Versuchsreaktor Jülich: Atomkraftgegner kritisieren geplantes Kippmanöver
In einem weltweit einmaligen und riskanten Manöver soll der 2.100 Tonnen schwere und radioaktiv verseuchte Versuchsreaktor im Forschungszentrum Jülich umgekippt und in ein Zwischenlager transportiert werden. Atomkraftgegner weisen auf neue Risiken hin und fordern vom Betreiber nun umfassende Informationen.
Die aktuelle Diskussion um den angekündigten Export des Atommülls aus dem Reaktorbetrieb in Jülich dränge einen anderen nuklearen Problembereich zu sehr in den Hintergrund, meinen die AtomkraftgegnerInnen: Die riskante Entsorgung des verstrahlten Reaktordruckbehälters, die ab Ende September beginnen soll. Es seien Lecks festgestellt worden, durch die ständig Radioaktivität entweicht.
- Den AtomkraftgegnerInnen seien „weitere Neuigkeiten zu diesem Debakel zugespielt“ worden: Der Reaktorbehälter soll nicht ausreichend dicht sein und damit bei der Lagerung ständig radioaktiven Kohlenstoff-14 emittieren, sodass jetzt heimlich eine zusätzliche Genehmigung dafür beantragt werden musste.
Nach einem jahrelang vertuschten schweren Störfall im Jahr 1978 wurde nicht nur der Reaktordruckbehälter (RDB) bis heute stark verstrahlt, sondern auch der Boden darunter u.a. mit Strontium-90, Cäsium-137 und Kohlenstoff-14. Der 2.100 Tonnen schwere RDB kann deswegen nicht vor Ort zerlegt werden sondern soll in einem riskanten und weltweit einzigartigen Verladeverfahren gekippt und 300 m weiter in eine Zwischenlagerhalle gebracht werden. In dieser „unsicheren Billig-Lagerhalle“ werde der Behälter 60 Jahre oder länger bleiben, so die Aktivisten. Bei der geplanten Bodensanierung würde es schon heute Hinweise auf Kostesteeigerungen in dreistelliger Millionenhöhe geben.
„Das enorme Gewicht des RDB und seine extrem hohes strahlendes Inventar stellen ein großes Sicherheitsrisiko bei dem geplanten Manöver dar“, meinen die AtomkraftgegnerInnen.
Andere Möglichkeiten, die radioaktive Bodenbelastung z. B. durch chemische Reinigung des Bodens zu beseitigen, seien vom Betreiber nie ausreichend geprüft worden. Auch sei bis heute die Bevölkerung über die konkreten Zeitpläne, Kosten und Maßnahmen der Verladung und Sanierung nicht hinreichend informiert worden. Auch dränge sich die Frage auf, warum die Castorbehälter aus der unsicheren Lagerhalle abtransportiert werden müssen, die Sicherheitsanforderungen wegen Erdbebengefahr und Bodenverflüssigung für die Reaktorlagerung aber genügen.
„Wir fordern Bundesregierung, NRW-Landesregierung, Forschungszentrum Jülich und AVR/EWN auf, zunächst eine umfassende Prüfung von Alternativen zur riskanten Verlagerung des stark verstrahlten Druckbehälters durchzuführen“, so die AktivistInnen. „Dazu muss die Verlagerung ausgesetzt werden. An dieser Alternativen-Prüfung muss die Bevölkerung intensiv beteiligt werden.“
Am kommenden Sonntag (21.9.2014) wird am Standort Jülich gegen den geplanten Atommüll-Export und Entsorgungspraxis protestiert: Mit einem „Sonntagsspaziergang“, der ab 14:00 Uhr von der Haltestelle „Forschungszentrum“ zum Tor des FZJ führt. Zeitgleich findet ein Sonntagsspaziergang am Atommüllzwischenlager Ahaus statt.
- Weitere Infos hier: www.westcastor.de
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Quelle (Auszug): PE AKW Nee Gruppe Aachen / Anti-Atom Bonn / Anti-Atom Euskirchen / Anti_Atom Plenum Köln, 18.9.2014