Eine „neue Sorte“ Atommüll ist aufgetaucht
Das Atommüllproblem ist um eine Facette reicher geworden: das Nachrichtenmagazin Spiegel verweist in der Ausgabe 19/2013 darauf, dass nicht einmal die Abfallbilanzen klar sind. Eine „neue Sorte“ von Atommüll sei aufgetaucht, für die es bislang noch gar keine Endbestimmung gibt: rund 100.000 Kubikmeter graphithaltiger Abfälle sowie abgereichertes Uran, die nicht in den Schacht Konrad verbracht werden dürfen.
Auf diese Schwachstelle haben Bürgerinitiativen in der Vergangenheit wiederholt hingewiesen. Und kritisieren nun auch das geplante Endlagersuchgesetz: Im Entwurf für das Gesetz werde das Problem kaschiert, schreibt die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI).
Es heißt dort wörtlich, es ginge um die „Einrichtung eines Endlagers für insbesondere Wärme entwickelnde radioaktive Abfälle“ und ein entsprechendes Standortauswahlverfahren.
„Das Wörtchen ‚insbesondere‘ ist ein Türöffner dafür, dass alle Arten von Atommüll, die im Schacht Konrad nicht gelagert werden dürfen, in die angeblich noch zu findende Deponie verbracht werden“, warnt BI-Sprecher Wolfgang Ehmke.
Bisher sollten hochradioaktive und nicht Wärme entwickelnde Abfälle in getrennten Deponien gelagert werden.
„Im Zentrum der gegenwärtigen Diskussion stehen geologische Fragen, wenig Beachtung findet die Frage, wie eingelagerte Radionuklide untereinander und mit den Stoffen ihrer unmittelbaren Umgebung reagieren. Das zeigt, wie falsch das überhastete Vorgehen bei der Atommülllagerung ist“, so die BI.
Ein Hauptproblem sind die Zehntausenden Tonnen Uranmüll, die beim Betrieb der Urananreicherungsanlage Gronau anfallen. Bereits ab 1995 begann in der Amtszeit der damaligen Bundesumweltministerin Angela Merkel unter Umgehung des noch geltenden Exportverbots für Atommüll der Abtransport von rund 30 000 Tonnen abgereichertem Uran von Gronau nach Russland zur faktischen Endlagerung. Dieser Export wurde erst 2009 nach massiven Protesten russischer, deutscher und niederländischer Atomkraftgegner/innen eingestellt.
„Anstatt die Urananreicherung als Konsequenz aus dem Atomausstieg zu beenden, stellt der Entsorgungsdruck in Gronau die deutschen Endlagerungspläne vor schier unlösbare Probleme“, so Ehmke.
2010 konnte der von der Bundesregierung forcierte Export von hochradioaktivem Atommüll vom Zwischenlager Ahaus ins russische Majak nach starken Protesten russischer und deutscher Umweltschützer sowie der NRW-Landesregierung in letzter Sekunde gestoppt werden. Die Region rund um die Atomanlagen von Majak gilt als eine der verstrahltesten Regionen weltweit. Bis zum 23. August muss die Bundesregierung die Richtlinie 2011/70/EURATOM umsetzen und das Atomgesetz ändern, womöglich, um derartigen Atommüllexporten juristisch Tür und Tor zu öffnen, u. a. weil der Entsorgungsdruck aus Gronau sehr hoch ist, erinnert die BI: Hier seien Wachsamkeit und öffentlicher Druck vonnöten.
- Gutachten: Verbot von Atommüllexport ist möglich
24. April 2013 – Ein Gutachten der grüne Bundestagsfraktion zeigt: Die Bundesregierung könnte den Export von Atommüll ohne Mühe gesetzlich verbieten. Bundesumweltminister Altmaier bekräftigte zwar noch einmal, dass ein Export nicht geplant sei. Ein Verbot gibt es trotzdem nicht. Kritiker vermuten ein “Schlupfloch”, dass als Möglichkeit offen gehalten werden soll. Denn der Export findet ohnehin statt.
- Deutscher Atommüll nach Krasnojarsk? EnBW erwog Atommüll-Export
1. März 2013 – “Teile der deutschen Atombranche” arbeiten laut Süddeutsche Zeitung weiter an konkreten Pläne für eine Entsorgung von Atommüll im Ausland. Die Überlegungen bei EnBW seien “durchaus fortgeschritten” gewesen, strahlenden Abfall in Russland zu verklappen. Heute seien die Pläne aber “längst beerdigt”. Atomkraftgegner fordern erneut ein definitives Exportverbot.
- DUH: Altmaier hält nicht Wort – keine Klarheit beim Atommüll-Export
13. Februar 2013 – Entgegen einer klaren Ankündigung vom 7. Januar weigert sich Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) weiter standhaft, in der geplanten 14. Atomgesetznovelle ein Exportverbot oder jedenfalls den Vorrang der Endlagerung hochradioaktiven Atommülls im Inland unmissverständlich festzuschreiben. Nach Informationen der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH) hat es zu keinem Zeitpunkt einen Auftrag Altmaiers gegenüber der Abteilung Reaktorsicherheit gegeben, den Gesetzentwurf entsprechend zu überarbeiten.
Quelle: bi-luechow-dannenberg.de, 12.05.2013