AKW-Bau in England: Es rechnet sich absolut nicht
Gestern hat die EU-Kommission die staatliche Förderung für den Neubau des AKW Hinkley Point in England durchgewunken – mit der Mehrheit von nur einer Stimme. Greenpeace startet dagegen eine Unterschriftenaktion, deutsche Atomkraftgegner protestieren und drohen mit rechtlichen Folgen.
In enger Abstimmung mit der Bundesregierung stimmte der deutsche EU-Kommissar Oettinger für den mit Milliarden subventionierten Bau des britischen AKW Hinkley Point C. Das deutsche Ja war das Zünglein an der Waage, denn bei der Abstimmung in der Kommission hätte eine Stimme weniger das Aus für die britischen Atom-Pläne bedeutet.
Die genehmigten Beihilfen setzen neue Rekordmarken in der europäischen Subventionspolitik und zeigen deutlich, welche absurden Blüten die Unwirtschaftlichkeit der Atomenergie treibt, schreibt die BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) und fragt: „Wo bleibt die Intervention von Kanzlerin Angela Merkel und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel?“
Jochen Stay von ausgestrahlt hingegen meint: „Damit sind Angela Merkel und Sigmar Gabriel direkt verantwortlich für den Neubau von AKW in Europa“. Es sei „unfassbar, was sich die Bundesregierung drei Jahre nach Fukushima leistet. Atomenergie ist weder wirtschaftlich noch sicher. Wer trotzdem den Neueinstieg befürwortet, muss sich fragen lassen, welche atompolitischen Überraschungen hierzulande noch drohen.“
In einem Kommentar auf tagesschau.de fasst Werner Eckert von der SWR-Umweltredaktion die Situation sehr treffen zusammen: Dieser Beschluss sei „andererseits eine so phänomenale Werbung für die deutsche Energiewende, dass man sie sich schöner nicht malen könnte.“ Er zeige nämlich, dass Sonne und Wind billigen Strom liefern und sich neue Atomkraftwerke „absolut nicht rechnen“. Die Briten müssen für ihren Atomstrom in Zukunft viel mehr hinlegen: Etwa elf Cent pro Kilowattstunde bekommen die Kraftwerksbauer garantiert, was mehr ist als die Betreiber von großen Solaranlagen und Windrädern in Deutschland. Mit 35 Jahren bekommen sie das Geld auch länger. In Deutschland müssen sich die Anlagen nach 20 Jahren auf dem Markt behaupten. Den versprochnen Inflationsausgleich gibt es bei uns nicht. Und als Gipfel übernimmt der englische Staat praktisch die Haftungskosten.
Das sei Luxus für die französischen Kraftwerksbauer, die sich da haben breitschlagen lassen, überhaupt ein neues AKW zu bauen. „Von Wollen war keine Rede“, resümiert Eckert. „Es rechnet sich absolut nicht. Zahlen müssen das jetzt die britischen Steuerzahler. Ob sie wollen oder nicht.“
Aus ganz Europa hangelt es jetzt Protest: „Sagen Sie ‚Nein‘ zum AKW Hinkley Point und allen weiteren neuen Atomkraftwerken in Europa!“ fordert etwa Greenpeace Österreich und startete gestern eine Unterschriftenkampagne:
Die Elektrizitätswerke Schönau (EWS) haben die EU-Kommissare und die Bundeskanzlerin in einem offenen Brief aufgefordert, sich gegen die Subventionen einzusetzen. Österreich will vor dem Europäischen Gerichtshof klagen, die EWS Schönau wollen diese Initiative aktiv unterstützen wollen einen bundesweiten Klagefonds ins Leben rufen.
- Megaskandal: EU-Kommission genehmigt Subventionen für britisches Atomkraftwerk
8. Oktober 2014 – Ohne staatliche Beihilfe kommt Atomkraft nicht aus, und in England geht es aktuell um vermutlich 19 Milliarden Euro für den Bau eines neuen Meilers. Heute hat die EU-Kommission entgegen aller Kritik und Zweifel ihre Zustimmung gegeben, dass England den künftigen Betreiber und französischen Stromkonzern EDF mit Steuergeldern unterstützen darf. Atomkraftgegner nennen die Genehmigung “klar illegal” und einen “Kniefall vor der Atomlobby”.
Quellen (Auszug): tagesschau.de, greenpeace.org, ausgestrahlt.de, bi-luechow-dannenberg.de, ee-news.ch; 8./9.10.2014