„Netzwerk“ verteilt angeblich Atommüll in ganz Afrika
Für radioaktive Abfälle fehlt es weltweit an einer Lösung. Wenn eines gefunden wird, ist sie meist teuer. In Algerien ist Atommüll aus China aufgetaucht, Medien sprechen von einem „Netzwerk“, das strahlende Abfälle angeblich über ganz Afrika verteilt. Eine billige Entsorgungslösung, die seit Jahrzehnten praktiziert wird.
In der algerischen Hauptstadt Algier sind angeblich radioaktive Abfälle gefunden worden, die aus China stammen. Der Atommüll sei bereits am 09. April im Hafen von Zollbeamten entdeckt worden, schreibt die Zeitung „Le Soir d‘ Algérie“ laut n-tv.de. Es soll sich um „Teile eines internationalen Netzwerks, das radioaktives Material in ganz Afrika entsorge“ handeln. Ein algerischer Betreiber habe das radioaktive Material in drei Containern aus dem chinesischen Qingdao ins Land gebracht, schreibt n-tv. Woher genau es stamme, werde derzeit anhand der Proben noch untersucht.
Über die Entsorgungswege vieler Staaten ist nicht viel bekannt, denn sie unterliegen vielfach der Geheimhaltung. Offiziell lagern enorme Mengen Atommüll an den AKW-Standortten oder in Zwischenlagern. Einzelne Staaten haben für schwach- und mittelaktive Stoffe Endlager eingerichtet, in den meisten Fällen werden die Behälter verbuddelt.
- Atommüll zu entsorgen kostet die Verursacher vor allem eines: viel Geld. Der Preis für die Lagerung von gefährlichem Müll kostet in Europa etwa 250 US-Dollar pro Tonne. In Afrika hingegen muss man für dieselbe Menge nur zweieinhalb US-Dollar zahlen.
Im Februar 2006 erschien in der „Gorleben Rundschau“ ein Artikel unter dem Titel „Atommülldeponie Afrika“, der die Situation beschreibt: In Somalia etwa, eines der vielen unterentwickelten Ländern und vom Bürgerkrieg zerfallen, seien in den achtziger Jahren unzählige Schiffsladungen von Atommüll und anderen schädlichen Abfällen entlang der Küste versenkt worden. Aufgezählt wurden unter anderem Inhaltsstoffe wie Uran, Cadmium, Blei und Quecksilber. Nach dem Tsunami im indischen Ozean wurden 2005 Fässer angeschwemmt, Menschen entlang der Küste wurden krank.
1988 tauchte das syrische Schiff „Zenobia“ mit etwa 20.000 Tonnen nuklearen Abfall an Bord auf und suchte monatelang einen Hafen, um seine Ladung löschen zu können. Nach Protesten von Umweltschützern wurde 1995 die Verschiffung von Atommüll aus der Ländern der OECD in Nicht-OECD-Staaten verboten. Doch allein im Jahr 2001 wurden 600.000 Tonnen nuklearer Abfall nach Afrika verschifft. Dabei war Somalia nicht das einzige Ziel. Auch Zaire, Malawi, Eritrea, Algerien und Mosambik waren dafür vorgesehen. Unweit des somalischen Ortes Hobyo – das Land hat keine Atomkraftwerke – soll sich ein radioaktive Mülldepot befinden, für das sich Franzosen und Amerikaner bereits in den achtziger Jahren eingesetzt hätten. Italien soll allein am Handel mit Atommüll jährlich sieben Milliarden US-Dollar verdient haben.
Auch in Deutschland ist der Export von Atommüll weiterhin nicht verboten. Zwar hat Umweltminister Altmaier zugesagt, es sei „Konsens“, deutschen Müll in Deutschland zu entsorgen. Doch solange es per Gesetz nicht verboten ist, muss auch den Entsorgungspraktiken der deutschen Energieversorger mit Misstrauen begegnet werden. Denn letztlich geht es nicht um eine mögichst sichere Entsorgung – sondern um eine möglichst billige.
- Anti-Atom-Aktuell: Nukleare Verseuchung und Ausplünderung somalischer Fanggründe
- Gorleben-Rundschau: Atommmülldeponie Afrika
- Gutachten: Verbot von Atommüllexport ist möglich
24. April 2013 – Ein Gutachten der grüne Bundestagsfraktion zeigt: Die Bundesregierung könnte den Export von Atommüll ohne Mühe gesetzlich verbieten. Bundesumweltminister Altmaier bekräftigte zwar noch einmal, dass ein Export nicht geplant sei. Ein Verbot gibt es trotzdem nicht. Kritiker vermuten ein “Schlupfloch”, dass als Möglichkeit offen gehalten werden soll. Denn der Export findet ohnehin statt.
- “Das ist doch Unsinn”: Unser Atommüll bleibt hier
5. Januar 2013 – Die vorgesehene 14. Änderung des Atomgesetzes schlägt Wellen. Insbesondere die Möglichkeit eines Exports von Atommüll steht im Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion. Die Führungsspitze der CDU ist sich unterdessen einig: Unser Atommüll bleibt hier, sagt Frau Merkel. Denn ein Export wäre “Unsinn” sagt Altmaier. Atomkraftgegner warnen vor Tricksereien und fordern die Verankerung eines Verbots von Atommüllschiebereien und das Umdeklarieren zu “Wertstoff” im Grundgesetz.
- Deutscher Atommüll nach Krasnojarsk? EnBW erwog Atommüll-Export
1. März 2013 – “Teile der deutschen Atombranche” arbeiten laut Süddeutsche Zeitung weiter an konkreten Pläne für eine Entsorgung von Atommüll im Ausland. Die Überlegungen bei EnBW seien “durchaus fortgeschritten” gewesen, strahlenden Abfall in Russland zu verklappen. Heute seien die Pläne aber “längst beerdigt”. Atomkraftgegner fordern erneut ein definitives Exportverbot.
- Radioaktive Altlasten: Intakte Atommüllfässer im Ärmelkanal entdeckt
22. April 2013 – Ein Film-Team der ARD hat auf dem Grund des Ärmelkanals Fässer mit radioaktivem Abfall entdeckt. Sie galt in den 50er und 60er Jahren als eine der einfachsten Möglichkeit, sich dem Atommüll zu entledigen: die Versenkung. 28.500 Fässer mit strahlenden Abfällen wurden allein vor der britisch-französischen Küste abgeladen. Auch Deutschland beteiligte sich an der Entsorgung auf dem Meeresgrund.
- Atomare Pläne in Afrika
13. September 2012 – Nach Angaben der Weltbank sind 30 Länder des Kontinents “von einer akuten Energiekrise” betroffen, nur einer von vier Afrikanern hat Zugang zu Strom. Die Kausalkette ist lang: Kein Strom bedeutet keine Investitionen, keine neuen Jobs, weniger Steuereinnahmen für den Staat, kaum technische Entwicklung und zu wenig Geld für Bildung.
Quellen (Auszug): n-tv.de, 16.05.2013; Gorleben Rundschau , Ausgabe Februar 2006