Sicherheit „mangelhaft“ – Bei Atom-Unfall droht der Schweiz Staatsbankrott

Im Falle eines Atom-Unfalls droht der Schweiz auch eine finanzielle Katastrophe, meint Greenpeace: Die Umweltorganisation fordert strengere Vorschriften. Bei einer aktuellen Sicherheitsbewertung bekommt der weltweit älteste Reaktorblock Beznau-II nur ein „mangelhaft“.

AKW Beznau / Schweiz

AKW Beznau / Schweiz

Der Atom-Unfall von Fukushima könnte laut aktuellen Schätzungen bis zu 44 Milliarden Euro gekostet haben. In der Schweiz würden die Kosten bei einem Atom-Ufall noch deutlich höher ausfallen, meint Greenpeace. Denn in Fukushima landete ein Grossteil der Radioaktivität im Meer. In der Schweiz hingegen „müssten wohl Grossstädte wie Bern oder Zürich evakuiert werden, was enorme Kosten verursachen würde“. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz hat gar mögliche Kosten von 3.500 Milliarden Euro errechnet.

Wie in Japan würden diese Kosten beim Steuerzahler hängen bleiben – obwohl die Betreiber der Atomkraftwerke theoretisch unbeschränkt haften. Angesichts eines jährlichen Bundesbudgets von 65 Milliarden Franken würde der Schweiz in diesem Fall wohl der Staatsbankrott drohen, vermutet Greenpeace-Experte Florian Kasser. Deshalb fordert Greenpeace eine Ausweitung der Haftung auf die Aktionäre der Atomkraftwerk-Betreiberfirmen – und auf die Herstellerfirmen, die die Atomanlagen konzipieren. Es sei innerhalb des Industriesektors ein absoluter Sonderfall, dass die Hersteller nicht haften, wenn etwas passiert, das auf Mängel beim Design der Anlage zurückzuführen ist. Und eine reale Kostendeckung würde zu einem massiven Preisanstieg – der „Kostenwahrheit“ – des Atomstroms führen.

Der Schweizer Atomreaktorpark ist der älteste der Welt, drei von fünf AKW sind bereits über 40 Jahre in Betrieb. Bei einem schweren Unfall könnte die die Aare verseucht werden, die als Kühlwasserfluss dient. Als Zufluss des Rheins für damit die Trinkwasserversorgung von ganz Nordeuropa betroffen sein. Vergleichbare Reaktoren sind in Deutschland teilweise schon vor Jahren aus Sicherheitsgründen stillgelegt worden. Im Vergleich zum heutigen Stand von Wissenschaft und Technik würden die Anlagen in der Schweiz „erhebliche sicherheitstechnische Nachteile aufweisen“, meint Dieter Majer, ehemaliger Vorsitzender der deutschen Delegation in der Deutsch-Schweizerischen Kommission zur gegenseitigen Information über grenznahe Atomkraftwerke und jahrelanger Beobachter der Schweizer Atomaufsichtsbehörde.

Zum Beispiel seien die Risiken durch einen Terrorangriff aus der Luft mit Hinweis auf die geringe Eintrittswahrscheinlichkeit negiert worden. Massnahmen, die aus Sicherheitsgründen notwendig wären, seien nicht umgesetzt worden, weil sie technisch schwierig seien. Diese Vorgehensweise führe nicht zur bestmöglichen Schadensvorsorge, so Majer. Die Dicke des Sicherheitsbehälters im Atomkraftwerk Beznau sei auch ein Schwachpunkt, weil davon auszugehen ist, dass der Behälter einem Flugzeugabsturz nicht standhalten würde. Auch sei die Anlage Beznau – das älteste AKW der Welt – besonders anfällig für Störfälle. Der Siedewasserreaktor in Mühleberg entspricht in seiner Bauart im Wesentlichen den Anlagen in Fukushima, weist klare sicherheitstechnische Nachteile auf und ist besonders rissanfällig. Der ähnliche Reaktor Würgassen in Deutschland wurde aus diesen Gründen im April 1997 stillgelegt. Allgemein seien „Alterungseffekte“ gefährlich, weil sie häufig erst bemerkt werden, nachdem Schäden eingetreten sind. Wenn zusätzlich für die Störfallbeherrschung erforderlichen Sicherheitssysteme versagen, kann es schnell kritisch werden.

„Insgesamt ist festzustellen, dass das Risiko der Schweizer Atomkraftwerke von Politik und Bevölkerung nicht mehr für lange Zeiträume hingenommen werden sollte. Ein rascher Ausstieg aus der Nutzung der Atomenergie ist das Gebot der Stunde, auch in der Schweiz“, fordert Majer.

40 Jahre sind genug!

40 Jahre sind genug!

Bundesrat und Parlament haben sich 2011 für den schrittweisen Atomausstieg ausgesprochen. Dieser soll im Rahmen der Energiestrategie 2050 umgesetzt werden. Weder Bundesrat noch Parlament haben jedoch bislang verbindliche Laufzeiten für die laufenden fünf Atomkraftwerke beschlossen und berufen sich auf den Grundsatz „ein Atomkrafterk wird weiterbetrieben, solange es sicher ist“. Greenpeace fordert: 40 Jahre sind genug! Und damit die sofortige Stilllegung von Beznau-1, Beznau-2 und Mühleberg.

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  • Die Schweiz steigt aus
    8. Juni 2011 – Nicht nur Deutschland will der gefährliche Atomkraft den Rücken kehren: Auch die Schweiz will aussteigen. In Italien wird in wenigen Tagen über die Atomenergie abgestimmt. Und auch im “Atomland” Frankreich möchte die Mehrheit ein Ende der AKWs. Überall machen die Menschen deutlich, dass sie Atomkraft nicht länger dulden!

Quellen (Auszug): greenpeace.org/switzerland, nzz.ch, 20min.ch; 23./24.06.2013