AKW-Störfälle: Durchgerostete Atommüllfässer sind nur der Gipfel
Das war lange nicht alles: Letzte Woche machte der Fund weiterer teilweise durchgerosteter Atommüllfässer in den Kellern des Atomkraftwerks Brunsbüttel Schlagzeilen. Dort ist auch Strahlung ausgetreten. Aber auch etliche weitere Atomanlagen melden Störfälle: ein Auschnitt.
Das Atomkraftwerk Wylfa, mit 43 Jahren das älteste in Betrieb befindliche AKW in Großbritannien, wurde bereits im Januar 2014 wegen Wartungsarbeiten abgeschaltet und musste nur zwei Tage nach dem Wiederanfahren am 3. Juli 2014 wegen eines Dampflecks erneut heruntergefahren werden. Eigentlich sollte das alte AKW Wylfa, das nur für eine Betriebszeit von 25 Jahren ausgelegt war, 2010 endgültig abgeschaltet werden.
Am 8. August wurden die Blöcke 1 und 2 des französischen AKW in Cattenom kontrolliert. Dabei wurde festgestellt, dass einige Schrauben der Ölleitungen von Pumpen nicht ordnungsgemäß festgezogen waren. Die Pumpen sollen bei einem Unfall Borsäure in den Primärkühlkreis transportieren, um die Kettenreaktion im Reaktorkern zu stoppen.
Seit Montag ist das AKW Philippsburg-2 wieder in Betrieb. Während der bis dahin andauernden Revision wurde Anfang der Woche der Aufsichtsbehörde ein Defekt am Magnetantrieb einer Hilfsarmatur des Frischdampfsystems gemeldet. Der betroffene Magnetantrieb wurde ausgetauscht. Die Atomaufsicht spricht von einem „systematischen Fehler“, denn in drei weiteren AKW war es zu Kurzschlüssen mit diesem Magnetschalter gekommen.
Probleme bereitete auch ein Transformator in Philippsburg, der während des jährlichen Wartungsintervalls vom Hersteller generalüberholt wurde. Nach dem Einbau in das AKW stellte der Betreiber EnBW Probleme fest. Der Trafo, der für die Einspeisung des Stroms ins Netz dient, wurde wieder ausgebaut, gegen ein Ersatzteil getauscht und soll nun erneut mit der Eisenbahn zum Hersteller transportiert werden.
Im abgeschalteten Forschungsreaktor Geesthacht ist es zu einem Lecks gekommen, meldet die Atomaufsicht Schleswig-Holstein. In einem doppelwandigen Lagerbehälter für radioaktive Abwässer sei in der inneren Wand eine undichte Stelle festgestellt worden. Das kontaminierte Wasser sei aber nicht ausgetreten sondern konnte in dem Zwischenraum des Behälters aufgefangen werden.
Das abgeschalteten Atomkraftwerk Unterweser kam es zu einer Schutzabschaltung eines Notstromdiesels und damit zum Ausfall einer Notstromschiene. Als Ursache wurde laut Betreiber E.ON ein defekter Kabelschuh erkannt.
Im abgeschalteten Block B des Kraftwerks Biblis wurde am 10. August 2014 von den automatischen Überwachungssystemen eine Störung an einem Schalter einer von beiden Blöcken gespeisten Stromversorgungsschiene angezeigt. Der Schalter dient dazu, bei einem Ausfall der Stromeinspeisung von Block B automatisch auf die Versorgung aus dem Nachbarblock umzuschalten. Ein Messwandler musste nach Auskunft von Betreiber RWE ausgetauscht werden. Der Fehler bestand also in dem Bereich, der von Atomkraftgegner immer wieder kritisiert wird: die Blöcke sind nicht vollständig voneinander getrennt.
Im benachbarten ebenfalls abgeschalteten Block A des AKW Biblis wurden vier Tage später bei einer routinemäßigen Anlagenbegehung Ablagerungen von Bor an einem Verdampfer der Kühlmittelaufbereitung festgestellt. Diese Tatsache weist auf ein Leck hin, das nach Entfernung der Isolierung auch gefunden wurde. Die Ursachenklärung läuft, berichtet RWE.
Bei einem Chemieunfall in einem stillgelegten slowakischen Atomkraftwerk sind am Dienstag letzter Woche zwei Arbeiter schwer verletzt worden. Der Unfall ereignete sich in zwei AKW-Blöcken, die abgerissen werden. Nach Auskunft des Betreibers hätten die Arbeiter durch Salpetersäure Verätzungen erlitten.
Und dann teilte am vergangenen Mittwoch das Energieministerium Schleswig-Holstein mit, dass bei Inspektionen des AKW Brunsbüttel weitere stark korrodierte Fässer mit radioaktiven Abfällen gefunden worden sind. Aufgrund der starken Beschädigungen ist radioaktives Material „in breiiger Form“ ausgetreten. Betreiber Vattenfall hat bislang keine vernünftige technische Lösung um mit dem Problem fertigzuwerden.
- Entsorgungsmisere im AKW Brunsbüttel: Weitere Rostfässer im Keller gefunden
21. August 2014 – Bei Untersuchungen in den unterirdischen Depots des Atomkraftwerks Brunsbüttel hat der Betreiber Vattenfall erneut teilweise erheblich beschädigte, rostige Fässer gefunden. Auch Strahlung wurde gemessen, weil Atommüll ausgetreten ist. Die Atomaufsicht in Schleswig-Holstein ist alarmiert. Atomkraftgegner fordern ein umfassendes neues und sicheres Lagerkonzept und die Stilllegung der Atomanlagen.
- Belgien: Sabotage und Sicherheitslücken in AKW
14. August 2014 – Im belgischen Atomkraftwerk Doel 4 wird über Sabotage spekuliert: Zehntausende Liter Öl waren ausgelaufen und hatten zur Abschaltung des Meilers geführt. Sicherheit kann nur durch einen europaweiten Atomausstieg gewährleistet werden, meint Greenpeace.
- Abgeschaltet: Probleme in vier britischen Reaktoren
12. August 2014 – Wegen vermuteter Probleme mit den Dampferzeugern sind vier Reaktoren in England vom Netz gegangen. Es handelt sich um die Doppelblock-Anlagen in Heysham und Hartlepool, die vom französischen Staatskonzern EdF betrieben werden.
- Kühlung muss immer gewährleistet sein – Zwei Störfälle im AKW Krümmel
6. August 2014 – Auch ein abgeschaltetes Atomkraftwerk bleibt gefährlich: Im schleswig-holsteinischen AKW Krümmel, das seit 2011 keinen Strom mehr produzieren darf, haben sich zwei Störfälle ereignet. Die Atomaufsicht musste über die Pannen informiert werden.
Quellen (Auszug): iwr.de, tageblatt.lu, enbw.com, e-on.com, dpa, rwe.com; 17./18./19./20./21.8.2014