Subventionen für Reaktorbau: Große Koalition nickt britische Atommilliarden ab

Mit einer großen Mehrheit wurde heute ein Antrag der Grünen im Bundestag zurückgewiesen, mit dessen Hilfe die Bundesregierung gegen die von der EU beschlossene Billigung der staatlichen Subventionierung für einen Reaktorbau in England vorgehen sollte. Atomkraftgegner fordern von der Regierung nun ein klares Bekenntnis zum Atomausstieg.

Greenpeace: Stop risking Europe!

Greenpeace: Stop risking Europe!

Mit 475 Nein-Stimmen bei 118 Ja-Stimmen wurde am heutigen Donnerstag der Antrag der Grünen-Fraktion abgelehnt, der die Bundesregierung aufforderte, gegen die Entscheidung der EU-Kommission zur Beihilfe für das geplante Atomkraftwerk Hinkley Point C Klage beim Gerichtshof der Europäischen Union einzureichen. Die Grünen forderten zudem, dass Kanzlerin Angela Merkel beim EU-Gipfel am 23./24. Oktober klar Position gegen die staatliche Subventionierung von AKWs beziehen sollte.

  • Mit diesem Beschluss trägt die große Koalition die umstrittene EU-Subventionen für ein britisches Atomkraftwerk indirekt mit. Entgegen aller vorherigen Festlegungen hatte am 8. Oktober auch der deutsche Energie-Kommissar Günther Oettinger für die Finanzierung des Atomkraftwerks gestimmt.

Die Billigung der Subventionen hat Tragweite: Auch in anderen europäischen Länder wie Tschechien, Bulgarien, der Slowakei oder Polen spekulieren Atomkonzerne auf die bis dahin nach EU-Recht als illegal deklarierte Subventionierungsmöglichkeit für eigen AKW-Neubauprojekte. Denn bei fast allen Projekten mangelt es an einer Finanzierung.

Im Gegenteil zu Deutschland hat das österreichische Bundeskanzleramt beschlossen, den Entscheid der Europäischen Kommission nicht zu akzeptieren und eine Klage beim Europäischen Gerichtshof einzubringen. Alternative Energieformen seien förderungswürdig – nicht aber die Atomenergie. Garantierte Einspeisetarife wie in England dem AKW-Betreiber EDF versprochen wurden sind bisher allein den erneuerbaren Energieformen vorbehalten.

Atomkraftgegner warnen die Bundesregierung nun vor einem „Weichspülen“ des eigenen Atomausstiegs: Wer im eigenen Land die Energiewende will und nach außen aber nicht zu ihr steht, der kann nicht als ernsthafter Befürworter des Wandels verstanden werden:

„Wir fordern Angela Merkel und Sigmar Gabriel zu einem deutlichen Bekenntnis für Erneuerbare Energien und gegen die gefährliche und unwirtschaftliche Atomkraft auf“, so Jan Becker von contrAtom. „Den EU-Kurs zu unterstützen ist ein Kniefall vor der Atomlobby, die den Super-GAU von Fukushima und die ungelöste Endlagerfrage zu verantworten hat.“

  • AKW-Bau in England: Es rechnet sich absolut nicht
    9. Oktober 2014 – Gestern hat die EU-Kommission die staatliche Förderung für den Neubau des AKW Hinkley Point in England durchgewunken – mit der Mehrheit von nur einer Stimme. Greenpeace startet dagegen eine Unterschriftenaktion, deutsche Atomkraftgegner protestieren und drohen mit rechtlichen Folgen.
  • Megaskandal: EU-Kommission genehmigt Subventionen für britisches Atomkraftwerk
    8. Oktober 2014 – Ohne staatliche Beihilfe kommt Atomkraft nicht aus, und in England geht es aktuell um vermutlich 19 Milliarden Euro für den Bau eines neuen Meilers. Heute hat die EU-Kommission entgegen aller Kritik und Zweifel ihre Zustimmung gegeben, dass England den künftigen Betreiber und französischen Stromkonzern EDF mit Steuergeldern unterstützen darf. Atomkraftgegner nennen die Genehmigung “klar illegal” und einen “Kniefall vor der Atomlobby”.
  • Zehntausende EU-Bürger fordern: Keine weiteren Atomsubventionen!
    8. April 2014 – Sollen hohe staatliche Subventionen für Atomkraft erlaubt sein? Über diese Frage muss zurzeit die Europäische Kommission entscheiden. Großbritannien hatte letzen Herbst um die Genehmigung von festgelegten Einspeisevergütungen für Strom aus dem noch in Planung befindlichen Atomkraftwerk Hinkley Point C im Süden des Landes angefragt. Damit sollen dem Betreiber, der Electricité de France (EdF), über 35 Jahre feste Einnahmen garantiert werden, umgerechnet 11 Ct/kWh plus Inflationsausgleich. Zehntausende EU-Bürger fordern nun: Keine weiteren Atomsubventionen!
  • England: Milliardensubvention für AKW sind EU-rechtswidrig
    6. Februar 2014 – Medien sprechen von einem “gewaltigen Dämpfer” für die britischen AKW-Baupläne am Standort Hinkley Point: die geplante Milliardensubvention durch Preisgaratien für Atomstrom sind mit dem EU-Recht nicht vereinbar.
  • Die Mär vom günstigen und sauberen Atomstrom
    30. Oktober 2013 – Großbritannien setzt auf Atomkraft: Sieben neue Meiler sollen bis 2030 gebaut werden- obwohl das Potenzial für Windenergie auf der Insel riesig ist. Dabei ist die Atomenergie weder sauber noch besonders günstig, schreibt Hermann Falk, Geschäftsführer des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE).
  • Neue britische Atomreaktoren sind energiepolitischer Irrsinn
    24. Oktober 2013 – Die britische Regierung will in Hinkley Point in der Grafschaft Somerset zwei neue Atomreaktoren errichten und diese spätestens im Jahr 2023 in Betrieb nehmen. Die beiden Druckwasserreaktoren mit einer Kapazität von je 1,6 Gigawatt sollen nach den ersten Planungen 19 Milliarden Euro kosten. Für alle Mehrkosten wird der britische Staat haften. Die NaturFreunde Deutschlands kündigen Widerstand gegen den Bau der AKW in England an.

Quelle (Auszug): dpa, nuklearforum.ch; 15.10.2014