihange 2 und Doel 3: Belgische Risiko-Reaktoren müssen endgültig vom Netz
10. April 2014 – Die Fraktion Grüne/EFA im Europäischen Parlament hat heute gemeinsam mit dem Aachener Aktionsbündnis gegen Atomkraft einen neuen Expertenbericht zum Zustand der belgischen Atomkraftwerke Tihange 2 und Doel 3 vorgelegt. Der Bericht stellt dar, dass die Risiken der Reaktoren nicht abschließend geklärt sind.
- Belgien: Zwei Meiler aus Sicherheitsgründen erneut abgeschaltet
26. März 2014 – In Belgien sind erneut die beiden Atomreaktorblöcke Doel 3 und Tihange 2 abgeschaltet worden. Grund dafür waren unerwartete Ergebnisse bei Sicherheitstests, die von den Aufsichtbehörden nach dem Fund von Rissen in den Reaktorbehältern angeordnet wurden. Atomkraftgegner fordern die Stilllegung der Anlagen, der Weiterbetrieb wäre “unverantwortlich”.
- Belgien: Rissige Reaktoren wieder am Netz
4. Juni 2013 – Nach knapp einem Jahr Zwangspause wurde der belgische Atomreaktor Doel 3 wieder in Betrieb genommen. Es waren im Reaktorbehälter von Doel 3 und Tihange 2 tausende Haarrisse festgestellt worden, die Atomaufsicht zweifelte daran, dass die Blöcke aus Sicherheitsgründen jemals wieder ans Netz gehen könnten. Atomkraftgegner rufen nun zu Protesten auf.
- Belgien: Ein Wiederanfahren von Doel 3 und Tihange 2 ist wegen ungeklärter Sicherheitsrisiken unverantwortlich
11. Januar 2013 – Im August und September 2012 wurden Defekte in den Reaktoren Doel 3 und Tihange 2 in Belgien bekannt. Beide Reaktoren stehen deshalb zurzeit still. Die Empfehlung der belgischen Aufsichtsbehörden, ob die Reaktoren wieder angefahren werden können, wird in Kürze erwartet. Die Fraktion Grüne/EFA im Europaparlament hat deshalb die unabhängige Materialexpertin Dr. Ilse Tweer beauftragt die vorhandenen Informationen zu den Fällen zu sichten und zu bewerten. Diese Arbeit wurde heute im Europäischen Parlament vorgestellt.
- 8.000 Risse in belgischem Reaktor!
17. August 2012 – Laut Willy de Roovere, Chef der belgischen Atomaufsichtsbehörde AFCN, sind 8.000 Risse am unteren Teil des dritten Reaktorblocks des belgischen AKW Doel entdeckt worden. Heute wurde ein zweiter betroffener Reaktor abgeschaltet. Die Atomaufsicht zweifelt, dass Doel-3 jemals wieder ans Netz gehen wird. Atomkraftgegner sind entsetzt, denn die Risse wurden erst mit einem “neuen Messverfahren” gefunden.
Quellen (Auszug): brf.be, heise.d, neues-deutschland.de; 20./21./25.8.2014