Bundesländer stellen sich quer: Endlager-Gesetz droht nun doch zu scheitern
Niedersachsen nennt den Zeitplan „unrealistisch“, Schleswig-Holstein sieht keine Lösung für die Castor-Behälter aus England. Beide Länder halten die für den 05. Juli gelante Verabschiedung des Endlagersuchgesetzes für gefährdet. Atomkraftgegner kritisieren erneut das „Gesetz im Affentempo“.
Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck (Grüne) sieht im bundesweiten Streit nach Zwischenlagern für die letzten 26 Castoren mit wiederaufbereitetem Atommüll aus Frankreich und England noch immer keinen Kompromiss, berichtet die „Welt“. Sollte keine Lösung mit der Lagerung in mehreren anderen Bundesländern zustande kommen, halte er die für den 5. Juli geplante Verabschiedung des Endlagersuchgesetzes im Bundesrat für gefährdet. Es gäbe aber weiterhin die Bereitschaft Schleswig-Holsteins, einen Teil der Castoren in einem Zwischenlager aufzunehmen – solange andere Bundesländer die Lasten mitttragen.
Auch aus Niedersachsen hagelt es neue Kritik: Der im Gesetz vorgesehene Zeitplan für eine Endlagersuche – u.a. der Abschluss bis 2031 und die Zeit für untertägige Erkundung – sei völlig unrealistisch und nicht zu halten, sagte der niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne). Die rot-grüne Landesregierung habe immer betont, dem Gesetz im Bundesrat nur zuzustimmen, „wenn eine rechtssichere Umsetzung“ der Standortauswahl realistisch sei, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“. Neben offenen Formulierungs- und Genehmigungsfragen sei auch die Zwischenlagerfrage für die 26 Castoren aus der Wiederaufarbeitung im Ausland ungeklärt.
Widerstand kommt auf Bundesebende auch von der SPD. Die Fraktion im Bundestag will dem Gesetz nur unter Bedingungen zustimmen: bis zur zweiten und dritten Lesung im Juni solle die Zwischenlagerung der 26 Atommüll-Behälter geklärt sein. Die Behälter sollen nicht mehr in das oberirdische Zwischenlager Gorleben gebracht werden, um keine weiteren Fakten für ein Endlager im nahe gelegenen Salzstock zu schaffen, fordert die SPD. Auch schwarz-gelb regierte Länder müssten sich in der Frage bewegen, meint SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann. Wenn die Frage nicht geklärt sei, werde die SPD nicht zustimmen.
Weitere wesentlichen Fragen sind noch ungeklärt: die Zusammensetzung der 24-köpfigen Enquete-Kommission, und ob die Energieversorger Mehrkosten in Milliardenhöhe tragen werden.
„Im Affentempo wird das Gesetz, das bei Anti-Atom-Initiativen und Umweltverbänden auf großen Widerstand stößt, durchgesetzt. Im Fokus der Kritik steht nicht allein, dass an Gorleben als potentiellem Endlagerstandort festgehalten wird, sondern dass ohne eine umfassende Atommülldebatte und ohne die Aufarbeitung der Fehler der Vergangenheit die Grundzüge einer angeblich neuen Endlagersuche festgeschrieben werden“, kritisiert Wolfgang Ehmke, Sprecher der BI Lüchow-Dannenberg.
Am 10. Juni sollen tausende Unterschriften, die von der BI gegen das geplante Gesetz gesammelt wurden, in Berlin übergeben werden.
Unterdessen hat Jochen Stay, Sprecher von ausgestrahlt, der Politik das Angebot unterbreitet, dass man an der Debatte um ein Endlager mitwirken würde – vorrausgesetzt, alle die möchten würden an dem Prozess beteiligt.
- Nächster Castor geht wohl doch nach Gorleben…
12. Mai 2013 – Keine Einigung in Sicht: Nach Informationen des NDR könnte Schleswig-Holstein die Bereitsschaft zur Aufnahme von Atommüll aus dem Ausland zurückziehen – der dann mit einiger Sicherheit wieder in Gorleben landen wird. Atomkraftgegner kündigen massive Proteste an.
- DUH: Lücken im Standortauswahlgesetz gefährden politische Einigung über neue Endlagersuche
28. April 2013 – Der am vergangenen Mittwoch im Bundeskabinett verabschiedete Entwurf eines Gesetzes zum Neustart der Endlagersuche für hochradioaktiven Atommüll enthält gravierende Lücken. Nach wie vor fehlt darin eine Regelung, die die Endlagerung hoch radioaktiver Abfälle im Ausland ausschließt. Auch in finanzieller Hinsicht legt der Gesetzentwurf erneut einen “Startvorteil” für den Salzstock Gorleben nahe. Insgesamt begründet der Entwurf für ein Standortauswahlgesetz (StandAG) ernsthafte Zweifel, ob auf seiner Grundlage tatsächlich die von der Politik versprochene transparente und ergebnisoffene Endlagersuche möglich wird.
- Castortransporte: “Ganze Region wird Widerstand leisten”
26. April 2013 – Nachdem es aus Philippsburg kräftig Kritik hagelte, Brunsbüttel sich querstellt, kündigen nun auch Aktivisten rund um das Atomkraftwerk Unterweser Proteste an, sollten ab 2015 Castorbehälter in das dortige Zwischenlager rollen. Erst müsse eine Endlagerlösung gefunden werden, bevor der Müll sinnlos durch das Land rollt. Der Bau eines weiteren Zwischenlagers für den Rückbau des AKW wird jedoch begrüßt.
- Bundeskabinett berät über Endlagersuchgesetz – Petition fordert: ESG stoppen!
23. April 2013 – Die Bundesregierung macht mächtig Druck. Bis zum Sommer will sie sich mit den Grünen und der SPD einigen, wie sie einen Ort finden, wo der hochradioaktive Müll vergraben werden soll. Morgen will das Bundeskabinett das Gesetz zur neuen bundesweiten Suche nach einem Atommüll-Endlager auf den Weg bringen. Darauf hatten sich Bund und Länder im Vorfeld geeinigt. Atomkraftgegner halten mit einer Petition dagegen.
Quellen (Auszug): sueddeutsche.de, welt.de, bi-luechow-dannenberg.de, ausgestrahlt.de; 15.05.2013